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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition)
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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sondern richtige Schlachtrösser, damit jedermann gleich sah, mit was für einer reichen Familie er es zu tun hatte. Mit ledernem Wams, Helm und Wehrgehänge ausgerüstet, sahen sie aus wie auf dem Weg zu einem Gefecht, aber Wezilo ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern stieg bedächtig von seinem Pferd ab und ging mit ausgestreckter Hand auf Sigiboto zu.
    „Gott zum Gruße, Sigiboto von Haslach, was für eine Freude, dich selber wieder einmal zu treffen!“ rief mein Vater dem grimmigen Alten zu, und bei dieser freundlichen Begrüßung blieb dem Haslacher nichts anderes übrig, als ebenfalls vom Pferd zu steigen und Wezilo die Hand zu reichen. „Wir kommen von der Lindenau und haben gerade das letzte Heu eingebracht,“ sagte Wezilo, „und wir sind froh, eure guten Wege benutzen zu dürfen, das erspart uns allen viel Mühe, dafür danken wir euch. Und ihr, seid ihr auf dem Weg zu einer Gerichtssitzung oder jagt ihr Räubern nach, da ihr euch so bewaffnet habt?“
    Durch seinen Dank für die Wegbenutzung hatte Wezilo den Haslacher durcheinander gebracht, und ich fand die Rede meines Vaters sehr geschickt, mußte Sigiboto doch jetzt erst einmal auf Wezilo´s Frage antworten. Mit einer Handbewegung befahl er dem riesigen, hellbraunen Hund, der ihn überall hin begleitete und jetzt schwanzwedelnd um ihn herumsprang, sich ruhig auf die Erde zu legen, und suchte mürrisch nach den passenden Worten. „Wir, ja, wir sind nicht auf Räuberjagd, nein, nur nach dem Rechten schauen, das Land ist groß, wie du weißt, Wezilo, und es ist besser, wenn ein Mann weiß, wer auf seinen Wegen unterwegs ist. Das können meine Söhne nicht früh genug lernen, daß Wachsamkeit in diesen unruhigen Zeiten, in denen Barbaren unsere Heimat verwüsten und fremde Händler mit neuartigen Sitten und Gebräuchen uns heimsuchen, ja, daß Wachsamkeit nötig ist, um Heim und Hof zu erhalten.“
    Mein Vater mußte ein Lächeln unterdrücken bei der aufwendigen Rede des sonst so wortkargen Haslachers, und er wandte sich freundlich den drei Söhnen zu, um ein paar Worte mit ihnen zu wechseln. Ich selber sprach keinen Ton, sondern beobachtete nur alles, denn von Sigiboto wußte ich, daß er auf die Meinung von Frauen oder gar Mädchen keinen Wert legte und sich nur mit Männern unterhielt, die Stimme seiner eigenen Frau Hedwig hatte ich bisher nur im Gespräch mit meiner Mutter Rautgund vernommen, aber auch nur, wenn keine Männer anwesend waren. Nach ein paar Höflichkeiten auf beiden Seiten stiegen die Männer wieder auf ihre Pferde, Leonhard, mit dem Richlint und ich schon oft gespielt hatten, zwinkerte mir noch zu, ohne daß sein Vater es bemerkte, und in entgegengesetzte Richtungen zogen wir auseinander, die Haslacher zu ihrem Anwesen am Fuße des Schnaitbergs und wir nach Hause, nach Pitengouua.
    Die Sonne stand schon hoch im Westen, über dem mächtigen, langen Rücken des Burgbergs, der den wilden Gebirgsfluß Lecha und unseren Weiler trennte, als wir im Dorf eintrafen und alle zusammen das Heu in die Scheunen schichteten; die Männer warfen es von den Wagen herunter und die Frauen und Mädchen trugen es in dichten Bündeln in die staubigen Holzschuppen, wo es für den langen Winter als Viehfutter gelagert wurde. Die Graserinnen gingen mit ihren vollen Körben gleich zu den Ställen, die im hinteren Teil des Hauses lagen, um das schon laut muhende und meckernde Vieh zu füttern und dann auch zu melken. Folchaid sah nicht viel besser aus als vor unserer Abfahrt in der Lindenau, das Rütteln auf dem Karren bei all den tiefen Löchern und großen Steinen hatte ihr wohl doch nicht gut getan, sie winkte mir müde zu, als sie sich zu ihrer kleinen Hütte wandte. „Nach dem Abendmahl komme ich bei euch vorbei!“ rief ich ihr nach, nicht sicher, ob sie es noch gehört hatte, und dann machte ich mich selber auf den Heimweg, in den Meierhof, wo meine Mutter und Walburc mit dem Essen schon auf uns warteten.
    Es dämmerte bereits, als ich mich von den Töpfen und Schüsseln am Herd davonschlich und die Arbeit Walburc überließ, schließlich hatte ich heute schon genug gearbeitet und aufs Töpfescheuern keine Lust. Auf dem großen Hofplatz war Ruhe eingekehrt, die Kühe, Ziegen und Schafe wohlbehalten in Stall und Gatter, das Federvieh versorgt, und Wezilo saß müßig unter dem hölzernen  Schopf, der das ganze Haus umlief, unseren struppigen, wolfsgroßen Hofhund Ludo neben sich, der an einem alten Knochen nagte, zufrieden, den Herrn wieder zu
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