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Mein bestes Stuck

Mein bestes Stuck

Titel: Mein bestes Stuck
Autoren: Hepburn Lucy
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und Spanien. Unmengen an Codes, Initialen und Abkürzungen, die vermutlich Spielstrategien bezeichnen,
Passwörter für Onlinewettbüros, ausstehende Schulden, Listen von Casinos, die Kredite gewähren, und welche, die es nicht tun. Und viele sind schon rot durchgestrichen, weil die gute Eleonore dort vermutlich bereits Hausverbot hat. Julia, Schätzchen, ich befürchte, unsere gesuchte Person ist spielsüchtig. Und damit nicht genug: Sie ist spielsüchtig und in einer ziemlich ausweglosen Situation.«

Kapitel 3
    A m Flughafen von Nizza herrschte Rushhour. Unmengen von Reisenden wuselten durch die Abfertigungshalle wie eine Schar emsiger Ameisen, jeder von ihnen einzig auf sein Reiseziel konzentriert, während draußen die Nachmittagssonne herunterbrannte. Gepäckwagen beladen mit schweren Koffern wurden in sämtliche Richtungen geschoben, und die allseits präsente Lautsprecherstimme kündigte verspätete Flüge an, rief einzelne Fluggäste zu den Gates und warnte vor der großen Gefahr, Gepäckstücke unbeaufsichtigt zu lassen.
    Für die junge Frau, die auf dem Boden der Flughafenhalle hockte, kam diese Warnung ein bisschen zu spät. Sie hatte vor sich den Inhalt der Handtasche einer anderen Frau ausgebreitet.
    Eleonore Deschanel, in diesem Moment weiß wie die Wand, konnte einfach nicht glauben, dass ihr das wirklich passiert sein sollte. Wellen von Zorn stiegen in ihr auf, während sie jeden einzelnen Gegenstand in den Händen hin- und herdrehte. Ihre Mundwinkel hingen nach unten, ihr Kopf wiegte von einer zur anderen Seite, nur der Vorhang glänzenden kastanienbraunen Haares verbarg das wahre Ausmaß ihrer Verzweiflung.
    »Nein«, flüsterte sie. »Nicht jetzt !«

    Ein Schminktäschchen. Ein Handy ohne Guthaben. Ein Schlüsselbund. Ein Taschenspiegel mit Perlmuttrücken. Eine Sonnenbrille von Chanel in einem schmalen, samtenen Etui. Ein gestärktes weißes Leinentaschentuch, dessen Rand mit dem Muster eines Erikazweiges bestickt war. Keine Brieftasche, keine Möglichkeit, die Besitzerin zu identifizieren. Wem auch immer diese … diese Doppelgängerin ihrer Bottega Veneta gehörte, sie musste ihre Ausweispapiere in der Hand gehalten haben, als sie die Sicherheitskontrolle am Charles de Gaulle-Flughafen passiert hatte.
    »Nur in Paris kann so etwas geschehen«, zischte sie.
    Sie fühlte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Krampfhaft umschloss sie das Taschentuch der Fremden mit ihrer Hand. Sie hatte noch nicht geweint, seit sie die Nachricht bekommen hatte. Ihr Vater war verstorben, aber sie hatte noch nicht geweint.
    Konnte man sich mit dreißig wie eine Vollwaise fühlen? Eleonore wischte sich die Tränen aus den Augen und begann mit gewaltiger Kraftanstrengung, den ausgebreiteten Inhalt wieder in die fremde Tasche einzupacken. Als das angenehm betäubte Gefühl, über Autopilot gesteuert zu werden, sich einstellte, wurde ihr klar: Oh ja, das konnte man durchaus.
    »Eleonore!«
    Eine bekannte, männliche Stimme holte sie mit einem Schlag aus ihren Gedanken, sie sprang auf und strich sich den Staub von Stiefeln und Jeans. Das starke Sonnenlicht blendete sie, und sie musste die Augen zusammenkneifen, um die einst so vertrauten Gesichtszüge des attraktiven Mannes auszumachen, der nun vor ihr stand.

    »Simon«, sagte sie und war selbst überrascht, wie leblos und leer ihre Stimme klang.
    Der Mann trat einen Schritt vor und gab ihr je einen Kuss auf beide Wangen.
    »Das mit deinem Vater tut mir sehr leid …«, begann er und schaute ihr dabei tief in die Augen.
    Eleonore wich seinem Blick aus.
    »Er war ein großartiger Mann, ein guter Freund für meinen Vater und ein wunderbarer Arbeitgeber. Wir werden ihn sehr vermissen.«
    Eleonores Blick folgte einem Schmetterling, der in der Halle ausgerechnet auf einem der Ausgang -Schilder ein Plätzchen zum Landen suchte.
    »Danke«, sagte sie und schien mehr auf den Schmetterling konzentriert als auf ihr Gegenüber.
    Hatte er seine Rede zunächst noch eifrig begonnen, so wirkte Simon nun ein wenig betreten. »Äh, hast du noch mehr Gepäck?«
    »Wie bitte?« Eleonore runzelte die Stirn. »Oh, nein. Das ist alles.« Mit dem Kopf wies sie auf den kleinen schwarzen Trolley neben sich.
    Simon griff nach dem Koffer, und sie liefen schweigend nebeneinander her in Richtung Parkplatz, wo der alte Familienmercedes im kühlen Schatten einer Mauer stand.
    Eleonore wollte einfach nur in aller Stille im Auto sitzen und sich ihrer Trauer und ihrem Selbstmitleid hingeben. Doch
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