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Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Titel: Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Stimmen.
    Wieder ließ Ray Mortimer einige Minuten verstreichen, ehe er in langen Sätzen auf die Kajütentreppe zustürmte. Gefahr flüsterten ihm die gehetzten Nerven zu. Zurück, befahl der nüchtern rechnende Verstand. Rette dich, hämmerte der Puls in seinen Schläfen. Es geht um dein Leben. Du sitzt schon jetzt in der Falle. Sie warten nur  
    auf den passenden Moment, um dich endgültig aus dem Weg räumen, zu können.
    Zwei, drei Sekunden kauerte er unschlüssig auf der obersten Stufe der Kajütentreppe. Sollte er umkehren? War das geplante Abenteuer nicht doch zu gefährlich? Lohnte es sich überhaupt, den Rest der Beute aus dem Versteck zu holen? Er besaß doch schon genug. Das meiste hatte er ohnehin schon auf die Seite geschafft. Warum also leichtfertig das Leben aufs Spiel setzen?
    Eine geraume Weile ging der Kampf in seinem Inneren auf und ab. Dann endlich verscheuchte er jeden Gedanken an einen Rückzug. Er wollte nichts halb tun. Nun, da er einmal hier war, mußte er das Abenteuer auch zu einem guten Ende bringen.
    Seine Sehnen spannten sich, sein Gesicht wurde hart und entschlossen. Die Rechte umklammerte den Schaft der Pistole. Die Linke tappte am Treppengeländer abwärts. Der schäbige Kokoslaüfer dämpfte das Tappen seiner Füße. Seine raschen, kurzen Atemzüge waren das einzige Geräusch. Fast nach jedem Herzschlag verhielt er seine Schritte und lauschte. Bis jetzt blieb ihm der Weg zur Flucht noch immer frei. Kein Gelber kam hinter ihm her.
    Im Kajütengang brannten vereinzelte Glühbirnen. Sie sp endeten nur matten Schein. Die Kabinentüren lagen in grauem Dämmerlicht Irgendwo erklang ein leises Hüsteln. Dann wieder Stille. Das Schiff lag schweigsam wie ein schwimmender Sarg.
    Ray Mortimer drückte hastig eine Tür zur Linken auf und huschte in den finsteren Raum. Er klinkte leise die Tür ins Schloß und machte Licht. Unruhig irrten seine Blicke durch den Raum. Die Kabine war leer. Sie lag so harmlos und friedlich vor ihm wie gestern, als er sich den Eckschrank vorgenommen hatte. Heute war der Wandsafe an der Reihe. Sicher enthielt er den Rest der Beute.
    Auf einem Ruhesofa lag ein dünnes Mädchennachthemd. Die Frau, der es gehörte, geisterte anscheinend in einem anderen ,Kostüm' auf dem Schiff herum, eventuell sogar... Na, auf einem solchen Kahn mochte schließlich alles möglich sein.
    Aber Ray Mortimer dachte nicht länger über Kleinigkeiten nach. Er wandte sich dem Safe zu. Seine Hände glitten bedächtig über die raue Metallfläche. In diesem Moment entdeckte der den Zettel. Das Stück Papier war mit einem Reißnagel an der Kabinenwand befestigt und mit chinesischen Schriftzeichen bekritzelt.
    „Ein Zinker“, las Ray Mortimer bestürzt, „überlebt seinen Verrat oft nur um wenige Stunden.“
    Da saß er also bereits in der Falle. Der tückische Zettel galt unzweifelhaft ihm. Man hatte mit seinem Kommen gerechnet. Sicher waren von allem Anfang an ein halbes Dutzend Augenpaare auf ihn gerichtet gewesen. Man hätte ihn schon auf dem Hafenplatz abknallen können, aber man wollte unnötigen Lärm vermeiden. Hier unten im Schiffsrumpf machte es sich doch viel einfacher. Und lautloser. Verstört und gehetzt wich er an die Tür zurück. Es hatte 'keinen Sinn, sich auch nur eine Sekunde länger in der Kabine aufzuhalten. Vielleicht gelang ihm noch die Flucht nach oben. Vielleicht besaß er noch eine winzige Chance!
    Er zerrte die Waffe aus der Tasche, entsicherte sie und hielt sie schußbereit. Dann drückte er leise die Tür auf, huschte auf den dämmerigen Kajütengang hinaus und stürmte mit langen Sätzen der Treppe zu.
    Noch ehe er die unterste Stufe erreichte, öffnete sich unmittelbar hinter ihm eine andere Kabinentür. Drei, vier Gelbe rannten auf den Korridor heraus. Sie wollten ihm den Weg verlegen. Ihre heiseren Rufe prallten drohend auf ihn auf. Ray Mortimer lief um sein Leben! Er keuchte die Treppe hinauf. Obwohl sich die Gelben wie tödliche Trauben an ihn hängten, jagte er gehetzt weiter. Nur nicht hier unten bleiben, dachte er verstört. In diesem finsteren Winkel würden sie mich erbarmungslos auslöschen. Sie würden mir einen Dolch zwischen die Rippen jagen und mich dann wie eine Ratte im Wasser ersäufen. Kein Mensch könnte sie jemals zur Rechenschaft ziehen . ..
    „Bleib stehen, verdammter Zinker!“ zischte ihm eine gehässige Stimme ins Ohr. „Kommst ja doch nicht mehr von Bord des Schiffes. Je kürzer du es machst, desto besser für dich!“
    Ray Mortimer
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