Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meg Finn und die Liste der vier Wünsche

Meg Finn und die Liste der vier Wünsche

Titel: Meg Finn und die Liste der vier Wünsche
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
auch verklagen? Ich will das Mädchen! Hast du ihre Akte gelesen? Hast du gesehen, was sie mit ihrem Stiefvater gemacht hat? Brillant. Absolut einmalig.«
    Die Stimme des Teufels wurde samtweich. Verführerisch. Und gefährlich. »Finde sie für mich, Bub. Finde sie und bring sie her. Es ist mir egal, ob du dafür einen ganzen Bergungstrupp in den Tunnel schicken musst. Hol sie …«
    Beelzebub wartete auf die unvermeidliche Drohung.
    »Wenn es dir nicht gelingt, werde ich Bewerbungsgespräche für einen gerade frei gewordenen Posten führen müssen.« Er legte eine bedeutungsvolle Pause ein. »Deinen.«
    Dann trottete Satan in eine Ecke und begann, Streifen vom dort hängenden Kadaver einer Kuh zu reißen. Die Besprechung war beendet.
    Beelzebub stürmte den pulsierenden Korridor entlang und verdampfte mit seinem Dreizack jede Faulenzerseele, die ihm über den Weg lief. Doch das quiekende Zischen, mit dem sie sich in Luft auflösten, heiterte ihn nicht so auf wie sonst. Er hasste es, wenn der Meister eine seiner Launen hatte und es genau diese Seele sein musste und keine andere. Möge Gott … Beelzebub zwinkerte nervös … Möge Luzifer dem Dämonen beistehen, der ihn enttäuschte. Er beschleunigte seinen Schritt. In diesem Gebäude durfte man das G-Wort nicht einmal denken. Irgendwie bekam der Meister immer Wind davon.
    Was war denn an dieser Seele so besonders? Irgendein irisches Mädchen. Zugegeben, früher war es immer ganz nett gewesen, einen aus dem »Land der Heiligen und Gelehrten« zu erwischen, aber diese goldenen Zeiten waren längst vorbei. Mittlerweile gab es hier unten genauso viele Iren wie Amerikaner.
    Beelzebub sprang in eine finstere Nische und zog ein schwarzes Handy aus den Falten seines seidenen Kaftans. Hübsches kleines Ding. Funkelnagelneu. Der letzte Schrei. Myishi hatte ihm gleich zwei davon besorgt. Top secret. Nicht mal der Boss wusste davon. Ganz schön verschlagen, aber schließlich war er ein Dämon.
    Auf dem Bedienungsfeld waren keine Zahlen, nur ein paar Funktionstasten. Das Ding lief über eine Geheimfrequenz, und es gab nur eine einzige Person, die er damit je angerufen hatte. Sein warziger Finger zögerte einen Moment, dann drückte er auf die Wahltaste. Ihm blieb nichts anderes übrig. Seine Wohnung stand auf dem Spiel, und in dieser Gegend eine vernünftige   Bleibe zu finden war die reinste Hölle.
    Petrus war alles andere als zufrieden. Wieso musste er, der angeblich so einflussreich und wichtig war, die ganze Zeit vor den Toren sitzen, während alle anderen die Annehmlichkeiten des Himmels genossen? Warum konnte Jakob ihn nicht mal ablösen? Oder Johannes? Oder warum nicht gleich Judas? Wenn ihm jemand einen Gefallen schuldete, dann doch wohl Judas. Eine ganze Menge Leute fanden sowieso, dass der Steuereintreiber hier oben nichts zu suchen hatte. Und wenn Petrus nicht ein gutes Wort für ihn eingelegt hätte, würde Judas noch immer mit all den anderen Nobodys im Fegefeuer schmoren.
    Petrus öffnete ächzend den schweren Einband seines Hauptbuchs. Was gäbe er nicht für einen guten Großrechner. Ein schneller Server und jede Menge Arbeitsspeicher. Aber Computerfreaks bekam man hier oben im Himmel so gut wie nie. Die meisten von ihnen landeten am anderen Ende des Tunnels, vor allem seit Luzifer mit seinem Angebot »Nur ein Jahrhundert, und Sie bekommen Ihre Seele zurück« warb. Also musste er die Konten immer noch per Hand führen.
    Das Punktesystem war kompliziert, es hatte sich über Tausende von Jahren entwickelt. Und natürlich kamen jedes Jahr neue Verfehlungen hinzu. Mitglieder von Boygroups und Playback-Sänger waren zwei kürzlich entstandene Kategorien mit hohem Verwaltungsaufwand.
    Das Prinzip war eigentlich ganz einfach. Selbst wenn man genug Pluspunkte hatte, um der Hölle zu entgehen, war das noch keine Freikarte zum Himmel. Dazwischen gab es noch das Fegefeuer, die Vorhölle oder die Reinkarnation als niedere Lebensform. War der Fall uneindeutig, wurde man zum   Chefapostel bestellt, der, das fanden alle, zu schnell den Ausschussknopf drückte. Auf den niederen Ebenen warteten eine Million Seelen sehnsüchtig auf den Tag, an dem Petrus gefeuert würde.
    Hoch oben über Petrus’ Kopf pulsierte der Tunnelausgang im azurblauen Himmel. Es war ein fantastischer Anblick, aber Petrus schenkte ihm kaum Beachtung.
    Eine Seele schwebte durch die Öffnung herbei und landete sanft auf dem Boden von Petrus’ Büro. Der Heilige fuhr mit dem Finger die Liste entlang.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher