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Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Mein Bild sagt mehr als deine Worte

Titel: Mein Bild sagt mehr als deine Worte
Autoren: David Levithan
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dass ich es gemerkt hatte, waren sie aufgetaucht. Mein Gehirn stellte sie auf stumm. Ich hörte ihre Stimmen, aber keine Wörter.
    Durchgeknallt. So lautete Jacks Schlussfolgerung. Und ich wusste, dass es sinnlos war, weiter mit ihm über eine Sache reden zu wollen, wenn er zu einer Schlussfolgerung gekommen war.
    Trotzdem, ich musste ihn fragen.
    »Hast du was von ihr gehört?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Gutes Foto von dir«, sagte er nur. Danach gingen wir rein und jeder von uns folgte seiner eigenen Bahn.
    Um mich herum waren so viele Stimmen, so viele Menschen. Ich stand an einer Seite der Eingangshalle und beobachtete, wie alle an mir vorbeiströmten – manche waren gemeinsam mit anderen unterwegs, andere trafen sich zufällig, die meisten von ihnen, ohne wahrzunehmen, was um sie herum geschah, während sie auf ihr Ziel zusteuerten. Jedes Teilchen mit Wissen um das Ziel, doch nie um den genauen Weg dorthin. Hast du das gemeint, als du gesagt hast, du wärst dabei, dich aufzusplitten? Jeder Schritt, jede noch so kleine Bewegung markierte eine andere Linie. Ich fing an, mir die möglichen Variationen meines eigenen Pfads vorzustellen – nicht nur alle Wege, die ich gehen konnte, sondern auch die aller Leute, für die ich einen kleinen Schritt zur Seite machen oder meine Geschwindigkeit verlangsamen oder beschleunigen würde, um mit ihnen zusammenzutreffen. Ich begann, mich in meinen eigenen Unendlichkeiten zu verlieren, deshalb konzentrierte ich mich wieder auf die Gesichter; die Gesichter derjenigen, die ich kannte, die Gesichter derjenigen, an die ich mich erinnerte, die Gesichter derjenigen, die mir bekannt vorkamen, und die Gesichter derjenigen, die für mich Fremde waren, obwohl wir auf dieselbe Schule gingen. Wir alle bildeten eine Menge von zweitausend Schülern in diesem Gebäude, und darunter befand sich die eine Person, die dafür verantwortlich war, dass jetzt das Foto in meiner Hosentasche steckte. Eine Person unter den zweitausend war für die Briefumschläge und das Rätsel und meine Gedanken in diesem Augenblick verantwortlich. Eine von ihnen hatte es getan.
    Außer es war das Mädchen gewesen, das nicht mehr da war .

2 C
    Das war von mir gelogen, oder?
    Ich wollte nämlich nie, dass du ein Foto von mir machst. Du hast es trotzdem getan, aber eigentlich wollte ich es nicht.
    Wir waren im Schwimmbad. Es muss also Sommer gewesen sein. Ich wollte mein T-Shirt nicht ausziehen. Ich hab mein T-Shirt nie ausgezogen. Aber du hast gesagt, ich würde mich damit nur lächerlich machen. Das war so ein Wort von dir. Lächerlich. Meistens hast du es freundlich gesagt, aber immer mit einem leicht spöttischen Unterton. Du hast mich gefragt, wofür ich mich denn schämen würde. Ob ich mir den Namen von Molly Hughes in die Brust geritzt hätte? Oder gab es dort tätowierte Einhörner, von denen ich dir nichts erzählt hatte? Trug ich vielleicht einen männlichen Keuschheitsgürtel? Ich musste darüber nicht wirklich lachen, aber ich musste auch nicht nicht lachen. Du hast an meinem T-Shirt gezerrt. Ich sagte: »Na gut, wenn du meinst«, und zog es aus. Spürte die Sonne. Fühlte mich so blass. Und du hast deinen Fotoapparat herausgezogen. Hast gesagt, dieser Moment müsse für die Nachwelt festgehalten werden.
    Ich fühlte mich, als sei ich eine Errungenschaft von dir; wo ich doch vor allem eins sein wollte: dein Freund.
    »Siehst du«, hast du gesagt, »du hast es nicht nötig, irgendwas zu verstecken.«
    Ich wollte nicht, dass du mich ohne T-Shirt siehst. Es fühlte sich merkwürdig an.
    Ich habe das Foto nie gesehen. Vielleicht hast du es ja gelöscht.
    Womit ich sagen will, ich glaube nicht, dass du es noch hast.
    Habe ich dir etwas bedeutet?

3
    Nach der Schule bin ich noch einmal zu der Stelle zurück, aber es lag kein neues Foto da. Am nächsten Tag auch nicht. Und obwohl ich wusste, dass zwei Punkte kein Muster ergeben, war ich trotzdem enttäuscht, nichts zu finden. Es konnte nicht einfach aufhören. Nicht jetzt schon.

3 A
    Du hinterlässt für mich Nachrichten, aber ich habe die Botschaft noch nicht begriffen.

3 B
    Ich zog mein Notizbuch aus der Tasche. Riss eine Seite heraus. Schrieb ganz oben auf das Blatt WER BIST DU? und ließ den Rest leer. Ich steckte das zweite Foto in den Umschlag mit dem ersten Foto, dann die herausgerissene Seite in den leeren Umschlag. Ich deponierte ihn am nächsten Morgen im Wald, bevor ich mich mit Jack auf dem Pausenhof traf.
    Als ich zwischen der zweiten und
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