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Mein schwules Auge

Mein schwules Auge

Titel: Mein schwules Auge
Autoren: Rinaldo Hopf u.a.
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Schlag geschlüpft und Matratze zur Seite geschoben. Schon wurde die Türe aufgerissen und die bunte Schar stürmte herein – und hielt verdutzt inne, als sie uns mit nacktem Oberkörper hektisch aufräumen sah.
    Die Angelegenheit hatte Folgen. Vom Leiter des Ashrams wurde mir mitgeteilt, dass Sex im Hause nicht gestattet sei. Mein griechischer Kellernachbar Alexander und die wunderbare Caroll Fergusson aus Tucson, von der ich lernte, meine Briefe mit „Love, Peace & Happiness“ zu unterschreiben, waren empört und schlugen sich sofort auf meine Seite. Mit meinen zwanzig Jahren war ich der Jüngste im Ashram und hatte mich mit beiden angefreundet. Wir kochten gemeinsam und machten Ausflüge an den Strand. Zu meiner großen Überraschung störte es sie überhaupt nicht, dass ich mich in einen Mann verliebt hatte.
    Paul DuBois lud mich in seine Wohngemeinschaft ein, eine Musikerkommune auf der Castro Street. Völlig ahnungslos war ich im schwulen Mekka Amerikas gelandet. In Pauls Kommune liefen die Jungs nackt herum, blödelten viel und hießen mich sofort willkommen. Einer, Tommy, hatte lange Locken und war ziemlich süß, hänselte mich aber wegen meines holprigen Englischs. Während Paul und ich morgens noch im Bett lagen und knutschten, pflegte Tommy die Türe aufzureißen und zu brüllen: „Get up! Get up now! Get your fucking asses out of your bed!“ So habe ich Englisch gelernt.
    Ich war scharf auf Paul DuBois! Es machte mich glücklich, seinen Pelz zu streicheln, seinen Schwanz zu spüren – und Paul betete mich an, textete ein Liebeslied für mich, das er mir zur Gitarre vorsang: „Pure of Heart one pine is growing / other Pine is glad for knowing...“ Meinen deutschen Namen Reinhard hatte ich ihm mit „Reines Herz – Pure Heart“ übersetzt. Er zeigte mir die Schwulenbars, das „Stud“, wo die Clones tanzten und sich hinter der Bar einen blasen ließen. Ich klemmte mir einen Ohrring ans rechte Ohr und  kam mir unglaublich verrucht und revolutionär vor. Mit ausgekochten Zwiebelschalen färbte ich meine damals blonden Haare honigfarben. Paul sprach immer davon, dass Elton John ein „Closet Gay“ sei, was ich nicht verstand, Klosett-Schwuler? Paul war fünf Jahre älter als ich – das beeindruckte mich sehr. Mitten in seinem Zimmer war sein Schlagzeug aufgebaut, drumherum war der Boden bedeckt mit schmutziger Wäsche, Musik- und Pornoheften, Schallplatten und Vaselinetuben. Wenn er gerade nicht selbst sang und spielte, dröhnte Tag und Nacht laute Musik vom Plattenspieler, ganz besonders liebte er Joni Mitchel, die sein Vorbild war.
    Der Sommer kam und mit ihm rollte der berühmte Nebel durchs Golden Gate herein. An diesen heißen wolkenlosen Tagen sieht man weit draußen über dem Meer einen leuchtend weißen Streifen erscheinen – und in kürzester Zeit wächst dieser Streifen zu einer gigantischen Nebelwalze heran, die alles verschluckt. Nur die Hügel und die Spitzen der Wolkenkratzer ragen noch aus diesem weißen Meer.
    Paul DuBois und ich packten unsere Rucksäcke und trampten in Richtung Sierra Nevada. Die Weite der glühend heißen Landschaft berauschte uns, die Tankstellen in der Wüste, die endlosen Obstplantagen im Valley und die Provinznester mit ihren Diners. California! In den wilden Bergen von Yosemite erwies sich Paul als wahrer Naturbursche und sang am Lagerfeuer seine eigenen Songs zur Gitarre. Als ich von meinem Morgenbad im Bergsee zurückkehrte, kam mir Paul kreidebleich mit weit aufgerissenen Augen entgegengelaufen. Er hatte noch geschlafen und war von einem Braunbären geweckt worden, der hoch aufgerichtet vor ihm stand! Der Bär tat ihm zwar nichts zuleide, packte sich aber Pauls Rucksack mit unseren Konservendosen, die wir aufgerissen und leer gefressen wiederfanden. Die nächste Nacht schliefen wir auf einem Felsen, abwechselnd musste immer einer von uns wachen. Die ganze Nacht über heulten die Kojoten. Trotz oder vielleicht gerade wegen der sehr realen Gefahr hatten wir in diesen unwegsamen Bergen fantastischen Sex. Nur der Hunger brachte uns zurück ins Basiscamp und in die Zivilisation.
    Diese erste Liebeserfahrung mit einem Mann hat mein Leben entscheidend geprägt, auch wenn meine Abenteuerlust mich weitertrieb, erst zu den Indianerreservaten in Arizona und dann weiter nach Mexiko. Die Türe aber war geöffnet. Thank you, Paul!

Brane Mozeti Meine Jungs sind meine Hunde
    aus Mein Schwules Auge 8
    Meine Jungs sind meine Hunde.  Sie stellen sich dumm
    und wedeln.
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