Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Vater der Kater

Mein Vater der Kater

Titel: Mein Vater der Kater
Autoren: Henry Slesar
Vom Netzwerk:
doch ein Schwachkopf.«
    Blöderweise antwortete ich ihm. »Red mit ihm, Archy! Um Himmels willen, versuch mit ihm zu sprechen!« Ich hatte großes Glück, daß der Colonel davon Abstand nahm, die Sicherheitsorgane zu alarmieren.
    Dann traf ich mich mit Senator Julian, ›Jake‹, Frankfurt, dessen Tochter mit dem Sohn der besten Freundin meiner Frau verheiratet war. Man sage was gegen Beziehungen! Der Senator war angeblich ein Zechkumpan des Präsidenten, und das war die Beziehung, die für mich und meine extraterrestrische Schabe am wichtigsten war. Wendy, die Busenfreundin meiner Frau, schwor Stein und Bein, daß Jake ein offener Typ sei, ein Computer-Freak mit eigener Website und der festen Überzeugung, daß Robert Heinlein Shakespeare bei weitem übertreffe. Ich sagte ihr nichts vom Zweck der Zusammenkunft. Auch nahm ich diesmal Archy nicht mit. Archy verfiel. Er konnte kaum noch mit den Fühlern wedeln. Ich bekam allmählich das Gefühl, daß die Zeit drängte.
    Das Treffen war von Anfang an alles andere als ermutigend. Der Senator hatte total vergessen, wer ich war und was ich wollte. Ich machte die Sache dadurch, daß ich den Namen seines Schwiegersohns fallen ließ, nicht einfacher, denn den verachtete er ganz offenkundig. Ich sprach über lose miteinander zusammenhängende Themen, über Astronomie, Kosmologie und Raumfahrt. Ich erwähnte meine Science-fictions, und obwohl er mit seinem kahlen Kopf nickte, wußte ich, daß er meine Bücher nicht kannte. Ich näherte mich meinem Hauptanliegen so umständlich, daß er schon anfing, nervös zu werden. Und dann ertappte ich mich dabei, daß ich meine Geschichte mit jener leidenschaftlichen Intensität herausplärrte, die Spinner und geistig Behinderte an den Tag zu legen pflegen. Sein Gesicht zeigte Beunruhigung, Belustigung und Angst – nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge. Ich bremste mich und plädierte ein letztes Mal für eine zumindest vorübergehende Toleranz.
    »Natürlich klingt das alles unwahrscheinlich«, sagte ich bescheiden. »Wenn mir jemand weismachen wollte, daß dieses Geschöpf ein intelligentes, von einer fernen Galaxie stammendes Wesen sei... nun ja, ich würde ihm wohl ins Gesicht lachen. Man könnte aber andererseits diesem Geschöpf auch eine Chance geben. Und damit würde ich nicht allzu lange warten, denn es scheint schnell dahinzusiechen.«
    Der Senator schien beeindruckt. Er machte ein ernstes Gesicht, als er mir eine letzte Frage stellte. »Wo wohnt Ihr Freund eigentlich? In einem Schaben-Hotel?«
    Ich wußte, daß das Gespräch beendet war.
    Als ich nach Hause zurückkam, war meine Frau bei ihrem Friseur, und ich hatte ein offenes Gespräch mit Archy. Ich berichtete ihm von dem Problem, das mir zu schaffen machte, und er schien Verständnis für mich zu haben. Er sprach nur ein paar wenige Worte in mein antennenbewehrtes Hirn, und seine ihm noch verbliebenen Fühler zitterten kaum. Es war, als käme seine Stimme aus einer großen Entfernung – die Vokale waren nicht mehr rund, sondern von der Erschöpfung verzerrt.
    Ich versprach, es weiter zu versuchen. Ich hatte keine Beziehungen zu Fernsehleuten, aber ich baute ein eigenes Netzwerk auf. Durch einen Freund, der einen Freund, der einen Cousin, der eine Frau, die einen Bruder, der einen Onkel hatte – irgendwie kam ich jedenfalls zu einem Termin bei Perry Downes, dem Nachrichtenchef der CBS-Station O&O. Ich rüstete mich für eine weitere tapfere Bemühung, führte mir noch einmal meine überzeugendsten Argumente vor Augen, übte die Darlegung laut ein. Archy hörte aufmerksam zu, aber mir entging auch nicht, daß er mit einer unausgesprochen bleibenden Verzweiflung reagierte. Ich war gekränkt, weil sicher, daß er zu dem Schluß gekommen war, den falschen Berg erklommen zu haben – ob nun mit oder ohne führenden Sherpa. Ich mußte ihm unbedingt beweisen, daß er sich irrte, und ich mußte mich beeilen. Archys Fühler zeigten keine Bewegung mehr.
    Am Morgen vor dem Gespräch mit Downes war ich angesichts der zu erwartenden Zurückweisung recht deprimiert, hatte aber plötzlich auch eine Eingebung. Es stimmte zwar, daß Archy mit anderen nur durch mich kommunizieren konnte, aber ich konnte ja auch durch Ar- chy sprechen, und vielleicht würde eine Demonstration unserer Interaktion Perry Downes zu der Ansicht bekehren, daß der CBS da vielleicht eine exklusive, beispiellose Sache an der Hand hatte – etwas, das nicht nur für seine Zuschauer, sondern für die gesamte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher