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Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Titel: Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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spähte forschend nach der Bedienung aus. „Wie heißen Sie?“ fragte er, als sie mit ein paar leeren Gläsern ans Büfett kam.
    „Aber, aber, Mr. Mortimer“, lächelte sie kokett. „Ich bin Cilly Saddler, das sollten Sie eigentlich noch nicht vergessen haben. Erinnern Sie sich nicht an letzten Fasching? Da waren wir doch beide ganz allein in Ihrer...“
    „Darum dreht es sich jetzt nicht“, warf Ray Mortimer hastig ein. „Ich möchte wissen, warum Sie vorhin so erschraken?“
    Er sah, daß ihr hübsches Gesicht die Farbe wechselte. So leichtfertig und flatterhaft sie sonst sein mochte, so bedrückt und unglücklich wirkte sie in diesem Moment.
    „Wie können Sie sich Mara Revell anvertrauen?“ preßte sie bestürzt hervor. „Sie wissen doch, daß sie die Freundin John Dallas ist. Sie wird keine Sekunde zögern, Sie erneut ins Unglück zu stürzen, nur um ihrem Freund gefällig zu sein. Sie haben keine Chance mehr, wenn Sie erst wieder in den Händen der Chinks sind. Lassen Sie das Mädchen laufen. Kehren Sie an der nächsten Straßenecke um. Ich werde Sie bei mir verbergen, wenn es sein muß.“
    Ray Mortimer schüttelte den Kopf. Ihm fehlte plötzlich jegliches Vertrauen. Auch ihr gegenüber. Man sah doch auf den ersten Blick, daß sie es nicht mit einem Mann hielt, sondern mit allen. Was also durfte er von ihr Gutes erwarten? Er wandte sich mit einem flüchtigen Kopfnicken von ihr ab und kehrte zu Mara Revell zurück.
    „Ich bin so weit“, sagte er ruhig. „Wohin gehen wir jetzt?“
    „Zu John Dallas, ich erwähnte das doch schon.“
    „Wo wohnt er?“
    Mara Revell starrte ihn ärgerlich an. „Er wohnt im Schleusenhaus am Millwall Dock. Deine ewigen Fragen können einen verrückt machen. Du kennst doch das Hafenviertel an der Themse besser als ich. Wozu also dieses Theater? Was versprichst du dir davon? Willst du uns nur wieder hereinlegen, oder hat dein Verstand tatsächlich gelitten?“
    Ray Mortimer sprach nichts mehr. Er ließ sich von ihr zur nächsten U-Bahn-Station führen und setzte sich schweigsam neben sie in den Zug. Er redete kein Wort, bis sie in Limehouse ausstiegen. Die große Themseschleife lag unmittelbar zur Rechten. Über dem Hafenviertel brodelte schwärzlicher Dunst. Der Septemberabend hing trüb über den Dächern.
    „Hier bist du zu Hause“, sagte Mara Revell kurz angebunden. Hoffentlich kennst du dich jetzt wieder aus.“
    Ray Mortimer folgte ihr zögernd in die Emmett- Street hinein. Linkerhand erstreckten sich die Docks und Werften, rechts die Piers und Hafenanlagen. Man konnte das schmutzige Flußwasser an den Mauern gurgeln hören. Ein paar Chinesen strichen an ihnen vorüber. Sie tappten vorbei, als schlichen sie auf Katzenpfoten.
    Gerade diese Schritte entzündeten in dem verwüsteten Gedächtnis Ray Mortimers einen Funken.
    Chinesen, dachte er. Die Gelben sind mir vertrauter als die Weißen. Also muß ich doch lange Zeit unter ihnen gelebt haben. Wo denn? In Singapore? Oder hier in London?
    „So komm doch endlich“, forderte ihn Mara Revell zornig auf. „John kann uns vom Fenster aus doch bereits beobachten. Willst du ihn unbedingt bis zur Weißglut reizen?“
    Ray Mortimer folgte ihr zum Schleusenhaus am Millwall Dock. Früher einmal diente die Schleuse dazu, die Schiffe aus den Docks in die niedriger gelegene Themse zu führen. Aber nun hatte man sie schon seit Jahren aufgelassen. Das düstere Haus war baufällig und morsch. Nur die Schleusenkammern und Hochwasserstollen waren noch gut erhalten. Ray Mortimer stieg hinter Mara Revell die schmale Treppe hinauf. Sein Herz klopfte auf einmal hart und dröhnend. Sein Hirn schmerzte zum zerspringen. Sie trafen John Dallas in einem engen Raum mit vergitterten Fenstern. Er saß am Tisch und hatte die behaarten Arme breit auf die Platte gestützt.
    Er stellte nicht gerade ein Bild männlicher Schönheit dar. Seine Boxernase war eingedrückt, die Stirn von ein paar Schußnarben entstellt. Die Mundpartie wirkte hart, brutal und verkniffen.
    „Da bist du ja“, zischte er bösartig. „Finde es albern, daß sich die Ärzte mit dir soviel Mühe gaben. Du wirst ja doch nicht mehr lange leben. Vielleicht nur noch diese eine Nacht. Es hängt davon ab, ob du endlich Farbe bekennst. Wo hast du damals den Koks versteckt?“
    „Welchen Koks?“ fragte Ray Mortimer verständnislos.
    John Dallas keuchte vor Wut. Seine Augen wurden rot und gefährlich. Die Rechte fuhr in die Tasche und brachte in Sekundenschnelle eine schwere
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