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Mein 24. Dezember

Mein 24. Dezember

Titel: Mein 24. Dezember
Autoren: Achim Bröger
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Endlich haben sie sich auf eine Stelle geeinigt. Der Baum kommt jetzt neben die Terrassentür.
    Als Nächstes zwängen sie ihn in das geschmacklose vierfüßige Ding. Ob er damit laufen kann? Hopp . . . versuch's doch, Baum. Das würde gut aussehen.

    Aber ne, er steht ganz ruhig und stur da. Bisher jedenfalls. Der Papa und die Mama wirken allerdings weniger ruhig. Sie sind sich nämlich wieder nicht einig. Und deswegen kommt plötzlich Bewegung in den Baum. Die Mama dreht ihn nämlich so, dass die Äste, die man bisher nicht gesehen hat, nach vorne zeigen.
    Jetzt sieht man sie gut. Dann geht sie ein Stück  zurück und verkündet: »Genauso muss der Baum stehen!« !
    »Ne«, sagt der Papa. »Wenn er so steht, sieht  man seine schönsten Äste gar nicht.« Und er dreht den Baum ein Stück zurück.
    Diesmal ist die Mama nicht einverstanden. Ob das ein Spiel ist? Hin und her drehen sie den Baum und sie sagen:
    »So steht er gut.«
    »Nein, auf keinen Fall. Aber so!«
    »Oder doch lieber so?«
    Bei der Dreherei werden ihre Köpfe rot und immer röter. Man kann sie fast mit diesen Giftpilzen im Wald verwechseln. Nur dass Papa und Mama keine weißen Punkte haben. Hoffentlich verträgt der Baum die Dreherei. An seiner Stelle wäre mir schon längst schwindelig. Als der arme Kerl endlich genauso steht wie ganz am Anfang, verkünden sie beide: »Jetzt ist es richtig.«
    Die Mama will in die Küche gehen. Da fällt ihr noch etwas ein. Sie fragt den Papa: »Wo hast du eigentlich die Kerzen?«
    Wieso sucht sie Kerzen? Das elektrische Licht brennt doch! Wir haben keinen Stromausfall wie vor ein paar Wochen. Naja, wahrscheinlich kommt er noch, der Stromausfall. Nun sagt der Papa: »Die Kerzen wolltest du mitbringen.«
    »Ne, du«, kommt von ihr zurück.
    »Ich weiß genau, dass du gesagt hast, ich bringe rote Kerzen mit«, behauptet er.
    »Das kann gar nicht sein«, meint sie, »ich will nämlich gelbe.«
    Da rufen sie beide: »Klaus!« Das ist der Älteste. Und es passiert noch ein Wunder. Klaus kommt sofort, als sie nach ihm rufen. Sonst trödelt er sehr.
    »Lauf bitte schnell zum Kiosk und kauf vier Kartons rote Kerzen«, sagt Papa.
    »Ne . . . gelbe«, sagt Mama.
    »Also gut, zwei Kartons rote und zwei Kartons gelbe«, entscheidet Klaus. Im nächsten Augenblick rennt er los. Mensch, der hat es eilig und vier Kartons Kerzen will er holen.
    Dann gibt es bestimmt lange keinen Strom. Jetzt höre ich Mama und sie klingt aufgeregt: »Es ist schon viel zu spät. Wir müssen uns beeilen. Die Verwandtschaft kommt in eineinhalb Stunden.«
    Sie rast fast so schnell in die Küche, wie der Nachbarhund rast, wenn er vor mir davonläuft. Endlich verstehe ich was. Das wird heute eine Familienversammlung. Stromausfall und Rudeltreffen. Ganz klar.
    Aber ne . . . dahinter steckt wahrscheinlich doch mehr. Der Papa steht nämlich im Wohnzimmer und sägt an den untersten Zweigen vom Baum herum. So was tut er nie, wenn die Verwandtschaft anrückt. Naja klar, auf die Idee kann er sonst auch gar nicht kommen, weil es normalerweise keine Bäume bei uns im Wohnzimmer gibt. Ob er Ast für Ast vom Baum absägt? Wahrscheinlich kriegt dann jeder Verwandte ein Stück Baum in die Pfoten. Ne . . . Hände heißt das ja bei denen. So wäre das grüne Ding portionsweise und gerecht verteilt. Aber warum zwängen sie den Baum vorher in einen Ständer? Und warum streiten sie, wo er stehen soll, wenn sie ihn danach Ast für Ast verschenken wollen?
    Oje, ist das heute alles schwierig.
    So . . . der Papa hört mit der Sägerei auf. Die meisten Zweige hat er dem Baum gelassen. Nur die untersten fehlen. Jetzt kommt Susanne zu ihm und zeigt ihm etwas. »Ist schön geworden«, flüstert er, »sehr schön.«
    In dem Augenblick öffnet Mama die Wohnzimmertür. Susanne versteckt das schöne Ding hinterm Rücken und drückt sich an Mama vorbei.
    Aha, Geheimnisse haben sie voreinander. Aber sonst tun sie so, als würden sie sich alles erzählen. Da spiele ich nicht mit. Los! Und hinter Susanne her. Ich werde ihr das geheimnisvolle Ding abjagen und es der Mama bringen. Schließlich gibt sie mir immer das Futter. Mama soll auch mal was von mir kriegen. Ich springe an Susanne hoch und habe es schon fast im Maul, das geheimnisvolle Päckchen. Da wird Susanne giftig und schimpft: »Lass das! Verschwinde!« Sie stößt mich weg. So eine Gemeinheit. Ich gebe auf und suche mir ein Plätzchen zum Ausruhen und Nachdenken.
    Unter den Elternbetten im Schlafzimmer würde ich es mir
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