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Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer
Autoren: Ann Eriksson
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her: einen Koffer der Marke Samsonite Silhouette, der auf Rollen lief und den er sich selbst zu Weihnachten geschenkt hatte. »Verflucht«, murrte er leise, weil das Paar vor ihm so langsam lief, dass es ihm den Weg versperrte, und nicht zu realisieren schien, wie sehr er sich plagte, an ihm vorbeizukommen. Er verfluchte den Flughafen Frankfurt. Er verfluchte das Wetter. Er verfluchte die Sekretärin, die ihm einen Flug mit einer derart kurzen Zeitspanne fürs Umsteigen gebucht hatte. Während er am Zoll in der Schlange stand, blickte er häufig auf seine Armbanduhr, und als der Beamte seinen Pass stempelte, nickte er ihm kurz zu. Dann rannte er in Richtung der Internationalen Abflüge und kollidierte dabei um Haaresbreite mit einem Mann und dessen Blindenhund. Der Hund blieb abrupt stehen und bellte einmal kurz, worauf Trevor den beiden auswich. Als er in die Nähe der Abflughalle kam, blieb er stehen und überprüfte noch einmal sein Ticket. Cairo Air. Was zur Hölle war das denn für eine Fluglinie? Er hatte noch nie von ihr gehört und hoffte inständig, dass es sich dabei nicht um eine dieser verantwortungslosen Gesellschaften handelte, die mit billigst erstandenen Maschinen zu fragwürdigen Zielorten flogen. Er konnte nicht fassen, dass er der Assistentin, die nur vorübergehend bei ihnen beschäftigt gewesen war, diese Buchung hatte durchgehen lassen. »Ich bin im Augenblick zu beschäftigt«, hatte er gesagt. »Ich bin sicher, dass Sie das hinbekommen. Stellen Sie nur sicher, dass ich erster Klasse fliege.«
    In Augenblicken wie diesem fragte sich Trevor, wie er diesen Job, bei dem er ständig um die Welt reisen musste, jemals hatte annehmen können. Er hasste Flugzeuge und Flughäfen. Es war alles so schwierig: die ständigen Treffen mit fremden Menschen, Nacht für Nacht ein anderes, unvertrautes Hotelbett, an jeder Ecke etwas Neues und Unerwartetes. Er wünschte, er wäre zu Hause in Calgary, würde sich ein Eishockeyspiel ansehen in seiner Wohnung in Sunnyside, wo der Bow River vor seiner Tür dahinfloss. Trevor mochte Calgary, diesen Ort, der zu klein war, um eine Großstadt zu sein, aber weltoffener als Regina, wo jeder jeden kannte und jeder alles über jeden wusste. Der Umzug von Regina nach Calgary vor inzwischen über zehn Jahren hatte ihm Abstand verschafft von Tante Gladys und Onkel Pat, die beide mittlerweile tot waren, und von jener Katastrophe, die sich seine Kindheit nannte. Trevor liebte den Fluss, der durch die Stadt mäanderte, er hatte sich wegen des Bow für seine Wohnung entschieden. Die Tatsache, dass er zu jeder Tages- und Nachtzeit die Vorhänge aufziehen konnte, um den Fluss fließen und strudeln zu sehen, schenkte ihm ein Gefühl von Sicherheit.
    Und dann war da Angela. Er lächelte bei dem Gedanken an die Frau, die er im letzten Winter kennengelernt hatte. Er war gerade von einem Spiel der Calgary Flames im neu eröffneten Saddledome gekommen, und nachdem das Team so haushoch gewonnen hatte, hatte ihm der Sinn danach gestanden zu feiern. Vor einer beliebten Bar war er stehen geblieben und hatte sich gewünscht, jemanden zu haben, mit dem er seine Begeisterung hätte teilen können. Er hatte die Tür aufgestoßen und den von Lärm und Rauch erfüllten Raum betreten. Der Anblick des Menschengewimmels an den Tischen und auf dem Tanzparkett vor der Liveband hatte ihn fast auf der Stelle zurück nach draußen auf die Straße getrieben. Als er sich gerade hatte umdrehen wollen, um wieder zu gehen, hatte er sie plötzlich auf einem Stuhl an der Bar erblickt; ihre wilde, sonnenblonde Haarmähne hatte ihn quer durch den Raum gezogen. Noch ehe er hatte nachdenken können, hatte er hinter ihr gestanden und nicht gewusst, wie er ihre Aufmerksamkeit erregen sollte. Als ihre Freundin zu kichern begonnen und mit dem Kopf eine Bewegung in seine Richtung gemacht hatte, hatte Angela sich auf ihrem Stuhl herumgedreht. Ihre tiefbraunen Augen hatten ihn sanft durchgeschüttelt und ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, als wollten sie sagen: »Halt still jetzt, damit ich dir die Schnürsenkel binden kann.« Als sie ihm schließlich bei einem Drink erzählt hatte, dass sie Rechtsanwältin war, hatte er gelacht und gesagt: »Niemand sollte es je wagen, diese Augen zu belügen.«
    Er liebte sein Leben in Calgary.
    Auf der gegenüberliegenden Seite der Halle erblickte Trevor das Schild mit dem Hinweis Alle anderen Fluglinien , und er legte einen Schritt zu. Falls er Cairo Air dort nicht
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