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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis
Autoren: Michail Chodorkowski
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Erdölgesellschaft Yukos.
    Im Jahr 2003 errechnete Forbes, dass Michail Chodorkowski acht Milliarden Dollar »wert« sei. Der 40-jährige Geschäftsmann wurde nun als reichster Russe geführt. Im Jahr 2003 lag sein Unternehmen bei der Ölfördermenge erstmals vor dem russischen Ölgiganten Lukoil, in puncto Börsenkapitalisierung sogar noch vor Gazprom. Damals auch listete die Zeitschrift Fortune Yukos hinsichtlich der Kapitalrendite als das in der Weltwirtschaft führende Unternehmen, beim Verkaufserlös kam es auf Rang zwei; Yukos hatte damit in diesen Kategorien selbst Microsoft, die Citigroup und den Pharmakonzern Pfizer hinter sich gelassen. Chodorkowski führte dieses Unternehmen, das zwei Prozent der Ölmenge der Welt und 20 Prozent des russischen Erdöls lieferte. Zum 2. September 2003, anderthalb Monate vor Chodorkowskis Verhaftung, wurde der Börsenwert von Yukos mit 32,8 Milliarden Dollar veranschlagt.
    Dieser Junge aus einer durchschnittlichen sowjetischen Ingenieursfamilie, der zu dem Zeitpunkt, als Gorbatschow an die Macht kam, 22 Jahre alt war, hatte den Weg von einem Einser-Komsomolzen der späten 1980er zum Ölmagnaten der späten 1990er Jahre zurückgelegt. Er war einer von denen, die auf der Welle der jelzinschen Reformen »mitgeritten« waren und die 1990er Jahre in Russland mit all den Möglichkeiten, Vorzügen und Nachteilen dieses stürmischen Jahrzehnts höchst effektiv genutzt hatten. Den einen brachte dieses Jahrzehnt Tränen und Verluste, den anderen Milliarden und den Beinamen »Oligarchen«, der ihnen wohl auf ewig anhaften wird.
    Im Jahr 2003, als der Ölpreis gestiegen war und sich das Preisniveau für Öl der Marke Urals bei knapp unter 30 Dollar pro Barrel einpendelte, belief sich der Reingewinn von Yukos in den ersten neun Monaten auf 3,546 Milliarden Dollar (gegenüber 2,07 Milliarden Dollar im gleichen Zeitraum des Jahres 2002), der Erlös stieg sprunghaft von 7,95 auf 12,2 Milliarden Dollar an. Chodorkowski verhandelte mit großen ausländischen Mineralölkonzernen über eine mögliche Fusion. Praktisch abgeschlossen war das Geschäft für eine Fusion mit einem anderen russischen Konzern: Sibneft.
    Das Jahr 2003 sollte zum erfolgreichsten und gleichzeitig letzten Jahr von Yukos unter Chodorkowski werden. Heute existiert die Gesellschaft nicht mehr. Und so seltsam es klingt: Auch das Land, in dem es ein solches Unternehmen gab, existiert nicht mehr. Die Verhaftung Chodorkowskis im Jahr 2003 markiert die Linie, die das Russland Jelzins von Putins Russland trennt. Putin, der 2000 ins Amt des Präsidenten gekommen war, proklamierte eine stärkere Rolle des Staates, die untergeordnete Position der Wirtschaft, den Aufbau einer Machtvertikale und die Schaffung von Stabilität, wie er und sein engeres Umfeld sie auffasste. In Putins Russland wurde nicht nur Chodorkowskis Unternehmen zugrunde gerichtet, sondern auch seine gemeinnützige gesellschaftliche Bildungsorganisation »Offenes Russland«, wie übrigens auch viele andere Nichtregierungsorganisationen, die dem ehemaligen KGB -Mann Wladimir Putin verdächtig waren. Während seiner Amtszeit schrumpfte die Zivilgesellschaft auf ein Minimum. Die größten Medienunternehmen, allen voran das Fernsehen, gerieten unter die Kontrolle des Staates. Ein Parlament im eigentlichen Sinn gibt es nicht mehr. Die Gouverneurswahlen wurden abgeschafft.
    Chodorkowski war kein Revolutionär. Er kannte die Spielregeln unter Putin nur allzu gut. Und er verstand es, nach diesen Regeln zu spielen. Jedenfalls bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Alle wichtigen Projekte stimmte er mit dem Kreml oder sogar persönlich mit Putin ab, angefangen von geschäftlichen Dingen bis hin zur Unterstützung, auch der finanziellen, von oppositionellen Parteien. In der Spätphase der Jelzin-Ära hatte es eine derartige direkte Abhängigkeit der Unternehmer vom Kreml nicht gegeben. Später aber wurde sie zu einer notwendigen und, wie es schien, auch hinreichenden Bedingung für den reibungslosen Betrieb eines jeden großen Unternehmens, so auch für Yukos.
    Von außen betrachtet hatte es den Anschein, als sei mit Yukos alles in bester Ordnung: Noch im April 2003 gratulierte Präsident Putin herzlich zum zehnjährigen Bestehen des Unternehmens. Das Grußwort des Präsidenten verlas der Chef der Präsidialadministration, Alexander Woloschin: »Dank einer effektiven Arbeitsorganisation, einem hohen Maß an Professionalität und dem verantwortungsbewussten Handeln der Mitarbeiter
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