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Media Control

Media Control

Titel: Media Control
Autoren: Noam Chomsky
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mörderische Clique von Todesschwadronen zu ersetzen, die bis heute, mit amerikanischer Unterstützung, am Ruder ist, um die Errichtung einer substantiellen Demokratie dauerhaft zu verhindern.
    Zudem ist es notwendig, innenpolitische Haushaltsprogramme durchzusetzen, die der Bevölkerung nicht gefallen, weil sie ihr Schaden zufügen. Auch so etwas bedarf enormer Propagandaanstrengungen, von denen wir in den letzten zwanzig Jahren eine Menge mitbekommen haben. Die Programme der Regierung Reagan waren überwiegend unpopulär. Bei den »Erdrutschwahlen« von 1984 hofften drei Fünftel der Wähler, daß der Präsident seine innenpolitischen Vorstellungen nicht in die Tat umsetzen würde. Bestimmte Punkte wie etwa die Kürzung der Sozialausgaben oder die Erhöhung des Verteidigungsetats wurden von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt. Aber solange die Menschen isoliert und marginalisiert sind, werden sie zwar bei Umfragen angeben, die Erhöhung des Sozialetats der des Wehretats vorzuziehen, zugleich jedoch glauben, daß sie die einzigen sind, die derart verrückte Ideen haben.
    So wurde das Demokratie-Ideal der PR-Industrie und der Spezialisten zwar in einem gewissen Ausmaß verwirklicht, aber nicht vollständig. Manche Institutionen, wie etwa die Kirchen, widerstehen der Zerstörung. Ein großer Teil der kritischen Opposition in den USA stammt aus dem kirchlichen Umfeld. Wenn man in den europäischen Staaten einen politischen Vortrag hält, geschieht das häufig in einem gewerkschaftlichen Rahmen, nicht jedoch hier, wo es kaum noch Gewerkschaften gibt und die existierenden keine politischen Organisationen sind. Deshalb finden politische Vorträge oft in kirchlichen Räumlichkeiten statt. Auch die Solidaritätsarbeit in und für Mittelamerika wurde von kirchlichen Organisationen gefördert und unterstützt.
    Die verwirrte Herde ist nie vollständig zu zähmen; es kommt immer wieder zu tiefgreifenden Auseinandersetzungen. In den dreißiger Jahren erhob sich die Arbeiterbewegung und wurde niedergeschlagen. Dreißig Jahre später rollte eine neue Welle der Opposition durch das Land. Die Spezialisten gaben ihr einen Namen: »Krise der Demokratie« nannten sie diese Bewegung, weil große Teile der Bevölkerung sich organisierten und an politischen Kämpfen teilnahmen. Folgt man der eigentlichen Bedeutung des Begriffs »Demokratie«, so ist das ein Fortschritt. Für die Spezialisten jedoch ist es eine Krise, die überwunden werden muß, weil die Bevölkerung gefälligst gehorsam und passiv zu sein und zu bleiben hat. Aber diesmal fruchteten die Bemühungen von Privatwirtschaft und PR-Industrie nichts. Die »Krise der Demokratie« ist nach wie vor lebendig, auch wenn es ihr nicht recht gelingt, auf die Politik Einfluß zu nehmen. Dafür aber nimmt sie, auch wenn viele es nicht glauben wollen, auf die öffentliche Meinung Einfluß, trotz aller Versuche in den siebziger Jahren, diese Krankheit zu überwinden. Ein Aspekt dieser Krankheit erhielt sogar zu Beginn der siebziger Jahre eine quasi-medizinische Bezeichnung: Man nannte ihn das »Vietnam-Syndrom«. Norman Podhoretz, ein der Politik Reagans verpflichteter Intellektueller, definierte das Syndrom als »krankhafte Hemmung gegenüber der Anwendung militärischer Gewalt«. Davon war ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung befallen. Die Leute begriffen einfach nicht, warum wir andere Länder überfallen, um dort zu foltern, zu töten und Bombenteppiche abzuwerfen. Für eine Bevölkerung ist es, wie schon Goebbels wußte, sehr gefährlich, sich derlei krankhaften Hemmungen hinzugeben, weil es dann mit der Herrlichkeit außenpolitischer Abenteuer recht bald vorbei ist. Es ist notwendig, wie die Washington Post während der Golfkriegs-Hysterie mit einigem Stolz vermerkte, den Leuten Respekt für »kriegerische Werte« beizubringen. Wenn man eine gewaltbereite Gesellschaft haben möchte, die überall auf der Welt Gewaltmittel einsetzt, um die Ziele der einheimischen Elite durchzusetzen, muß die Bevölkerung »kriegerische Werte« akzeptieren und darf keine »krankhaften Hemmungen« entfalten.
    Repräsentation als Realität
    Außerdem ist es notwendig, die Geschichte so weitgehend wie möglich zu fälschen. Auch dadurch lassen sich krankhafte Hemmungen überwinden. Wenn wir angreifen und einen Gegner vernichten, schützen wir, zumindest dem Anschein nach, uns selbst gegen Monster und Aggressoren. Seit dem Ende des Vietnamkriegs hat es gewaltige Anstrengungen
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