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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon
Autoren: Jana Sonntag
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Tränen in den Augen, ich werde um einen handfesten Heulkrampf nicht herumkommen, wenn es gleich wirklich ernst wird. Ich werfe meiner Mutter, die links neben mir sitzt, einen Blick zu. Auch sie hat bereits verdächtig feuchte Augen.
    Dann wird die Tür zur Kirche geöffnet, alle erheben sich und drehen sich neugierig zum Eingang um. Kiki schreitet am Arm unseres Vaters durch den Mittelgang, angeführt von dem Pastor, der die Trauung vollziehen wird. Wunderschön, mehr ist zum Anblick meiner Schwester nicht zu sagen. Sie strahlt wie eine Tausend-Watt-Birne, ihr hübsches Gesicht wird umrahmt von einem langen Schleier, und ihr Kleid wiegt sachte bei jedem ihrer Schritte. Nun laufen mir tatsächlich die Tränen über die Wangen, einerseits vor Rührung, andererseits, weil mich das Kleid natürlich auch ein klein wenig an Christoph erinnert. Kiki hatte sogar angeboten, es doch noch einmal umzutauschen, aber davon wollte ich nichts hören. »Gisele« von Lohrengel ist wirklich wie für sie gemacht!
    Sie marschieren bis ganz nach vorn, Matthias übernimmt seine Braut von unserem Vater, und die zwei setzen sich auf die kleine Bank, die über und über mit Rosen geschmückt ist. Kurz erhasche ich einen Blick von meinem Cousin Markus, der auf der anderen Seite der Kirche sitzt und mich blöde angrinst. Grins du nur, denke ich, diesmal kannst du wen anders nerven. Der Pastor beginnt mit dem Gottesdienst und erzählt mit rührenden Worten, wie Kiki und Matthias sich kennengelernt haben und dass sie damals auf Anhieb wussten, dass sie füreinander bestimmt sind. Hier und da erklingt immer mal wieder ein Schluchzer, vor allem, als der Pastor schließlich den Trauspruch der beiden vorliest:
    Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe höret niemals auf.
    Wer dabei nicht in Tränen ausbricht – der hat wahrscheinlich ein Herz aus Stein oder gar keins. Ich brauche sofort mehr Taschentücher!
    »Auf das Brautpaar!« Unser Vater erhebt sein Glas und prostet der Gesellschaft, die sich im Innenhof des Café Fees versammelt hat, zu. Wir stoßen an, dann erklärt meine Schwester das Buffet für eröffnet. Das wird auch Zeit, denn wenn ich noch mehr Sekt auf nüchternen Magen trinke, ist die Party für mich persönlich relativ schnell vorbei. Dabei bin ich tatsächlich in richtiger Feierlaune und überhaupt nicht mürrisch, wie ich in den letzten Tagen befürchtet hatte. Nein, ich freue mich ganz ehrlich für Kiki und Matthias, dieser Tag hat bisher den Titel »Schönster Tag des Lebens« mehr als verdient.
    Nach dem Essen beginnen die üblichen Hochzeitsspielchen: Kiki und Matthias müssen sich Rücken an Rücken setzen und verschiedene Fragen mit »ja« oder »nein« beantworten, anschließend werden die Übereinstimmungen gezählt. Knapp neunzig Prozent, wirklich gar nicht so schlecht. Kikis Kolleginnen haben zudem noch eine Dia-Show vorbereitet, die Kiki in den verschiedenen Stationen ihre Lebens zeigt (meine Mutter hat dafür ganz offensichtlich extrem peinliche Fotos herausgerückt). Dann verteilt der beste Freund von Matthias einen selbst verfassten Songtext, und die gesamte Gesellschaft schmettert zu der Melodie von »Aber bitte mit Sahne« das Lied »Ab sofort nur mit Kiki!«.
    »Und jetzt …«, teilt Matthias mit, nachdem die zwei sich von dem letzten Spiel erholt haben, »… möchte ich mit meiner Frau den Hochzeitswalzer tanzen.« Matthias reicht Kiki seine Hand, sie schreiten gemeinsam zu der Fläche, die fürs Tanzen freigeräumt worden ist. Der DJ wirft seine Anlage an, ein romantischer Walzer erklingt, und die zwei drehen mehr oder weniger elegant ihre Kreise. Kiki ist in etwa so ein Tanztalent wie ich, und Matthias scheint auch eher zwei linke Füße zu haben. Aber das tut dem Anblick keinen Abbruch, schon wieder muss ich nach meinem Taschentuch greifen. Ich versuche, die Erinnerung an den Abend mit Christoph, als er mich genau an diesem Ort einfach aufgefordert hat, zu verdrängen.
    Bis Mitternacht wird wild gefeiert und getanzt, selbst die älteren Herrschaften scheinen nicht müde zu werden.
    »Findest du es einen gelungenen Abend?«, will Kiki zwischendurch wissen, als wir kurz an unserem Tisch sitzen und uns ein wenig erholen. »Es ist ganz wunderbar«, sage ich. »Und ich hoffe, dass du richtig glücklich bist.« Sie sieht zu Matthias hinüber, der mit einer unserer Cousinen tanzt.
    »Ja, das bin ich. So richtig glücklich.« Sie seufzt. »Vielen Dank für deine
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