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Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)

Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)

Titel: Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)
Autoren: Helmut Schmidt
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fort. Wir brauchen eine enge Zusammenarbeit gerade der wachstumsträchtigen, die moderne Technologie vorantreibenden Industrien, wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit Europas in den siebziger und den achtziger Jahren sichern wollen. Darüber hinaus, glaube ich, haben sich Deutsche und Franzosen auch auf dem Felde der zweckfreien Forschung, der Grundlagenforschung gegenseitig vieles zu bieten. Es ist nicht nötig, dass sich die kulturelle Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern im wesentlichen auf den lobens- und dankenswerten Jugendaustausch konzentriert.
    Ehe ich schließe, eine Bemerkung mehr am Rande, mehr zum Hausgebrauch – in einer bestimmten Richtung gesprochen – bestimmt: Die Pariser Verhandlungen haben, wenn ich die verschiedenen Berichte ansehe, die der Bundeskanzler und der Bundesaußenminister darüber gegeben haben – teils vor der Presse, teils heute die Erklärung des Kanzlers, teils an anderer Stelle –, auch klargemacht, was nüchterne Analytiker schon längst gewusst und ausgesprochen haben, nämlich dass Paris kein Interesse daran hat, sich seinen französischen Kopf über eine innereuropäische nukleare Streitmacht zu zerbrechen. Das ist zwar eine, wie ich zugebe, etwas saloppe Formulierung; aber sie ist im Inhalt noch sehr zurückhaltend, wie ich meine, gegenüber der Klarheit, die man in Paris hat gewinnen können. Mir scheint es vernünftig, auch dies hier in diesem Saale auszusprechen, damit man sich auch auf diesem Gebiet darüber klar wird, dass Illusionen vermieden werden sollten und dass die diesbezüglichen Hoffnungen, die ich gut verstehe und die ich für die spätere Zeit auch teile, einstweilen in die Tiefkühltruhe gestellt werden müssen und nach heutiger Voraussicht erst dann wieder aktuell werden, wenn es eines Tages die souveränen Vereinigten Staaten von Europa geben wird. Für diesen Zeitpunkt meine ich nicht nur für meine Person, sondern ich nehme an, dass auch meine Fraktion für diesen Zeitpunkt, wo es so etwas gibt wie einen politischen Zusammenschluss Europas, der mindestens Teilsouveränitäten besitzt, die Auffassung teilt, dass man dann auch über eine voll ausreichende und abgerundete gemeinsame Verteidigung muss verfügen können …
    Ich darf zusammenfassen. Wir sehen die Pariser Gespräche, zunächst die des Herrn Außenministers im Dezember, aber insbesondere die ausführlichen Verhandlungen, die der Herr Bundeskanzler jetzt geführt hat und über die er berichtet hat, als einen ermutigenden Erfolg an. Keiner in diesem Hause hat nach Lage der Dinge und nach der allerjüngsten Vergangenheit, die vorhergegangen war, mehr erwarten können. Wir sind beiden Regierungen dankbar für das, was erreicht ist. Wir begrüßen die Festigung des deutsch-französischen Verhältnisses und hoffen, dass die vertrauensvolle Grundlage des jetzigen Gesprächs erhalten bleibt und dass sie in Zukunft weiter ausgebaut werden kann.
    Ein letztes Wort dazu: Je weniger dabei neue Illusionen erzeugt werden, umso mehr Hoffnung darf man in diese Bemühungen setzen.

Das neue Tandem: Paris – Bonn ( 1974 )
    Am 16 . Mai 1974 wurde Helmut Schmidt als Nachfolger Willy Brandts zum Bundeskanzler gewählt; drei Tage später konnte sich Valéry Giscard d’Estaing in den französischen Präsidentschaftswahlen knapp gegen François Mitterrand durchsetzen. Schmidt und Giscard kannten sich aus ihrer gemeinsamen Zeit als Finanzminister, die Grundlage gegenseitigen Vertrauens war gelegt. Es verstand sich fast von selbst, dass Schmidt Anfang Juni als Erstes nach Paris fuhr: Das deutsch-französische Verhältnis sollte ab sofort zur Chefsache werden. Der Bericht über seinen Besuch, den Schmidt am 6 . Juni vor dem Deutschen Bundestag gab, zeugt von einer geradezu euphorischen Aufbruchstimmung.
    M eine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat sich in ihrer gestrigen Sitzung mit dem Ergebnis meines Besuches beim französischen Staatspräsidenten Giscard d’Estaing sowie mit den beiden Sitzungen des Ministerrats am 4 . Juni in Luxemburg befasst.
    Die Bundesregierung nimmt die sich heute bietende Gelegenheit wahr, um das Parlament umgehend über diese für unsere Europapolitik wichtigen Ereignisse zu unterrichten.
    Ich möchte zunächst ein Resümee und eine Bewertung meiner Pariser Begegnung mit dem französischen Staatspräsidenten geben; der Außenminister wird sodann dasselbe hinsichtlich der Ergebnisse der beiden Ministerratssitzungen vorgestern in Luxemburg tun.
    Die besondere Bedeutung,
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