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Mein Hund Mister Matti

Titel: Mein Hund Mister Matti
Autoren: Michael Gerard Bauer
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anwesend, denn wir hatten ja all die Geschichten über ihn. Und so kam es, dass Mum mir dieses Tagebuch besorgte. Sie brachte es eines Tages nach Hause und sagte, ich solle alle Geschichten von Mister Matti aufschreiben, über die wir gesprochen hatten. Auf diese Weise könnten wir sie für immer bewahren. Und so schrieb ich seit Mister Mattis Tod fast jeden Tag.
    Aber jetzt bin ich am Ende angekommen, denn es sind keine Geschichten von Mister Matti übrig, die ich noch erzählen könnte.

 
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29  EIGENTLICH KEINE MISTER-MATTI-GESCHICHTE
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    Das ist keine richtige Geschichte über Mister Matti. Nur ein paar Ereignisse, die seit seinem Tod passiert sind.
    Eines Tages kaufte Mum schwarze Farbe und malte einen Klecks und ein schiefes Herz auf die weiße Betonplatte, die Dad und ich zusammen mit dem aufgeklebten silbernen Napf auf Mister Mattis Grab gestellt hatten. Ich fand das großartig. Dad auch.
    Und all die Samen, die Mum an der Stelle ausgesät hatte, wo Mat begraben war? Aus allen wurden irgendwann Blumen. Als sie noch ganz klein waren, konnte ich sie nicht von Unkraut unterscheiden. Ich musste lange warten, bis es so weit war. Aber jetzt wachsen auf seinem Grab Blumen in allen Farben des Regenbogens, und Mum sagt, das passe »einfach perfekt zu Mat«. Ich verstand nicht recht, wie sie das meinte, aber sie sagte, wenn man all die verschiedenen Farben mischen würde, erhalte man weiß. Mats Farbe. Ich glaube nicht, dass Mister Matti uns ein Zeichen oder eine Botschaft senden wollte, aber irgendwie ist es trotzdem cool, wenn man so darüber nachdenkt.
    Ich wünschte, ich könnte noch mehr Geschichten von Mister Matti erzählen. Es tat mir gut, mich jeden Tag mit dem Tagebuch unter den Mangobaum zu setzen und Mats Geschichten aufzuschreiben. Auch die schlimmen. Und wenn ich Mats Napf mit seinem Namen darauf sah, hatte ich immer das Gefühl, als würde er auf mich warten, so wie früher. Das ist dumm, ich weiß.
    Trotzdem vermisse ich ihn ganz schrecklich. Manchmal bilde ich mir ein, sein Jaulen zu hören oder sein komisches Bellen, aber es ist immer ein anderer Hund in der Ferne. Und manchmal kommt es mir vor, als würde ich ihn auf der Veranda sehen oder hinten im Garten, wo er herumrennt, oder vorn, wo er wartet. Aber ich sehe ihn nie wirklich. Ich sehe nur den großen leeren Platz, wo er früher immer lag.
    Amelia möchte einen neuen Hund. Sie geht Mum und Dad dauernd damit auf den Wecker. Ich fände es komisch, einen Hund zu haben, der nicht Mister Matti ist. Amelia möchte ein kleines wuscheliges Hündchen, das in eine Handtasche passt. Aber Mum wiederholt immer nur, dass ein Hund »eine große Verantwortung« ist und dass wir »abwarten« müssen, was aus Dads Arbeitsstelle wird.
    Wenn diese komische Wirtschaftskrise jetzt bald vorübergeht, könnte Dad eventuell seine alte Arbeit wiederbekommen und Fernsehgeräte und so was verkaufen. Ich hoffe das sehr. Das würde ihn vielleicht wieder glücklich machen, sodass er wieder gerne Witze erzählt und lustige Geschichten, so wie früher. Vielleicht wären er und Mum dann auch nicht mehr so schweigsam und würden vielleicht sogar wieder zusammen lachen wie damals, als Amelia Mister Matti bemalt hatte. Das wünsche ich mir mehr als alles in der Welt.
    Aber ich habe mir auch sehr gewünscht, dass Mister Matti gesund wird. Doch er wurde nicht gesund. Dass man sich etwas sehr wünscht, heißt noch lange nicht, dass man es auch bekommt. Ich glaube, es ist so, wie Mum immer zu Amelia sagt. Manchmal muss man einfach »abwarten«.
    Mister Matti war darin richtig gut. Er wartete ziemlich oft in seinem Leben. Er wartete, bis wir auf die Veranda kamen. Nach seinem Autounfall wartete er, bis er wieder gesund war. Er wartete einfach, bis Onkel Gavin aufhörte, ihn zu necken. Er wartete, bis Amelia keine Lust mehr hatte, ihn zu verkleiden, und er wartete, bis Dad gegessen hatte und bis Grace auf der Welt war. Und auf mich wartete er auch. Jeden Tag nach der Schule.
    Und das werde ich auch mit Mum und Dad machen. Einfach warten. Warten und hoffen. So wie ich abwarten musste, ob die kleinen grünen Sämlinge auf Mats Grab zu Unkraut oder zu Blumen heranwachsen würden.
    Wahrscheinlich habe ich das von Mister Matti gelernt. Dieses eine Kunststück hat er mir beigebracht: dass man manchmal am allerbesten einfach abwartet, egal wie dringend und
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