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Maurice, der Kater

Maurice, der Kater

Titel: Maurice, der Kater
Autoren: Terry Pratchett
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fragte er. »Eine Kutsche, vier Pferde, vermutlich einige Wertsachen in den Postsäcken… vielleicht, äh, tausend Dollar oder mehr. Der Junge könnte die Kutsche lenken. Es ist einen Versuch wert.«
    »Das ist stehlen, Maurice«, erwiderte Pfirsiche. Sie saß auf dem Sitz neben dem Jungen. Sie war eine Ratte.
    »Nicht stehlen in dem Sinne«, sagte Maurice. »Mehr wie… finden. Der Kutscher ist weggelaufen. Man könnte also von einer… Bergung sprechen. He, gar keine schlechte Idee. Wir könnten die Kutsche zurückbringen, um die Belohnung zu kassieren. Das ist viel besser. Und auch legal. Na?«
    »Die Leuten würden zu viele Fragen stellen«, sagte Pfirsiche.
    »Wenn wir sie hier zurücklassen, klaut sie jemand njaulp «, jammerte Maurice. »Ein Dieb bringt sie weg! Ist doch viel besser, wenn wir sie nehmen. Wir sind keine Diebe.«
    »Wir lassen sie hier, Maurice«, sagte Pfirsiche.
    »Dann stehlen wir eben das Pferd des Straßenräubers«, meinte Maurice, als könnte die Nacht nicht richtig zu Ende gebracht werden, ohne etwas zu stehlen. »Einem Dieb etwas zu klauen, ist kein richtiges Stehlen, denn es gleicht sich aus.«
    »Er hat nicht ganz Unrecht«, wandte sich der Junge an Pfirsiche. »Wir können nicht die ganze Nacht hier bleiben.«
»Das stimmt«, sagte der Straßenräuber rasch. »Ihr könnt nicht die ganze Nacht hier bleiben!«
»Stimmt«, kamen Stimmen aus seinen Hosenbeinen. »Wir können nicht die ganze Nacht hier bleiben!«
    Maurice seufzte und streckte wieder den Kopf aus dem Fenster. »Na schön«, sagte er. »Wir machen es so. Du stehst ganz still, blickst starr geradeaus und versuchst keine Tricks, denn wenn du irgendwelche Tricks versuchst, brauche ich nur ein Wort zu sagen…«
    »Sag es nicht!«, stieß der Straßenräuber mit noch mehr Nachdruck hervor.
    »Na schön«, sagte Maurice. »Und wir nehmen dein Pferd als Strafe, und du kannst die Kutsche haben, denn das ist stehlen, und so was dürfen nur Diebe. In Ordnung?«
    »Was immer du sagst!«, erwiderte der Straßenräuber. Er überlegte kurz und fügte hastig hinzu: »Aber bitte sag nichts !« Er blickte starr geradeaus und sah, wie der Junge und die Katze ausstiegen. Er hörte verschiedene Geräusche hinter sich, als sie das Pferd nahmen. Und er dachte an das Schwert. Sicher, bei diesem Geschäft bekam er eine ganze Postkutsche, aber es gab auch so etwas wie Berufsstolz.
    »Na schön«, erklang nach einer Weile die Stimme der Katze. »Wir verlassen dich jetzt, und du musst versprechen, dich nicht zu bewegen, bis wir weg sind, einverstanden?«
    »Ihr habt mein Ehrenwort als Dieb«, sagte der Straßenräuber und senkte die rechte Hand zum Schwertknauf.
»Gut«, entgegnete die Katze. »Wir vertrauen dir natürlich.«
    Der Mann spürte, wie seine Hose leichter wurde, als die Ratten hinausrutschten und sich davonmachten. Er vernahm das Klirren des Pferdegeschirrs. Er zögerte noch einige Sekunden, drehte sich dann um, zog das Schwert und lief los.
    Besser gesagt: Er wollte loslaufen. Stattdessen fiel er und prallte schwer auf den Boden, weil ihm jemand die Schnürsenkel zusammengebunden hatte.
Man hielt ihn gewissermaßen für ein Wunder. Herr Wunder Maurice, so nannte man ihn. Er hatte nie ein Wunder sein wollen. Es war einfach geschehen.
    An jenem Tag hatte er gemerkt, dass etwas nicht stimmte, als er kurz nach dem Mittagessen sein Spiegelbild in einer Pfütze sah und dachte: Das bin ich. Zuvor war er sich seiner selbst nicht bewusst gewesen. Er erinnerte sich kaum daran, wie er gedacht hatte, bevor er zu einem Wunder wurde. Sein Geist schien damals eine Art Suppe gewesen zu sein.
    Und dann waren da die Ratten, die unter dem Müllhaufen in der einen Ecke seines Reviers gelebt hatten. Ihm war klar geworden, dass sie etwas Gebildetes an sich hatten, als er eine von ihnen fing, und die Ratte sagte: »Können wir darüber reden?« Ein Teil seines wundersamen neuen Gehirns teilte ihm mit, dass man niemanden verspeisen durfte, der sprechen konnte. Zumindest sollte man sich zunächst anhören, was der Betreffende zu sagen hatte.
    Jene Ratte war Pfirsiche gewesen. Sie war nicht wie andere Ratten, ebenso wenig wie Gefährliche Bohnen, Zutritt Verboten, Sonnenbraun, Gekochter Schinken, Sonderangebot, Gifti und all die anderen. Aber auch Maurice war nicht mehr wie andere Katzen.
    Die Ratten verbrachten viel Zeit damit, sich zu fragen, was sie plötzlich so schlau gemacht hatte. Maurice hielt das für Zeitverschwendung. Dinge geschahen. Aber die
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