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Mein Vater der Kater

Mein Vater der Kater

Titel: Mein Vater der Kater
Autoren: Henry Slesar
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bitte mal die folgende Szene vor:
    Am Eßtisch
    ICH: Du wirst nie und nimmer erraten, was ich heute morgen erlebt habe. Ich habe mit einer Küchenschabe gesprochen.
    FRAU: Bei uns gibt es keine Schaben!
    ICH: Das war eine, die aus dem All gekommen ist.
    Beantwortet das die Frage?
    Ich sagte kein Wort.
    Dafür dachte ich die folgenden drei Tage über nichts anderes mehr nach als darüber, wen ich aufsuchen könnte. Sollte ich mich gleich und auf direktem Weg an ganz oben wenden, an den Obersten im Weißen Haus ? Um festzustellen, wie nah ich ans Oval Office kommen konnte? War für den Amtsinhaber politisches Kapital aus der Ankündigung zu schlagen, als erster einen echten Kontakt zu einem extraterrestrischen Wesen aufgenommen zu haben? Das würde zweifellos ein weltweites Presseecho finden, die Suche nach Archys Familie zu einer internationalen Angelegenheit werden. Oder aber zur größten Schabenjagd in der Geschichte der Menschheit führen.
    Dann kam mir der Gedanke, die SETI zu kontaktieren. Das ist die Institution, die im bekannten Universum nach außerirdischen, intelligenten Wesen sucht. Als ich Archy dazu befragte, gab er wieder dieses glucksende Geräusch von sich, das ich für ein Lachen hielt. Sie kannten in ihrer Welt keine Funkgeräte. Aber vielleicht war die SETI ja hocherfreut, wenn sie ihren Glauben, daß es dort draußen noch andere Existenzformen gab, bestätigt bekam. Möglicherweise bekümmerte sie allerdings auch die Tatsache, daß ihre viele Millionen Dollar teuren Schüsseln die dahergewirbelten Asteroiden nicht entdeckt hatten, auf denen eine fremde Spezies zur Erde gelangt war.
    Ich dachte auch daran, mich an die Presse zu wenden, und fragte mich, welches Blatt oder welcher Fernsehsender meine Behauptung ernst nehmen und Archy zu der Publicity verhelfen würde, die er brauchte, um seine verschollene ›Familie‹ wiederzufinden. Würden die Redakteure nicht eher an meiner geistigen Gesundheit zweifeln? Würden den Fernsehgewaltigen nicht am Ende die Backen platzen, sie laut herausprusten, wenn sie meine Geschichte gehört hatten?
    Denn natürlich gab es da ein Riesenproblem. Archy war ganz bestimmt ein Allen, hatte aber leider auch Ähnlichkeit mit einem auf dem Planeten Erde weitverbreiteten Geschöpf. Von seiner Befähigung zu intelligenter Kommunikation konnte er nur mit meiner, seines Sprechers, Hilfe Gebrauch machen. Er hatte keine fremde Technologie dabei, keine Raumfahrzeuge oder Strahlenpistolen, keine Neuerungen auf dem Gebiet der Physik oder Chemie und kein Mittel gegen die Psoriasis, die Schuppenflechte. Warum also sollte jemand ihm Glauben schenken? Nein, das meine ich ja eigentlich gar nicht, sondern: Warum sollte jemand mir Glauben schenken?
    Ich tat jedoch mein Bestes.
    Zunächst setzte ich mich mit einem Colonel (im Ruhestand) Barney Bushmill in Verbindung, der Kontakte zur
    NASA vermittelte. Das Treffen mit dem Colonel verdankte ich dem Herausgeber von Forecast, einer Science-fiction- und Wissenschaftszeitschrift, der zu Collegezeiten mit dem Colonel befreundet gewesen war. Er versicherte mir, daß der gute alte Barney auch heute noch ganz wie ein Sechzehnjähriger bei einem Star Trek-Treffen mit glänzenden Augen in die Zukunft blicke. Wie sechzehn war er allerdings nicht mehr. Eher wie sechzig. Und seine glänzenden Augen verdankten sich wohl mehr dem Alkohol als der Zukunftserwartung.
    Archy begleitete mich zu diesem Treffen. Er saß unsichtbar in einer kleinen Plastikschachtel. Die Sache ließ sich nicht schlecht an. Ich stellte mich dem Colonel in freundlicher Weise als überzeugten Skeptiker vor. Dann ließ ich vorsichtig durchblicken, daß ich einen Alten in der Tasche hätte. Ich berichtete ihm, wie ich dazu gekommen war, und wiederholte Teile meiner Unterhaltung mit der Schabe. Ich sah, wie die feucht blickenden Augen des Colonels erstarrten. Als ich meine Geschichte erzählt hatte, glichen sie zwei schmutzigen Fensterscheiben.
    »Interessant, interessant«, sagte er, und ich wußte, daß die Sache verloren war. Er machte sich schnell eine Notiz und sagte zu, mit ein paar Leuten sprechen zu wollen. Dann dankte er mir überschwenglich dafür, daß ich ihm meine seltsame Geschichte erzählt, ihn daran hatte teilhaben lassen. Er bat nicht darum, Archy sehen zu dürfen, weshalb mich plötzlich Verzweiflung überkam und ich die Plastikschachtel vor ihn hinstellte. Er starrte einen Augenblick lang darauf und kicherte dann. Archy sagte: »Komm, laß uns gehen. Der Mann ist
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