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Medaillon des Schicksals (German Edition)

Medaillon des Schicksals (German Edition)

Titel: Medaillon des Schicksals (German Edition)
Autoren: Laura Thorne
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Kolonne aus Lucca ist da«, riefen die Leute und klatschten.
    Sogleich wurden sie von einer Menschenmenge umringt, und obwohl Rosaria eine solche Begrüßung beinahe in jedem Ort der Toskana erlebt hatte, war sie immer wieder aufs Neue überrascht. Sie wusste, dass das fahrende Volk in anderen Ländern einen sehr schlechten Ruf hatte, und auch in der Toskana gab es unzählige Berufe, denen ein größeres Ansehen galt. Doch die Menschen dieses Landstrichs liebten Lustbarkeiten, liebten die Kunst und liebten deshalb auch die Gaukler, Händler und Komödianten.
    Rosaria und alle übrigen aus der Kolonne waren zudem eine Berühmtheit: Niemand sorgte für bessere Zerstreuung als die Händler, Schauspieler und Feuerschlucker aus Lucca. Keine Kolonne im Umland hatte ein reicheres Programm, bot originellere Unterhaltung. Und auch niemand in der ganzen Gegend hatte ein solch umfangreiches Angebot an Oliven und Olivenerzeugnissen wie Rosaria. Nicht nur die wohlschmeckenden Öle, die eingelegten Früchte oder die heilenden Salben wurden von den Bewohnern in Stadt und Land heiß begehrt, auch ihre Tränke gegen Liebeskummer und Schwermut fanden reißenden Absatz. Eine Zauberin sei Rosaria, sagten die Leute, eine Wunderheilerin, die selbst die aussichtslosesten Krankheiten zu heilen vermochte.
    »Ich bin keine Zauberin«, erwiderte Rosaria stets. »Das Geheimnis meiner Öle und Salben, meiner eingelegten Früchte und meiner Tränke ist die Liebe und Sorgfalt. Ich verwende nur ausgesuchte Oliven. Und ich lasse mir viel Zeit bei der Zubereitung, denn alles Gute braucht seine Zeit.«
    Rosaria beeilte sich beim Aufbau ihres Standes. Paola half dabei. Seit Estardo, Paolas Mann und Rosarias Vater, vor zwei Jahren gestorben war, betrieben die beiden Frauen das Geschäft allein. Doch Paola wirkte schon seit langem im Hintergrund und gönnte ihrer Tochter den Ruhm, den sie sich nicht zuletzt Dank ihrer Schönheit und Liebenswürdigkeit geschaffen hatte.
    Auch die anderen aus der Wagenkolonne bauten ihre Stände auf. Neben Rosaria hatte der Seilmacher seinen Laden aufgeschlagen. Stricke und Seile jeder Art bot er an, dazu noch ein kleines Sortiment an Fäden und Zwirnen. Auf der anderen Seite bauten die Schauspieler aus ein paar Brettern und einer klapprigen Leiter eine kleine Bühne. Der jüngste Sohn des Comedia-Direktors, ein Knirps von sechs Jahren mit dunklen, wilden Locken und großen braunen Augen, kündigte laut schreiend das Programm für den Abend an.
    Auch die Feuerschluckerfamilie bereitete sich auf ihren abendlichen Auftritt vor. Raffaels Mutter saß auf einem kleinen Tritt und befestigte noch schnell eine lose Schnur an Raffaels buntem Kostüm.
    Der Weinhändler, dessen rote Nase ihn als Kenner der Materie auswies, kostete sich noch einmal durch sein Angebot und pries laut rufend und leise rülpsend seine Ware an.
    Auch der Scherenschleifer hatte bereits seine ersten Kunden, und der Bader war gerade dabei, einem jungen Bauern mit einer glühenden Zange einen eitrigen Zahn zu ziehen.
    Zwischen den Ständen streunten zahlreiche Hunde herum und suchten in den Abfällen nach Essbarem.
    Rosaria streckte ihren Rücken, der vom Abladen der schweren Fässer und Krüge schmerzte, und sah sich um. Rings um den Markt standen Häuser aus dem typischen Stein der Toskana. Es waren die Wohnstätten der wohlhabenden Bürger von San Gimignano, zwischen denen sich hin und wieder ein Palazzo mit dem typischen Geschlechterturm drängte. Doch jedes der Bauwerke war anders, hatte eigene Merkmale, auf die die Besitzer stolz waren. Vor den Fenstern der Bürgerhäuser flatterte die Wäsche zum Trocknen im Wind, im Rinnstein sammelte sich der Unrat, und aus den Seitengassen war das Gackern von Hühnern und das Grunzen von Schweinen zu hören.
    Von allen Seiten strömten nun die Bewohner des kleinen Städtchens zu den Ständen.
    Eine adlige Dame, dunkelhaarig und schlank, schritt mit hoch erhobenem Kopf daher und hatte Mühe, das bunte Käppchen auf dem Haar zu behalten. Ihr bodenlanges Kleid mit den langen Ärmeln hatte einen schwingenden Rock, der in vielen kleinen Falten bis auf ihre Spangenschuhe reichte. Das Oberteil aber lag eng an und betonte den üppigen Busen, der nur von einem hauchdünnen, zarten Gewebe verhüllt war. Hinter ihr lief eine Magd in einem einfachen Kittelkleid aus billigem Leinen, die in beiden Händen große geflochtene Weidenkörbe für die zu tätigenden Einkäufe trug.
    Ein Bürgersmann mit einem dunklen Mantel eilte
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