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Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Titel: Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)
Autoren: Angelika Hesse
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die ihre Kinder ausschließlich glutenfrei ernährt und den Knigge für die Bibel hält, kann man nicht ernst nehmen.
     
    Alle paar Wochen bin ich fällig. Dann ruft Petra an und wir sind allein. Nur sie und ich. Ohrmuschel an Ohrmuschel. Unsere Gesprächspausen und die an den Haaren herbeigezogenen Höflichkeiten sind einfach nur anstrengend. Dreimal hatte ich ihren Anruf diese Woche ignoriert, es lebe die Nummernübertragung! Gestern war Sara schneller.
     
    „Es ist Tante Peeeeeeeeeeeetraaaaa, Mama.“
    Ich verdrehte die Augen und versuchte ein Lächeln aufzusetzen, und meine Stimme durchs Telefon freundlich klingen zu lassen. Das habe ich mal in einem Callcenter Powertraining im Büro gelernt.
    „Hallo, Petra. Wie schön, dass du mal anrufst. Geht es dir gut?“
    „Ganz gut soweit. Ich habe zigmal versucht dich zu erreichen. Hast du meine Nachrichten auf dem AB nicht abgehört?“
    „Du hattest angerufen? Wirklich? Die T-net Box… Du weißt doch, wie das Ding nervt. Ich rufe da nie zurück. Aber es ist mir gar nicht aufgefallen, dass du angerufen hast. Ich hätte doch sonst zurückgerufen“, log ich. „Wie geht es denn so? Was macht meine Lieblingsnichte Sina?“
    „Sina ist in letzter Zeit etwas schwierig. Ein Kind durch die Pubertät zu bekommen, ist wohl die größte Herausforderung für eine Mutter, weißt du. Sina war immer ein liebes Kind, aber jetzt?! Ach, das steht dir ja alles noch bevor. Da kannst du dich ja warm anziehen, wo deine Sara jetzt schon so schwierig ist“, textete sie mich sofort zu und ließ sich über Sinas Pickel und ihr schlechtes Benehmen aus.
    Ich schnappte meinen Swiffer, klemmte das Telefon zwischen Ohr und Schulter und wischte im Wohnzimmer während ihres Monologes Staub vom Fernseher und den Kommoden, gab zwischendurch ein paar Alibi „Aha“ und „Wirklich?“ Laute von mir. So war das Telefonat nicht ganz unnütz.
     
    „Warum ich anrufe. Hast du nächste Woche Freitag schon etwas vor?“
    „Äh, Freitag?“, stammelte ich und kramte in meinem Gehirn nach einer glaubwürdigen Ausrede. So unvorbereitet erwischt, ließ mich meine Spontanität meistens in Stich. Das wusste das Biest! 
    „Freitag? Nächsten Freitag, meinst du? Ja, also Freitag…“ Suchend schaute ich in meinen Familienkalender, doch am besagten Freitag stand lediglich „blaue Tonne rausstellen“ .
    „Freitag, hm. Da war doch was. Ach ja, nächsten Freitag. Da geht es nicht wegen der blauen Tonne“, stammelte ich.
    „Hä?“
    „Ja, also. Ja, die blauen Tonnen…“ Denk nach Heidi! „Die malen wir am Freitag im Kindergarten an“, sagte ich triumphierend und beglückwünschte mich innerlich zu diesem Geistesblitz.
    „Wieso?“
    „Die stehen als Sammelbehälter für die Sandsachen im Kindergarten und wir wollen die in einer Aktion ein bisschen verschönern, mit Blumen anmalen und so.“ Eine grandiose Idee, die ich glatt einen Tag später im Kindergarten vorschlug und somit nur halb gelogen hatte.
    „Schade, ich dachte du hast Lust, mit Sara ins Café Gabelsilber nach Meerbusch zu kommen. Frau von Weihershausen gibt dort ihren neuen Kurs Essmanieren und Softskills für Kinder ab Fünf . Damit kann man ja nicht früh genug anfangen. Ich organisiere das Event.“
    Ja, sehr schade, ist es doch von elementarer Wichtigkeit, dass Kinder lernen, wie viele Zentimeter der Teller vom Tischrand stehen darf und wie man möglichst vornehm sein Glas mit Kindersekt hebt. Mir würde es schon reichen, wenn Sara ihren Kakao nur noch zweimal die Woche umschmeißen würde und länger als zwei Minuten am Tisch sitzen bleiben könnte.
    „Wirklich schade. Aber wir können nicht und Sara benimmt sich eigentlich ganz gut beim Essen.“
    „Findest du?“, fragte sie gedehnt und spielte damit hundertprozentig auf das letzte Familienessen beim Italiener an, als Sara ihren Teller Spaghetti Bolognese versehentlich vom Tisch gefegt hatte. Puterrot war ich auf dem Restaurantboden rumgekrochen, hatte versucht, die Sauerei wegzuwischen und dabei meinen weißen Rock versaut.
    „Schau mal Lena. Das ist aber ganz, ganz böse von der Sara. Jetzt muss die Mama das alles wegwischen“, hatte Petra sehr, sehr laut zu meiner Kleinen gesagt und damit die Aufmerksamkeit des halben Restaurants auf mich gezogen. Für eine Klugscheißerei ist sie immer gut. Auf die Idee ihren fetten Arsch zu bewegen und mir zu helfen, war sie nicht gekommen. Der Lieblingsspruch meiner Mutter „Jeder bekommt was er verdient“, traf sie jedoch fünf
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