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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
Autoren: Angelika Buscha
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dass er wach geworden war und einen gedeckten Frühstückstisch erwartete.
    Da hatte er sich allerdings geirrt. Es funktionierte nicht.
    Wenn ich nicht wollte, wollte ich nicht.
    Mein Kühlschrank überzeugte immer dann durch gähnende Leere, wenn mein Ehemann mal wieder auf einer seiner Geschäftsreisen war. Diesmal war er gleich für vier Monate in St. Petersburg, wo er mit der Sanierung der Abwasserkanäle unter der weltberühmten Eremitage beauftragt worden war. Der Auftrag war ein einziges Desaster und ein Zwischenbesuch zu Hause ein großes Problem, wie er am Telefon immer wieder zerknirscht beteuerte.
    Ich liebte meinen Mann. Nur damit keine Missverständnisse entstehen. Ich liebte es aber auch, wenn er für ein paar Tage oder noch besser Wochen außer Haus war.
    In diesen Zeiten war ein gefüllter Kühlschrank ein ebensolcher Luxus wie meine Liebhaber. Nur leistete ich mir Liebhaber häufiger als eine Einkaufstour durch den Supermarkt.
    Meiner Erfahrung nach besaßen Liebhaber im Kampf gegen einsame Abende wesentlich mehr Effizienz als Fressanfälle und meistens hatten sie auch keine Nebenwirkungen. Im Gegenteil. Gefüllte Kühlschränke verleiten zu Fressattacken, mithin zur Aufnahme von zu viel Fett und anderen Schreckensstoffen, die man sich im Fitnessstudio mühselig wieder vom Leib trainieren muss, so man denn überhaupt ein Studio besucht.
    Liebhaber dagegen sorgen für ein ausgewogenes Bewegungsprogramm, meistens für Orgasmen, und jeder Orgasmus kostet sowohl Mann als auch Frau rund dreihundert Kilokalorien.
    Mit anderen Worten: Ein Orgasmus ersetzt locker eine Dreiviertelstunde strammes Fahrradfahren. Nun ist Radfahren zwar ein wunderbarer Sport, aber im Vergleich zu Sex doch eher langweilig.
    Allerdings wurde Gregor nur durch Zufall mein Liebhaber.
    Gregor war eines Tages unangemeldet ins Büro geschneit, hatte Lisa, meine Sekretärin, mit satten Komplimenten überschüttet und war auch schon, bevor Lisa begriffen hatte, wie ihr geschah, an ihrem Schreibtisch vorbei in mein Heiligtum gerauscht.
    Das war zwar eine Unverschämtheit, aber keine Kunst. Lisa gehörte eindeutig zu jener Kategorie Frauen, deren Intelligenzquotient bei der Einstellung eine untergeordnete, wenn nicht gar unerhebliche Rolle spielt. Ihr Verstand glich dem einer Stubenfliege und bekanntlich hat die keinen.
    Lisa stellte man ein wegen ihrer dreiundzwanzig Jahre, ihrer blonden Mähne und wegen ihres ebenmäßigen, ovalen Gesichts mit den beeindruckend strahlenden, blauen Augen. Sie erledigte die Ablage halbwegs akzeptabel, verwaltete meine Termine zumeist, ohne größere Katastrophen anzurichten, und war freundlich zu den Kunden. Die männlichen fuhren regelmäßig auf sie ab und Frauen gab sie das Gefühl, ihre Anwesenheit bedeute ihr etwas und heitere sie auf. Selbst unattraktiven Frauen, deren Besuch bei mir aller Wahrscheinlichkeit nach ebenso überflüssig war wie der Versuch eines Froschs, einen Storch anzubaggern, vermittelte sie den Eindruck, ihr Besuch sei ihr so wichtig wie eine exklusive Pflegecreme. Und glauben Sie mir, teure Kosmetik ist Lisa hochgradig wichtig.
    Wie sie meinen unscheinbaren Kundinnen dieses Gefühl gab, war ihr Geheimnis. Diese Begabung jedoch war der eigentliche Grund, weshalb Lisa mein Vorzimmer seit nunmehr einem Jahr zierte und ich ihrer opulenten Gehaltsforderung nichts entgegenzusetzen hatte. Lisa garantierte allein durch ihre Anwesenheit, dass die Kunden gut gelaunt und entspannt wiederkamen. Meistens jedenfalls.
    Auf ihre Art war Lisa also eine Perle.
    Leider hatte ich ihr Gregor zu verdanken.
    »Hi, Sweetheart!«, tönte es in diesem Moment durchs Haus.
    Das war er.
    Ich hörte ihn die Treppe herab- und durch die Halle schlurfen.
    Er betrat meine Küche, kaum, dass der zweite Milchkaffee von Schaum gekrönt war, und beendete damit meinen morgendlichen Gedankenausflug.
    Gregor liebte es, cool zu sein, wie er es nannte, wozu seine unvermeidliche Ray-Ban-Sonnenbrille auf der Stirn gehörte. Er trug sie lässig zu einem T-Shirt von Ralph Lauren und Calvin-Klein-Boxershorts. Der Mann wusste, was gut war. Ich wusste es auch und kannte sogar den Preis. Ich hatte ihm die Sachen immerhin geschenkt.
    Hätte ich geahnt, dass Gregor die Brille selbst nachts mitten auf der Stirn tragen würde, hätte ich es mir vielleicht anders überlegt und sie ihm nicht gekauft. Kann ja sein, dass die Mädels seiner Generation darauf abfuhren. Ich war zu alt, um mich von solchem Firlefanz beeindrucken zu lassen,
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