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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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überhaupt nichts.
    Onkel Dave hatte all meine Schritte weitaus aufmerksamer verfolgt, als ich es je für möglich gehalten hatte. Mir war natürlich klar, dass ich kontrolliert wurde und dass alles in einem festen System gründete, aber ich hätte nie gedacht, dass es am Ende nur auf eine einzige Person hinauslief. Und dann fiel mir erneut auf, wie konsequent er all seine Entscheidungen stets von anderen ausführen ließ. Er schirmte sich selbst ab vor seinen eigenen Taten und dem menschlichen Leid, das sie verursachten. So brauchte er sich nicht mit den unbequemen Fragen auseinanderzusetzen, die sein Handeln hervorrief, etwa der Frage, was es zum höheren Wohl beiträgt, wenn den Leuten der Kontakt zu ihren Familien verboten wird, und was das alles noch mit Scientology zu tun hat.
    Das Überraschendste an den Berichten von Mike Rinder dürfte gewesen sein, dass sie mich nicht länger überraschen konnten. Als wir uns unterhielten, hatte ich bereits so viele üble Dinge über das Verhalten meines Onkels von anderen Ex-Scientologen gehört, dass mich nur noch wenig schockieren konnte. Jeder, der die Church verließ, kannte irgendeine Geschichte über ihn und das, was er getan hatte. Meine Geschichte unterschied sich gar nicht sonderlich davon. Letztlich hat mich nicht einmal mein Nachname vor dem wachsamen Auge meines Onkels schützen können.
    Inzwischen bin ich nicht mehr gläubig. Ich bin nicht religiös. Ich glaube an das, was ich sehe. Dallas glaubt an die Möglichkeit von Gott, vergangenem Leben, Reinkarnation und Karma. Ich glaube auch an die Möglichkeit all dieser Dinge, aber ich zähle nicht darauf und lasse mir mein Denken von ihnen nicht beeinflussen.
    Die Erkenntnis, dass dieses Leben, das ich lebe, mein einziges sein könnte, hat meine Sichtweise gravierend verändert. All meine Bekannten, die noch immer in der Church sind, vergeuden möglicherweise das einzige Leben, das sie haben. Andererseits kann ich die Schönheit dieses einen Lebens viel stärker genießen, kann sehen, was für ein Wunder es bedeutet, lebendig zu sein, und wie wichtig die individuelle Einzigartigkeit ist. Niemand auf dieser Welt wurde geboren, um so zu sein wie ein anderer. Menschen, vor allem Kinder, in Roboter zu verwandeln, ist ein Verbrechen an der Natur selbst.
    Im Menschsein kann so viel Schönheit liegen, und dabei bin ich erst seit wenigen Jahren in der Lage, wirklich in diesen Genuss zu kommen. Aktionen wie die von den Familien, deren Sorge um das Wohl ihrer Kinder so groß ist, dass sie diese vor Scientology zu schützen versuchen, bewegen mich zutiefst. Es hat Menschen gegeben, an deren Schulter ich mich ausweinen durfte und die mich in meiner Kritik an Scientology unterstützt haben. Der ganze Nicht-Scientologen-Teil von Dallas’ Familie zählt dazu, der so aufrichtig und warmherzig ist, wie man es sich nur vorstellen kann. Und auch einige einflussreiche Persönlichkeiten, die ich in meinem neuen Leben gefunden habe und die ungeachtet ihrer Stellung fürsorglich und mitfühlend sind.
    Meine Mutter ist kürzlich nach Kalifornien gezogen, um näher bei ihren Enkeln zu wohnen. Sie ist eine hingebungsvolle Großmutter, die sich darum bemüht nachzuholen, was sie bei mir versäumt hat. Mein Vater wohnt noch in Virginia, wo inzwischen auch Justin und seine Freundin leben. Sterling ist nach Übersee gegangen. Onkel Dave steht nach wie vor an der Spitze der Church. Soweit ich weiß, haben meine Eltern seit meinem Austritt kein Wort mehr mit ihm gewechselt. Ich habe ihn jedenfalls nie wieder gesprochen. Vor Jahren habe ich einmal versucht, Tante Shelly anzurufen, aber ohne Erfolg. Sie ist seit 2007 nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden, aber vor kurzem erklärte ein Anwalt in ihrem Namen, dass es ihr gut gehe. Er reagierte mit dieser Erklärung auf eine Meldung in einer Zeitung oder einem Blog, derzufolge sie vermisst wird.
    Grandpa Ron, Dad’s Vater, ist derjenige, der die ganze Familie erst mit der Religion in Berührung gebracht hatte. Er sorgte 2012 für Wirbel, als bekannt wurde, dass auch er die Church verlassen hatte. Angesichts seiner langen Zugehörigkeit war dieser Schritt eine Überraschung, eine angenehme Überraschung. So wie er berichtete, hatte er am Ende einfach die Nase voll von allem und musste raus. Er »entkam«, wie er selbst sagt. Mittlerweile leben er und seine Frau Becky bei meinem Dad in Virginia. Grandpa Ron ist nur einer von vielen bekannten Leuten, die in den letzten Jahren ausgetreten
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