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Mein Weg zum Herzkind

Mein Weg zum Herzkind

Titel: Mein Weg zum Herzkind
Autoren: Sam Jolig
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Das Kind leiblicher Eltern
wird wohl nie in einem Streit den Satz sagen: »Ich haue ab, ich gehe zu meinen richtigen Eltern.« Ein Kind leiblicher Eltern kann dort nicht so einfach weg. Es kann sich auch nicht in seiner Fantasie ausmalen, wie perfekt die richtigen Eltern wären.
    Beispielsweise schickte eine Bekannte – eine Adoptivmutter – , ihr kleines siebenjähriges Mädchen abends zum Zähneputzen und Waschen ins Bad. Danach sollte das Kind schon ins Bett gehen, und die Mutter wollte dazukommen, um dem Kind wie jeden Abend eine Geschichte vorzulesen. Der Tag war ganz wunderbar verlaufen, und alle waren fröhlich. Das Mädchen lag auch bereits im Bett, als seine Mama mit dem Buch ins Zimmer kam. Aber es weinte. »Du weinst ja, mein Schatz, was hast du denn?«, fragte die Adoptivmutter, als sie ihr Kind so traurig in seinem Prinzessinnenbett liegen sah. »Ach, ich habe nur gerade an meine richtige Mutter denken müssen … Ob ich da wohl auch so ein Bett bekommen hätte und so ein großes Zimmer?« Die Adoptivmutter musste schlucken. Seit Wochen hatten sie nicht über das Thema Adoption gesprochen, und ihr war nicht bewusst, dass ihr kleiner Schatz sich so intensive Gedanken machte. Von einer Sekunde auf die andere war sie selbst gefordert, mit ihren Gefühlen und denen ihrer Tochter behutsam umzugehen – dem Kind das Gefühl zu geben nicht alleine zu sein und es emotional aufzufangen. Auch wenn in ihr selbst die Traurigkeit groß wurde. Das würde einer leiblichen Mutter nicht passieren.
    Vor einigen Tagen saß ich mit meiner Tochter gemütlich auf dem Sofa. Wir redeten über ihre Schule, über dies und das. Plötzlich wollte sie wissen, wo denn eigentlich die Babys herkommen. Dass der Storch sie nicht brachte, wusste sie bereits. Und auch ich war vorbereitet. Es gibt eine wunderbare Bücherreihe für Kinder,
die Erwachsenen hilft, den Kindern bestimmtes Wissen altersgerecht begreiflich zu machen. Das Thema mit dem Kinderzeugen und -bekommen wollte ich doch etwas fundierter darstellen und nicht einfach drauflosplappern. Ich holte also mein schlaues Buch aus dem Schrank und fing an vorzulesen. Die bunten Bilder und Klappkarten machten das ganze Erklären und Zeigen spannend für uns beide. Ich dachte: »Na gut, jetzt ist es raus.« Das war eine richtige Aufklärungsstunde, und ich befürchtete, dass mein Kind damit noch nicht ganz zurechtkam und jetzt vielleicht komische Bemerkungen oder Gedanken folgen würden. Sie hingegen erklärte mir, dass sie das mit dem Baby im Bauch und wie es dahin kommt schon gehört hatte. Sie wollte es noch einmal von mir bestätigt wissen und nahm mich dann fest in den Arm. »Weißt du, Mama, ich finde es super schade, dass ich nicht in deinem Bauch gewachsen bin. Dann würden wir uns nämlich noch länger kennen, und ich hätte dich ein bisschen ärgern können von da drinnen.« Sie zeigte auf meinen Bauch und grinste schelmisch.
    Das saß. Wurde ich doch gerade über die Aufklärungsstunde meiner Tochter an meinen eigenen wunden Punkt geführt. Natürlich hätte ich sie gerne selbst geboren. Natürlich hätte ich auch eine Schwangerschaft erleben wollen. Das gehört schließlich dazu, das verbindet. War ich deshalb weniger wert für sie? Nein, das war eine Liebeserklärung, wie sie eine Adoptivmama nicht besser bekommen kann. Trotzdem tat es weh. Meine Tochter trabte fröhlich von dannen. Für sie war alles gesagt und besprochen. Ich blieb mit einem aufgesetzten Lächeln und meinen Gedanken zurück, und mir war klar, das war nicht das letzte Mal, dass meine Kinder mich zu meinen eigenen tiefen Gefühlen gebracht hatten.
    Was Sie als Adoptiveltern bewegen wird
    Ängste, mit denen Adoptiveltern lernen müssen umzugehen, sind zum Beispiel Neid und Eifersucht, oder auch die nicht bewältigte Traurigkeit über die eigene Kinderlosigkeit, wenn das Kind von der richtigen Mutter spricht. Es geht häufig um Verlustängste: Das Kind könnte doch eines Tages zurückwollen oder die leibliche Mutter besser finden, weil sie jünger ist, schöner, sportlicher – eben anders. Alles Gefühle, die eine leibliche Mutter so nicht kennt. Gefühle, die ein leiblicher Vater nicht zu spüren bekommt.
    Adoptiveltern müssen sich immer wieder intensiv mit sich selbst auseinandersetzen, sind gezwungen hinzuschauen. Und natürlich geht es fortwährend um die Kinder. Im Alter zwischen 12 und 16, sagt man, ist die Pubertät, die kritische Phase der Kinder. Sie sind in der Identitätsfindung. Adoptivkinder
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