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Mein letzter Tampon

Mein letzter Tampon

Titel: Mein letzter Tampon
Autoren: Monika von Ramin
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genauso begeistert über einen schönen Tag oder ein besonderes Leckerli wie früher und sie haben mich gelehrt, dass das Alter, wenn man sich darüber keine Gedanken macht, eine genauso gute Zeit sein kann wie die Kindheit oder die Jugend. Dass ich die beiden vielleicht noch mehr liebe als früher, versteht sich von selbst.

Die Trauer überwinden
    Bei jeder Trauer gibt es fünf Phasen. Bei einem Verlust – und der Verlust der Fruchtbarkeit ist ein tragischer Verlust – reagiert jeder Mensch gleich. Am Anfang leugnest du den Verlust. Du flirtest auf Teufel komm raus, legst noch einen Zahn zu, wenn es darum geht, besser, schneller, schöner zu sein.
    Wenn du merkst, dass du damit nicht weiterkommst, wirst du wütend. Du wirst so elendig wütend, dass du jeden, der dir entgegenkommt, schlagen könntest. ‚Was habe ich euch getan, dass ihr mir das antut?‘, rufst du innerlich. Logisch suchst du nach Schuldigen, schließlich hast du als gutes Mädchen in deinem Leben gelernt, dass man allem und jedem die Schuld geben kann, wenn man kein selbstbestimmtes Leben führt. Und mit zwei Kindern, einem Ehemann und einem Chef führt man nun mal kein selbstbestimmtes Leben. Aber wen willst du dafür verantwortlich machen, dass du in die Wechseljahre kommst? Das macht dich noch wütender, insbesondere auf dich selbst.
    Wie zum Beispiel diese anonyme Frau, die mir schrieb: „Zur Zeit bin ich auch gegen mich und andere aggressiv und doch hilflos, weiß nicht, wie ich mich in den Griff kriegen soll, war ich doch sonst ein so entschlossener Mensch, der für alle einen Rat hatte, und für mich habe ich nichts. Was danach kommt, muss aber besser sein als jetzt.“
    Genau. Dann stehst du vor dem Spiegel und geißelst dich, weil du über Weihnachten wieder zwei Kilo zugenommen hast. Also ziehst du dich mit deinem Elend zurück. Und das ist gut so. Denn bis jetzt läuft alles normal. Gestatte dir zu weinen, Depressionen zu haben, zu trauern. Ohne diese Trauer wirst du nie neu geboren werden, sondern im Herzen ein Teenager bleiben.
    Dann kommt die Phase der Verwirrung. Du weißt nicht, ob das, was da auf dich zukommt, das Licht am Ende des Tunnels ist oder der ICC, der auf dich zurast. Du suchst nach einer Möglichkeit zu überleben, aber die richtige will dir nicht einfallen.
    Und dann, eines Tages, hast du dich damit abgefunden. Du hast dich an dein neues Gesicht, an deine neue Einstellung und an die neue Stellung in der Gesellschaft gewöhnt. Eines schönen Morgens wirst du aufwachen, die Vögel singen hören und du weißt, du hast überlebt und von jetzt an geht es aufwärts. Du wirst wie eh und je aus dem Bett springen und dich auf den Tag vorbereiten. Aber jetzt weißt du, dass es ein schöner Tag werden wird, einer, auf den du dich freust, weil du wieder ein Ziel hast. Und du bist in der Lage, diesen Tag zu genießen, denn du hast verstanden, dass jeder Tag kostbar ist und du einfach keine Zeit mehr hast, ihn mit düsteren Gedanken zu verschwenden.

Schmetterlinge sind frei
    Du glaubst, jetzt bist du geheilt. Aber das stimmt nicht. Wechseljahre sind keine Krankheit, von der man geheilt werden kann. Dein ganzes emotionales und hormonelles Chaos ist schlicht und ergreifend normal. So normal wie Clearasil in der Pubertät oder Haarwuchsmittel im Bad des erwachsenen Mannes. Im Gegensatz zu Pickeln (wofür die gut sein sollen, weiß ich bis heute nicht) und mit Haaren verstopften Abflüssen (gegen die nur eine geballte Ladung Chemie hilft) sind Wechseljahre aber eine Chance, die es zu nutzen gilt. Sie sind die Voraussetzung für ein reiches, erfülltes Frauenleben, das du in den nächsten fünfundzwanzig Jahren auch weiterhin führen wirst.
    Auch wenn diese Phase unseres Lebens sowohl physisch als auch psychisch Schmerzen verursachen kann, und das bei den meisten Frauen – ob sie es zugeben oder nicht – auch tut, ist es doch eine ganz normale Phase des Umbruchs. Oder glaubst du, dass ein Schmetterling, der sich entpuppt, dabei keine Schmerzen hat? Wenn er sich aber endlich von der störenden Hülse, die seine Flügel einengt, befreit hat, dann ist er frei und kann fliegen, wohin er will.
    Jetzt bist du frei. Frei von den einengenden Gedanken, von den Ansprüchen der Gesellschaft, denen du zu entsprechen hattest, ob es dir passte oder nicht. Frei davon, jedem immer gefallen zu müssen. Frei, endlich deinen Weg zu gehen, ohne auf deine Kinder oder deine Karriere oder auf einen Mann Rücksicht nehmen zu müssen.

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