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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod
Autoren: Peter James
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noch näher.«
    Alec streckte die Hand noch weiter nach oben.
    »Kannst du mich sehen? Erkennst du mich?«
    Er nickte.
    Hinter dem Jungen brannten inzwischen auch die Deckenbalken über der Lukentür.
    »Okay, Alec, sei jetzt bitte ganz ruhig, ganz ruhig, ganz ruhig, du wirst dich beruhigen, beruhigen, beruhigen, meiner Stimme lauschen, du bist ganz ruhig, lauschst meiner Stimme, denkst an gar nichts, tust einfach nur, was ich dir sage, denkst daran, wie ruhig du bist. Bist du jetzt ruhig, Alec?«
    Der Junge starrte vor sich hin, als wüsste er nicht, was er antworten sollte.
    Oliver fluchte. Es funktionierte nicht. »Alec – Alec, kannst du mich hören?«
    Lautlos sagte er: »Ja.«
    »Sieh mir in die Augen, sieh mir einfach weiter in die Augen, sieh nichts anderes an, nur meine Augen, nur meine Augen.«
    Jetzt hatte er seine Aufmerksamkeit. Seine Augen schwangen nach rechts, dann nach links, spiegelten Olivers. »Meine Augen, sieh mir einfach weiter in die Augen, sei einfach ruhig, achte auf nichts außer auf meine Stimme, sei ganz ruhig, denk an deine Augen, nur deine Augen auf meinen Augen, deine Augen auf meinen Augen, sei ganz ruhig, richte deine Augen auf meine Augen und tu, was ich dir sage. Wir spielen jetzt ein Spiel. Ein wichtiges Spiel, richte deine Augen auf meine Augen, richte deine Gedanken auf meine Gedanken.«
    Oliver starrte Alec an, konzentrierte sich mit ganzer Kraft, verdrängte die Flammen, die Partikel glühender Asche in seinem Gesicht und auf den Händen und machte eine ganze Minute weiter, bis er an Alecs geweiteten Pupillen ablas, dass er hypnotisiert war.
    »Wir spielen jetzt ein Spiel, wir wollen Feuerwehr spielen. Du nimmst einen Kopfkissenbezug, weichst ihn in kaltem Wasser ein, legst ihn dir über den Kopf und ziehst die Luke zu. Ich möchte, dass du das sofort tust und dann zurückkommst.«
    Alec nickte und tat, wie ihm geheißen. Ohne Angst ging er zur Luke, legte sich den Kissenbezug auf den Kopf, bückte sich und zog die Leiter herauf, Augenblicke später knallte die Lukentür zu.
    Dann schlug Oliver die Scheibe ein, er packte Alec, zog ihm den Kopfkissenbezug herunter und warf einen raschen Blick auf die übel verbrannten Hände. Alec schwieg, er war immer noch in Trance, spürte immer noch keinen Schmerz.
    Oliver hob ihn hoch und schwang ihn sich auf den Rücken. Sagte ihm, er solle sich festhalten.
    Dann kletterte er auf das Dach. Wüstes Geknister und ein erstickender Geruch nach verbrannter Farbe lagen in der Luft. Ringsum schwebten Funken und Rauchpartikel, wie verbrauchte Feuerwerkskörper. Oliver schob sich vor, bis seine Füße gegen die Regenrinne stießen. Wundersamerweise befand sich der nicht brennende Teil des Hauses direkt unter ihm.
    Unmittelbar vor dem Viehgitter parkte ein Streifenwagen. Faith saß zusammengekauert auf dem Beifahrersitz. Von Ross war nichts zu sehen.
    »He!«, schrie er. »He! Hilfe! Hilfe!«
    Sekunden später schien ihm das Licht einer starken Taschenlampe ins Gesicht. Da sah er unter sich zwei Polizeibeamte.
    Oliver schrie: »Es gibt eine Leiter, aber es bleibt keine Zeit, sie zu holen. Einer von Ihnen hält die Regenrinne fest, der andere steigt auf seine Schultern, und dann reiche ich den Jungen –«
    Seine Stimme ging in einem mächtigen Donnern unter, als stünde er auf einem ausbrechenden Vulkan. Das Dach bewegte sich. Das Haus stürzte ein. Die beiden Polizisten blickten entsetzt nach oben und traten einen Schritt zurück. Einer legte die Hände an den Mund und schrie: »Springen Sie!«
    In reiner Panik warf Oliver Alec wie ein riesiges Rugby-Ei direkt auf sie zu, dann sprang er so weit ins Dunkel hinein, wie er konnte.

[home]
    107
    S ean war unruhig beim Frühstück. Hugh Caven kam einfach nicht dahinter, ob sein Sohn sich darauf freute, heute wieder in die Spielgruppe zu gehen oder nicht. Jedes Mal wenn er ihn fragte, erhielt er nur ein stummes Achselzucken zur Antwort. Es war der erste Tag des Winterhalbjahres. Jedoch hatte es paradoxerweise den Anschein, als hätte endlich der Sommer in England Einzug gehalten: ein echter Spätsommer, die Temperaturen lagen weit über 20 Grad, viel höher als normal für die erste Septemberwoche.
    Auch der Privatdetektiv war nervös. Zwischen den Umschlägen in der Post, die er aus dem Briefkasten geholt hatte, war einer, dessen Aussehen ihm gar nicht gefiel: gelbbraun mit einem Polizei-Emblem darauf.
    Er wusste nicht, was er enthielt, aber es gab mehrere Möglichkeiten, und keine davon war gut.
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