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Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry

Titel: Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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das Blut.
    „Sie lagen bis vorgestern ohne Bewußtsein“, erklärte der Arzt ruhig. „Und erst heute sind Sie zum ersten Male richtig wach. Wir halben lange auf diese Stunde gewartet. Nun endlich werden wir erfahren, was sich vor vier Wochen auf dem Hafenplatz von Woolwich zutrug. Sie erhielten einen Schuß in die linke Schläfe, der wichtige Teile Ihres Gehirns in Mitleidenschaft zog. Umso mehr freuen wir uns, daß Sie jetzt Ihre Sprache wiederfinden. Sie sollten sich nicht zu sehr anstrengen, Mr. Mortimer. Berichten Sie in ganz kurzen Worten! Von wem wurden Sie in Woolwich angeschossen?“
    Ray Mortimer blickte erstaunt und ungläubig auf den Doktor.
    „Ich weiß nicht“, stammelte er mit leerer Stimme. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Sir! Wo liegt der Hafenplatz von Woolwich? Was hatte ich dort zu suchen?“
    Der Oberarzt tauschte mit seinen Schwestern einen raschen Blick. Also doch, schien dieser Blick sagen zu wollen. Wir haben es ja von allem Anfang an geahnt. Wir wußten gleich, daß die Verletzung gefährliche Folgen haben würde. Und die Operation konnte nicht alle Schäden im Gehirn beheben.
    „Sie heißen Ray Mortimer, nicht wahr?“ führte der Arzt geduldig sein seltsames Verhör weiter. „Sie werden jedenfalls in unseren Listen so genannt. Der Name stimmt doch, wie?“
    „Ich weiß nicht, Doc. Bitte, quälen Sie mich nicht. Ich kann Ihnen keine andere Antwort geben.“
    Eine junge Schwester trat neben ihn und führte eine Tasse an seine Lippen. Das kühle Getränk belebte ihn. Er fühlte sich frischer als zuvor.
    „Sie wurden anscheinend auf dem Hafenplatz von Woolwich überfallen“, fuhr der Doktor leise fort. „Man hat Sie ausgeraubt. Wir fanden in Ihren Taschen weder Papiere noch Geld. Nur dieses Photo kam uns in die Hände. Es zeigt Sie in Uniform, Mr. Mortimer. Eine Täuschung ist ausgeschlossen. Der abgebildete Mann sind Sie, daran gibt es keinen Zweifel. Auf der Rückseite des Photos steht: Ray Mortimer und Daisy Roding in Singapore 1950. Bitte, sehen Sie sich das Photo ruhig an. Kennen Sie die junge Dame, die auf dem Bild neben Ihnen steht?“
    Ray Mortimer betrachtete das Photo lange Zeit. Dann gab er es achselzuckend zurück. Sein Gesicht verriet Ratlosigkeit und Schwermut. Er fühlte sich unglücklich, man merkte es ihm an.
    „Was trieben Sie im Fernen Osten?“ wollte der Arzt wissen. „Waren Sie in Singapore stationiert? Dienten Sie bei der britischen Marine? Oder waren Sie den Streitkräften zugeteilt? Ich kenne mich zu wenig aus mit Uniformen.“
    Ray Mortimer grübelte angestrengt vor sich hin. Aber dann kam doch wieder nur ein gequältes ,Ich weiß nicht' über seine Lippen.
    „Die Polizei interessierte sich bereits für Sie“, plauderte der Arzt weiter. „Die Herren von Scotland Yard vermuteten, daß wir hier vielleicht einen Verbrecher in Pflege hätten. Aber dann stellte sich heraus, daß der Name Ray Mortimer in den Strafregistern nicht geführt wurde. Sie hatten also früher nie mit der Polizei zu tun. Das steht fest. Doch auch sonst scheint Ihr früheres Leiben nur wenig Spuren hinterlassen zu haben. Niemand kennt Sie. Niemand hat nach Ihnen gefragt. Kein
    Mensch wollte Sie in der ganzen Zeit besuchen. Die Polizei erließ Aufrufe in den Zeitungen und gab dieses Photo an die Redaktionen.
    ,Wer' kennt diesen Mann, lauteten die Suchanzeigen. , Sachdienliche Mitteilungen nimmt jede Polizeidienststelle entgegen.'
    Die Aufrufe blieben leider erfolglos, Mr. Mortimer. Kein Hotel, keine Pension, keine Zimmerwirtin meldete sich. Allem Anschein nach haben Sie weder Frau noch Kinder und auch sonst keine Angehörigen. Andererseits, es ist doch beinahe unmöglich, daß ein Mensch ganz allein in der Welt steht. Ein Mann, der aussieht wie Sie, hat zumindest eine Braut oder irgendein Mädchen an der Seite. Auch Freunde. Irgendwo müssen Sie doch zur Schule gegangen sein. Irgendwo haben Sie gearbeitet. Welchen Beruf übten Sie aus, Mr. Mortimer?“
    Keine Antwort. . . Ray Mortimer schwieg. Über sein sympathisches Gesicht lief ein nervöses Zucken. Das Nachdenken bereitete ihm unerträgliche Qualen.
    „Beenden wir diese Unterredung, Sir“, würgte er mühsam hervor.
    „Vielleicht bessert sich mein Zustand. In diesem Fall stehe ich Ihnen dann gern zur Verfügung.“
    Der Zustand Ray Mortimers besserte sich nicht. Wohl gelangte er körperlich so weit zu Kräften, daß er aufstehen und im Park Spazierengehen durfte. Aber sein Gedächtnis blieb dunkel. Er wußte nicht, woher er
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