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Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)

Titel: Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
Autoren: Ulrike Herwig
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Nockerln und Mohnschneckerln verbringen, sondern lieber ein bisschen Unkraut zupfen und …«
    Wanda nutzte die Gelegenheit, dem Mann von der Jury den Weg abzuschneiden, der sich gerade an seiner Kollegin vorbeischieben wollte.
    »Fische«, rief Wanda. »Dort. Sehen Sie mal. Wir haben sozusagen Haustiere im Fitnessklub.«
    Der Mann beäugte misstrauisch die Goldfische, die sofort angeschwommen kamen und erwartungsvoll knapp unter der Wasseroberfläche verharrten.
    »Hübsch«, sagte der Mann unschlüssig. Er wollte abdrehen, aber Wanda zog ihn am Arm wieder zurück in die Mitte des Hofes. Sie deutete auf die Sitzobjekte und Liegestühle.
    »Und hier können die Mitglieder liegen oder sitzen, sich ausruhen. Daher die Liegestühle. Zum Liegen also.« Wo zum Teufel blieb Marianne? »Oder zum … Kaffeetrinken.«
    »Kaffeetrinken?« Die wasserblauen Augen des Mannes huschten nervös von der erschlafften Biggi zu Lilo, die immer noch auf seine Kollegin einredete.
    »Wir haben ja früher keinen Sport gemacht, der Hajo und ich. Hajo, du kriegst ja bald einen Rundrücken, hab ich ihm gesagt. Du musst mal ein bisschen fitter werden. Der Mann von der Dagmar, das ist die Kollegin von der Eva Schubert, also der Harry, der geht auch immer irgendwohin und spielt Squash. Heißt das Squash? Das, was wie Tennis für Einsame ist? Na egal, jedenfalls haben wir dann das hier gefunden, und ich sagen Ihnen, so ein feines Fitnessstudio finden Sie nirgends. Solche netten Leute. Und die jungen Leute, die helfen uns Alten, und wir helfen denen aber auch, also der Hajo hat letztens …«
    »Entschuldigung.« Der Frau gelang es endlich, sich in eine Atempause zu mogeln. »Wir wollten uns innen auch mal umsehen.«
    »Aber nicht, bevor Sie unseren Streuselkuchen gekostet haben!« Marianne kam mit einem Tablett mit Tee und Kuchen heraus und schwenkte es verführerisch vor den beiden herum. Die Frau zuckte zurück, als hätte Marianne ihr eine Dose Katzenfutter unter die Nase geschoben.
    »Für mich nicht, danke«, sagte sie und schaute auf ihre Uhr.
    »Also ich nehm gern ein Stück«, meldete sich unterwartet ihr Kollege. »Der sieht gut aus.«
    »Sag ich doch!« Marianne stellte das Tablett auf einem Tischchen zwischen den Sitzobjekten ab und goss den beiden eine Tasse Tee ein, dann baute sie dem Mann einen ganzen Turm aus Kuchen auf seinen Teller.
    »Und Sie kosten auch«, sagte sie bestimmt und gab der Frau einen Teller. Diese wechselte einen ängstlichen Blick mit ihrem Kollegen und fing an, ein paar Krümel mit der Gabel abzupulen und in den Mund zu stecken. Wanda nutzte die Gelegenheit und huschte ins Herkules zurück. Dort hingen nun Poster an der Wand, die offenbar Medizinstudent Sebastian gestiftet hatte. Eine anatomische Lehrtafel zum Thema Haut, auf der sich riesige Haare wie Speere aus der Epidermis drängten, die blumenkohlartige Abbildung eines zerschnittenen menschlichen Gehirns und zwei CD -große Pupillen, die reglos unter der Überschrift Irisdiagnose in den Raum starrten. Aber sie verdeckten die Flecken.
    »Ungewöhnlich«, sagte eine Stimme hinter Wanda. Der Jury-Mann, unbemerkt hatte er nach ihr das Studio betreten. Er kaute und zeigte auf das Plakat mit dem Gehirn.
    »Nicht wahr«, quiekte Wanda mit falscher Munterkeit. »Wir haben hier viele Studenten, die lernen dann gleichzeitig, während sie Sport machen.«
    Der Mann nickte beeindruckt. »Innovativ, innovativ. Auch der Kuchen.« Er senkte vertraulich die Stimme. »Bin ja nicht so ein Fan von diesen Shakes, die man uns in den anderen Klubs angeboten hat.«
    »Willkommen«, brüllte Otto Gilder, der hinter den Mann getreten war. »Gefällt es Ihnen bei uns?«
    Der Mann fuhr erschrocken zusammen. »Wir wollen uns nur mal umsehen«, brüllte er zurück. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, über die zahllosen Leute hin, die demonstrativ laut ächzten, mit Metall klirrten, auf den Fahrrädern strampelten, Beinpressen drückten oder auf den Punchbag einschlugen.
    »Volles Haus, was?«, sagte der Mann beeindruckt. »Und das am Vormittag. Da ist es bei den meisten total leer.« Und dann geschah es. Er drehte seinen Kopf nach links und dann langsam in Richtung Decke.
    »O nein«, schrie Wanda erschrocken.
    Der Mann sah sie bestürzt an. »Was ist denn?«
    »Mir ist gerade eingefallen – wie unhöflich von mir. Sie wollen doch sicher noch eine zweite Tasse Tee? Und vielleicht auch mit ein paar Leuten direkt reden? Hinten im Saunabereich? Da ist es nicht so laut?«
    Sie
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