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Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Titel: Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)
Autoren: Angelika Hesse
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steigt wieder hinters Steuer.
    „Gut, aber mehr gibt es nicht“, lenke ich ein.
     
    Der Kassenbereich ist nicht wiederzuerkennen. Ich bin einen Moment geblendet. Grelle Deckenstrahler erleuchten die Kassenplätze wie eine Theaterbühne. Drei riesige, bunte Verkaufsflächen mit einer Süßigkeiten Ausstellung, die Charlies Schokoladenfabrik Konkurrenz machen könnte, postiert direkt davor. Wenn die Schlange, so wie heute an einem Samstag, voll ist, stehen die Kinder genau auf Augenhöhe zwischen dem ganzen Süßigkeitenklimbin. Der Fliegenfänger funktioniert. Sofort stürzen sich meine Insekten auf die Lockangebote, halten rosa Traubenzuckerbonbons in Katzenspenderform hoch, präsentieren ihr liebstes „Bitte“-Gesicht und rütteln wild an Dornröschen, Tinkerbell und Cars Überraschungseiern. Was soll der Scheiß? Ist das hier Disneyland oder ein Supermarkt?
     
    Ob man den Kassiererinnen eine Gehaltszulage für ihr Face-Striptease zahlt? Man sieht bei dem Licht jede Pore und schlecht aufgelegtes Makeup. Frau Billermann, die Gute arbeitet seit ich denken kann bei Krügers, wird der Kopf so ungünstig ausgeleuchtet, dass man durch ihre feinen Haare auf die Kopfhaut gucken kann. Sie schaut plötzlich hoch und lächelt mir tapfer zu. Ich fühle mich ertappt, erröte und erlaube den Kindern schnell zwei Päckchen Tictac.
     
    Akribisch postiere ich die fünf Sahnebecher wie kleine Zinnsoldaten hintereinander auf das Transportband, richte meine anderen Artikel so aus, dass der Barcode nach oben zeigt. Frau Billermann soll so wenig Mühe wie möglich mit mir haben. Dabei drücke ich meine Wade mit aller Gewalt gegen die Tür des Monstertrucks, damit Lena die Tür nicht aufbekommt und den ohnehin schon sehr engen Raum zwischen den Kassen noch zusätzlich blockiert. Ich überhöre ihren Protest und schnauze Sara an, dass sie die Finger von den Weintrauben der nächsten Kundin lassen soll, die mir schon mehrere giftige Blicke zugeworfen hat. Der Versuch an den Broccoli ganz unten im Korb zu gelangen, stellt sich als echte Herausforderung dar. Der Einkaufskorb des Monstertrucks ist so tief, dass man entweder eine Armlänge von mindestens 1,50 m oder Inspektor Gadget-Arme besitzen muss. Ich zeige mein ganzes Repertoire an Gelenkigkeit – schließlich war ich als Kind im Turnverein - und hänge mich über den Korb. Lena nutzt unverzüglich die Chance, schlägt die Tür ihres Autos mit Schwung auf und versperrt der Kundin an der Nebenkasse den Gang. Ich drücke sie unsanft zurück in die Fahrerkabine.
     
    Frau Billermann schwingt den neuen Scanner wie Lucky Luck die Waffe und braucht trotz geleisteter Vorarbeit mindestens die dreifache Zeit einer Aldi Kassiererin. Zwischendurch kräht sie über die zwei Kassen hinweg zu ihrer Kollegin.
    „Frau Trost, haste auch schon so Rückenschmerzen? Der Stuhl bringt mich um.“
    „Da wurde wieder auf unsere Kosten gespart“, ruft Frau Trost über eine Großpackung Toilettenpapier zurück.
    Wenn Frau Trost und Frau Billermann wüssten, dass genau vor ihrer Nase ein Engel steht, der sich ihrer Sorgen und Wünsche annimmt. 
     
    Nachdem ich meine Einkäufe in die faltbare Einkaufstasche verstaut habe und das Monster endlich los bin, stelle ich mich in die Schlange der Stehbäckerei. Die Kinder kleben mit den Nasen an der Auslage und lecken sich ausgehungert die Lippen. Meine Kraft ist aufgebraucht, ich erlaube Nussecke und Schokocroissant, nehme ein geschnittenes Paderborner und einen Kaffee.
    „Passen Sie auf, der Becher ist sehr heiß.“
    Vorsichtig schiebt die Verkäuferin den Kaffeebecher über die Glastheke. Gierig lange ich zu, verbrenne mir an dem Becher die Finger und lasse ihn fast fallen. Die heiße Brühe schwappt über meine Hose und tropft auf den Boden.
    „Ich habe ja gesagt, es ist sehr heiß.“
     
    Mit spitzen Fingern transportiere ich den braunen, geriffelten Plastikbecher zu einem der neuen Stehtische, wische dann mit einem Taschentuch die kleine Pfütze auf dem Boden weg . Ich werde Bernd zuhause auf die nicht ergonomischen Kassenstühle aufmerksam machen und ihm vorschlagen, Porzellantassen im Stehcafé zu benutzen, damit man sich nicht die Finger verbrennt.
     
    Bernd kann sich glücklich schätzen. Ich verkörpere Mysteryshopper und Ehefrau in einer Person. Sara und Lena verputzen ihr Schokogebäck und sind für eine Minute still.
     
    Im Auto geht der Kampf um den pinken Kindersitz los. Es war mein Fehler, Lena im letzten Monat einen neuen Autositz im
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