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Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Titel: Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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überwinden.“  
    Morry steckte das Telegramm wieder in die Tasche und blickte forschend über den Tisch. Er sah, daß Ray Mortimer vor Freude errötete, und daß ein glückliches Lächeln über sein Gesicht huschte.
    Mara Revell dagegen saß schweigsam an seiner Seite und rührte sich nicht. Sie wirkte bedrückt und niedergeschlagen.
    „Was haben Sie denn?“ fragte der Kommissar erstaunt. „Freuen Sie sich denn nicht?“
    „Doch“, kam es einsilbig zurück.
    „Na und? Warum machen Sie dann ein solch betrübtes Gesicht?“
    Es dauerte minutenlang, bis Mara Revell mit der Sprache herausrückte. Stockend und schüchtern kamen die Worte von ihren Lippen. „Für einen Inspektor bin ich wohl nicht die richtige Braut. Das sehe ich selbst ein. Mir wird nichts anderes übrig bleiben, als wieder dorthin zurückzukehren, woher ich gekommen bin.“  
    „Was meinen Sie dazu, Mr. Mortimer?“ wandte sich Morry schmunzelnd an Mortimer. „Sie werden vielleicht morgen schon Ihren Dienst beim C.I.C. wieder aufnehmen. Vielleicht schickt man Sie nochmals nach Singapore.“
    „Na, wenn schon“, erwiderte Ray Mortimer trocken. „Das spielt keine Rolle. Ich weiß jedenfalls, wen ich auf diese Reise mitnehme.“
    „Wen?“ fragte Mara Revell scheu.
    „Dich natürlich!“
    „Ach?“ sagte das Mädchen mit Tränen in den Augen. Sie war plötzlich verlegen wie ein Backfisch. Sie wußte nicht was sie tun sollte. Ray Mortimer handelte für sie. Vor den Augen des Kommissars küßte er seine Braut zum ersten Male.
    An einer der vielen Türen in einem der zahlreichen Gänge im Scotland Yard hängt — mit einer angerosteten Reißzwecke befestigt — eine vornehme Visitenkarte:  
    G. E. Morry  
    Kriminalkommissar  
    Scotland Yard  
    Sonderdezernat  
    Während sämtliche Abteilungen ordentlich und genau beschildert waren, hatte anscheinend die gerade bei Scotland Yard so ausgeprägte und zudem notwendige Pedanterie vor dem Dezernat Morry‘s halt gemacht. Jedenfalls griff der eines Tages zur Selbsthilfe, und seitdem unterbrach die eintönige Gleichmäßigkeit der behördlichen Zimmerschilder ein kleines, schön beschriftetes Kärtchen. Hinter dieser Tür also jagten sich in den nächsten Tagen und Wochen Verhöre und Konferenzen. Telegramme aus Singapore trafen ein, laufend brachten Boten Archivmaterial und trugen gesichtetes wieder hinaus, das Telephon klingelte unaufhörlich.  
    Bei Kommissar Morry herrschte Hochbetrieb! Er wollte, ohne einen anderen Anhaltspunkt als seinen Instinkt und ohne ein stichhaltiges Beweisstück in den Händen zu haben, seine Theorie beweisen. Morry wußte, daß sie stimmte, doch bisher blieben seine Bemühungen ergebnislos. Pancras Eversley grinste nur auf seine Anschuldigungen, und selbst stundenlange Vernehmungen entlockten ihm kein Geständnis. Ruth Levan schien die einmalige Anwandlung von Offenheit, in der sie Dallas belastet hatte, längst zu bereuen und schwieg verbissen, während John Dallas den Verdacht des Kommissars mit furchtbaren Verwünschungen gegen seinen ehemaligen Freund und Komplicen beantwortete, jedoch keine wesentliche Aussage zu Protokoll geben konnte.  
    Der Anwalt von Pancras Eversley rieb sich vergnügt die Hände, und sein Mandant dachte an die ihm gehörigen ausländischen Banknoten, die ihm gestatten würden, sich von den infolge bewiesenen Rauschgifthandels zu erwartenden Jahren hinter Zuchthausmauern ausgiebig zu erholen.
    Die Kollegen des Kommissars stießen sich augenzwinkernd an, wenn er mit einem Stapel Akten durch die Flure hetzte oder bis in die tiefe Nacht hinter seinem Schreibtisch hockte. Sie kannten seine Zähigkeit, wußten von seiner Energie, wenn es an die Lösung schwieriger Aufgaben ging, doch diese Aufgabe hielten sie für unlösbar.
    Und dann kam, wenige Wochen nach der Verhaftung Eversley's die Lösung — ganz einfach, ganz unkompliziert und überraschend. Die Matrosen sämtlicher Schiffe der Route Singapore—London, die zum Zeitpunkt des Mordversuches an John Dallas in London ankerten, waren, soweit man ihrer halbhaft werden konnte, verhört worden. Das Ergebnis: nichts!  
    Eines Morgens nun meldete sich in Singapore ein angetrunkener Chinese in einer britischen Polizeistation und fragte, wieviel Geld den Beamten die Adresse eines Mörders an „eine gloße, weiße Boß“ wert sei. Zunächst hielten die Polizisten die ganze Sache für einen schlechten Witz, stellten dann aber präzise Fragen und erfuhren so, daß in einer der billigsten
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