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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition)
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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Vater vor den Pitengouuern zu warnen!“
    Bei ihren letzten Worten war Richlint mühsam aufgestanden und hatte die hellbraunen Stiefel hervorgeholt, und ich saß am Rande der Bettstatt, hielt das Kind sorgsam in meinen Armen und neigte den Kopf noch tiefer herab. Das Neugeborene schaute mich mit seinen tiefblauen Augen an und zugleich durch mich hindurch auf etwas Fremdes und Fernes, und dieser klare Blick voller Unschuld ließ es nicht zu, daß ich meiner Freundin mein Wissen über den Tod von Arpad noch länger verschwieg.
    „Du brauchst nicht zu gehen und nach ihm zu suchen, Richlint, Arpad ist tot. Sie haben ihn im Dickicht bei der Lechafurt am Schneckenbichl mit ihren Schwertern erschlagen und seinen leblosen Körper in den Fluß geworfen, Chuonrad und Leonhard und die anderen, und nun wollen sie auch dich für deine Liebschaft mit einem ungarischen Feind bestrafen und vors Dorfgericht bringen. Liutbirc und Chuonrad fordern unverhohlen deinen Tod, noch bevor die Männer des Herzogs in Pitengouua erscheinen und uns alle der Freundschaft mit den Reiterkriegern anklagen oder sogar ein verbotenes Bündnis vermuten, und wenn auch mein Vater Wezilo nur strenge Buße und ernsthafte Reue von dir verlangt, so weiß ich doch nicht, ob seine Stimme allein dein Leben retten kann.“
    Vollkommene Stille herrschte in der kleinen Stube, als ich geendet hatte. Richlint war ohne einen einzigen Laut auf die Bettstatt gesunken, und sie lag mit ihren schönen Lederstiefeln auf dem Stroh und krümmte sich wie ein schwer verletztes Tier, stumm vor grenzenlosem Schmerz und mit Entsetzen in den weit aufgerissenen Augen. Justina setzte sich zu uns auf das Lager und nahm Richlint in ihre Arme, streichelte wieder und wieder sanft und zärtlich über das blasse Gesicht und die zuckenden Hände, über das lockige, kurze Haar und den lautlos bebenden Rücken. Ich hielt Richlint´s neugeborenes Kind fest an mich gedrückt und begann leise zu weinen, voller Angst, daß schon bald die Stimmen der Männer aus Pitengouua sich der kleinen Hütte nähern und uns drei Frauen für immer auseinanderreißen würden.
    Wie festgefroren waren wir in Schmerz und Trauer und schierer Angst, Justina, Richlint und ich, und die Zeit in der rauchigen Hütte schien stillzustehen und ewig zu währen. Doch dann packte Richlint die Hand von Justina und richtete sich entschlossen auf.
    „Laß´ es nicht zu, Justina, daß Männer wie Chuonrad und Wichard über mich und meine Liebe urteilen und mir einen ehrlosen Tod bereiten! Laß´ es nicht zu, daß sie mich wie eine Verräterin und Feindin vor allen Pitengouuern demütigen und verhöhnen, und daß sie mein unschuldiges Kind für seinen Vater und seine Mutter bestrafen, kaum daß es den ersten Schrei getan hat!“
    Richlint umklammerte Justina´s Hände mit eisenhartem Griff, und ihre dunkel umrandeten Augen in dem schneeweißen Gesicht flehten die schwarzhaarige Heilerin an. „Afra wird sich um den Säugling kümmern und sein Leben mit der Hilfe und Fürbitte ihres alten Vaters retten. Ich aber will zu Arpad, Justina, ich will zu meinem Geliebten! Ich will den einsamen und schmerzhaften Weg gehen, den auch er gegangen ist, und wenigstens am Ende dieses Weges will ich wieder mit ihm vereint sein. Ich bitte dich, mir zu helfen, so wie du mir damals geholfen hast, als ich das Kind von Chuonrad in meinem Leib trug und nicht mehr weiterleben wollte. Keinen Ausweg und keine Flucht für mich und das Neugeborene kann ich erkennen, denn die Menschen des ganzen Gau stehen mitleidlos gegen uns, und ich bin krank und schwach und ohne die Mittel, mir Hilfe und Flucht zu erkaufen. Erbarme dich meiner, denn die Tochter von Arpad und mir soll leben, auch wenn ich nicht mehr bin, es ist unmöglich, uns beide zu retten!“
    Justina schloß Richlint in ihre Arme und drückte sie fest an sich, und schwerfällig stand sie auf und ging zu ihren Kräutern und Töpfen an der Feuerstelle. In einer kleinen Tonschale verrührte sie das weiße Pulver aus dem Leinensäckchen in ihrer Faust mit Wasser und etwas Wein zu einem dünnflüssigen Brei, und dann kam sie zur Bettstatt zurück und reichte meiner Freundin mit beiden Händen die braune Schale.
    Ich hielt das Kind eng an meiner Brust und schaute sie nur an, Richlint und die Heilerin, und ich stieß die Hände von Justina nicht zur Seite, damit die Tonschale in tausend Scherben auf dem Boden zerbrach und das weiße Wasser in der Erde versickerte, und ich verschloß nicht Richlint´s
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