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Medaillon des Schicksals (German Edition)

Medaillon des Schicksals (German Edition)

Titel: Medaillon des Schicksals (German Edition)
Autoren: Laura Thorne
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Bouquet nach Oliven, vielleicht mit einer kleinen Prise Gras oder Apfel.«
    Die beiden Frauen rochen an dem Öl, sahen sich dann an und nickten bestätigend.
    »Nicht schlecht, Eure Probe«, ließ die Bürgerin dann ein Lob vernehmen. »Der Geruch ist rein.«
    »Gut«, fuhr Rosaria fort. »Nehmt nun einen Schluck davon in den Mund und atmet hindurch, als würdet Ihr den ersten Chianti des Jahres probieren. Gutes Öl schmeckt nach Oliven, vielleicht ein wenig nach Apfel, Fenchel oder Gras. Solltet Ihr aber einen metallischen Geschmack verspüren, so spuckt es schnell aus, denn dann ist es ranzig.«
    Die beiden Frauen kauten auf dem Öl herum, als wäre es kostbarer Wein. Dann nickte die Bürgersfrau, und die junge Hausfrau tat es ihr nach.
    »Das Öl ist gut, keine Frage. Und wenn auch der Preis stimmt, so kaufe ich fünf Kannen davon«, entschloss sich schließlich die Bürgersfrau und sprach dabei so laut, dass der halbe Markt sie hören konnte.
    Rosaria nannte einen Preis, dann feilschten die Frauen ein Weilchen miteinander und wurden schließlich handelseinig.
    An den übrigen Ständen setzte nun Getuschel ein.
    »Signora Vella kauft gleich fünf Kannen. Dann gibt es kein besseres Öl zu einem besseren Preis in der ganzen Gegend. Komm, lasst uns auch einen Vorrat anlegen. Eilt Euch, ehe Signora Vella alles aufkauft.«
    Schon umringte eine Menschentraube den Stand, und Paola und Rosaria hatten in der nächsten Stunde alle Hände voll zu tun.
    Als sämtliche Hausfrauen der Stadt mit gutem Öl versorgt waren, kamen die Leute, die von Rosarias Ruf als Heilerin gehört hatten.
    Ein alter Mann drängte sich an ihren Stand. Er ging gebeugt, als läge ihm eine unsichtbare Last auf den Schultern und krümmte seinen Rücken. Die Hände des Alten waren rot und rissig, und auch die Haut in seinem Gesicht war von grindigen Stellen bedeckt. Auf dem Kopf trug er trotz der Wärme eine wollene Mütze.
    »Habt Ihr etwas für mein Leiden?«, fragte er zaghaft und entblößte verschämt sein Haupt. Zum Vorschein kam ein entzündeter Ausschlag, der, wie der Mann berichtete, schmerzhaft juckte.
    Rosaria besah sich den Ausschlag gründlich, dann griff sie zu einem Tiegel und entnahm diesem eine weiße Salbe.
    »Hier, probiert das aus. Es ist eine Salbe aus Olivenöl und Zink. Sie wird Euch bestimmt helfen.«
    Der Alte bedankte sich, zahlte und strich sich sofort ein kleines bisschen von dem Heilmittel auf die wunden Stellen.
    »Lasst die Mütze für ein paar Tage weg«, riet Rosaria. »Die frische Luft und die gesunde Sonne der Toskana werden bestimmt beim Heilen helfen, so Ihr sie lasst.«
    Rosaria verkaufte noch einige Salben und Öle, besah sich das aufgeschürfte Knie eines kleinen Mädchens, die Verbrennungen einer Bäuerin und das schmerzende Ohr eines Mönches, dem sie riet, einige Tropfen erwärmtes Öl am Abend in das kranke Ohr zu träufeln und es mit einem winzigen Stückchen Stoff zu verschließen.
    Allmählich kroch die Dämmerung über die Landschaft und hüllte jeden Hügel, jedes Haus und jede Pflanze in ein graues Tuch.
    Als der Marktwächter mit seiner Glocke das Ende der Verkaufszeit verkündet hatte, räumte Rosaria die Öle und Salben, die Tiegel und Tuben, die Flaschen und Krüge zurück in den Wagen. Plötzlich vernahm sie eine leise Stimme.
    »Rosaria, habt Ihr noch ein Augenblickchen Zeit für eine Frage?«
    Rosaria drehte sich um und sah die junge Hausfrau vor sich, die sie bereits am Mittag kennen gelernt hatte.
    »Aber ja, liebe Signora. Was kann ich für Euch tun?«
    »Es ist, hm, naja, mein Mann, wisst Ihr ...«
    Die junge Frau brach ab. Vor Verlegenheit schlug sie die Augen nieder.
    »Sagt schon, was ist mit Eurem Mann?«, wollte Rosaria wissen.
    »Es war dumm von mir, zu Euch zu kommen«, stammelte die junge Frau. »Verzeiht mir!« Dann wandte sie sich zum Gehen.
    »Wartet!«, rief Rosaria und hielt sie am Ärmel fest. »Ich glaube, ich weiß, was Ihr fragen wollt.«
    Die junge Frau blieb stehen und sah Rosaria neugierig an. Die Olivenhändlerin beugte sich dicht zu der jungen Frau, die im Dämmerlicht noch jünger aussah und so viel Mädchenhaftes und Verletzliches ausstrahlte, dass Rosaria ihr unwillkürlich die Hand auf den Arm legte.
    »Das Feuer in den Lenden Eueres Mannes entfacht sich nicht so oft, wie Ihr es wünscht. Habe ich Recht?«
    Die junge Frau nickte verschämt und flüsterte: »Fünf Monate sind wir nun schon verheiratet, und ich bin noch nicht schwanger. Die Leute fangen an zu reden,
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