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Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Titel: Meine Suche nach der besten Pasta der Welt
Autoren: Maiwald Stefan
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Dinge aus der unmittelbaren Umgebung,
aber Genua als Hafenstadt musste sich selten Sorgen um Käsenachschub machen. Manche Köche lassen den Knoblauch weg, da er manchmal mit ausgefahrenen Ellenbogen andere Geschmäcker verdrängt, zumal er ja nicht gekocht wird. Und: Manche rösten die Pinienkerne an, manche nicht. Auch die Gewichtung des Käses macht riesige Unterschiede aus. »Man wird in Genua nie ein und dasselbe Pesto zweimal finden«, sagt Roberto Panizza, der sein Leben dem Pesto verschrieben hat und von dem noch die Rede sein wird. Unverhandelbar aber ist die Wahl des richtigen Basilikums, das aus Ligurien stammen muss; im wichtigsten Anbaugebiet Pra westlich von Genua verpasste man der Gewürzpflanze sogar eine DOP-Herkunftsbezeichnung.
    Pesto wird in aller Ruhe in einem Steinmörser zerdrückt und nicht in einem Mixer zerkleinert, weil das Basilikum im Mixer zu einer warmen Matschepampe würde. Der Mörser soll aus Marmor sein, der Stößel aus Holz. Warum? Dumme Frage: Natürlich, weil es die Tradition so verlangt. Dann gibt man es kalt auf die servierfertige Pasta hinzu. Ist das nicht simpel? Ist es natürlich nicht – beziehungsweise ist es doch, weil es Pesto ja zum Mitnehmen gibt. Es ist ein wunderbar haltbares Gericht, und genau das war mein Plan.
    Wieder auf der Straße und überrascht, welche Wirkung Nachmittagshitze und Rotwein, nun plötzlich zusammenkommend, ausüben konnten, taumelte ich durch die Gassen zum nächsten Pestoladen, um Mitbringsel für meine Verwandten in Grado ein- und mir ihre Gunst nach so langer Abwesenheit zurückzukaufen. Nicht zum
nächstbesten Laden wankte ich, sondern zu jenem von Luciana Parodi. Sie ist nämlich Pesto-Weltmeisterin; alle zwei Jahre werden im Palazzo Ducale tatsächlich die Pesto-Weltmeisterschaften ausgetragen. Die Initiative zu der Weltmeisterschaft ging von dem bereits erwähnten Roberto Pinazza aus, der selbst überrascht war von der Eigendynamik, die seine Idee entwickelte: Inzwischen ist die WM zu einem ganz großen italienischen Event geworden, das es sogar bis in die nationalen Abendnachrichten schafft. Im Jahr 2008 wurde die ligurische Ehre jedoch nachhaltig erschüttert, als ein amerikanischer Koch gewann, der zwar in Genua in die Lehre gegangen war, aber, es ließ sich nicht wegdiskutieren, nun mal kein Genueser war. 2010 endlich (man war in den Zwei-Jahres-Austragungsmodus gewechselt) wurde wieder ein Genueser Weltmeister: Der 41-jährige Apotheker Federico Ferro schlug alle Spitzenköche und Hausfrauen. Vielleicht kann er als Pharmazeut besonders gut mit Mörser und Stößel umgehen.
    Als Frau Parodi 2007 in der ersten Austragung ihren Titel gewann, im stolzen Alter von 67 Jahren, machte sie mit ihrer Familie einen Pesto-Laden in der Via Volturno auf. Hier verließ mich das Glück (aber ich war ja auch in Genua, da passte es ins Bild) – Frau Parodi hatte sich längst aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Aber in diesem Fall brauchte ich auch nicht sie, sondern ihre Produkte, um diesem Buch einen würdigen Abschluss zu verleihen.
    Hier noch ein letztes Wort zum Thema Pesto und Genua: Sensible Leser werden meine Zögerlichkeit
bemerken, Pesto in den Himmel zu loben. Dafür gibt es Gründe, zum einen den schon erwähnten, dass sich Genua selbst trotz aller Bemühungen nicht allzu viel aus dem Pesto zu machen scheint. Genua ist nicht durchdrungen von Pesto und Pasta, und eigentlich war es ja Sinn und Zweck dieses Buches, genau solche Orte zu suchen. Man kann Genua einfach nicht mit Bari und seinen Orecchiette vergleichen, nicht mit Neapel und seiner Pasta-Leidenschaft, nicht mit der allgegenwärtigen Pasta ripiena in der Emilia-Romagna. Genua ist eine Weltstadt mit entsprechender Speisekarte.
    Es gibt aber noch einen anderen Grund für meine Pesto-Zögerlichkeit, ein Grund, der tief in meinem barbarischen Gemüt verwurzelt ist: Ein Gericht, das weder Fisch noch Fleisch enthält, ist für mich schwerlich als vollwertige Mahlzeit zu akzeptieren. Das ist hart und ungerecht, ich weiß, aber ich kann nun mal nicht aus meiner Haut. Ich weiß, dass das merkwürdig klingt, habe ich doch erst im Kapitel zuvor Paccheri mit Käse und Nüssen in den Himmel gelobt. Aber vielleicht ist es die grüne Einfärbung, die mir den Rest gibt. Hätte man, wenn man schon Hafenstadt ist, nicht irgendein Muschel- oder Krebs-Pesto erfinden können? Mir fällt dazu ein wunderbarer italienischer Buchtitel ein, der sich den Essgewohnheiten in früheren Zeiten widmet und
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