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Matilda - das Mädchen aus dem Haus ohne Fenster

Matilda - das Mädchen aus dem Haus ohne Fenster

Titel: Matilda - das Mädchen aus dem Haus ohne Fenster
Autoren: Ann-Kathrin Kramer
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schon schmutzig ist.

    Wir spielen Expedition, aber dann wollen wir doch lieber ein bisschen malen.
    Bines Papa kommt in riesigen Gummistiefeln vorbei und schaut auf das Papier. »Stillleben mit Spinnenpipi auf Salat« nennt er mein Bild.
    Eigentlich hat die Bine es gut. Ihr Papa arbeitet zu Hause. Aber seine blöden Kommentare, die kann er sich echt sparen. Dann male ich eben nicht mehr. Aber da läuft die Bine in ihr Zimmer und kommt mit ihrem Malbuch zurück. Und das ist jetzt wirklich verrückt. Diese Bine hat nicht nur einen großen Bruder, der so heißt wie mein großer Bruder, nein, sie hat auch – jetzt halt dich fest – das gleiche Malbuch wie ich. Das mit dem Apfelbaum vorne drauf. Das, wo aus dem einen Apfel dieser fette Wurm rausschaut und grinst. Und auf der allerletzten Seite, da ist der süße Teddybär. Das ist der niedlichste Bär, den ich je gesehen habe. Den habe ich noch nicht ausgemalt. Den hebe ich mir bis zuletzt auf. Die Bine hat ihren Teddybären auch noch nicht ausgemalt, und ich denke mir, damit nicht alles zu gleich ist – das ist ja sonst etwas langweilig –, kann ich ihren Bären doch einfach mal fett durchstreichen. Gesagt getan. Zackbumm!
    Aber das war wohl keine gute Idee, merke ich. Die Sabine heult so laut auf, dass mir die Ohren klingeln. Woher soll ich denn wissen, dass die so kreischen kann wie eine Straßenbahn? Schließlich kennen wir uns ja jetzt erst einen halben Tag. Aber ich sag’s ehrlich: Ich weiß, dass das nicht sehr nett von mir war … Und deshalb muss jetzt auch gar kein Erwachsener angerast kommen und diese ganzen Sachen sagen.
    Dieses »Das war nicht in Ordnung, entschuldige dich jetzt, aber richtig, guck sie auch an dabei und Hand geben!« und »Das machst du aber nicht wieder!«. Und so weiter und so weiter …
    Gleich nach dem Zackbumm, also eigentlich genau im gleichen Moment, weiß ich es schon! Das ist nicht nett! Weiß ich. Aber ich kann den Strich jetzt nicht mehr wegzaubern. Schnell entschuldige ich mich bei ihr. Bevor irgendwelche Eltern kommen. Ich tröste sie auch und gebe ihr die Hand und sage, dass es mir wirklich leidtut und dass sie nicht mehr traurig sein soll und dass ich sie gut verstehen kann. Und dabei gucke ich sie natürlich auch an. Sie beruhigt sich Gott sei Dank wieder. Das ist schön, dann kann ich mich auch wieder beruhigen.
    Und was noch schöner ist, die Bine kann mich noch leiden. Sie will weiter mit mir spielen. Sie sagt: »Du, hol doch mal dein Malbuch.« Ich laufe los. Warum auch nicht, wir wohnen nicht weit weg, also flitze ich nach Hause, greife mir mein Buch und flitze wieder zurück.
    Bine sitzt immer noch im Treibhaus, als ich dort ankomme, und baumelt mit den Beinen. Ich strahle sie an und zeige ihr mein Malbuch.
    Es ist das gleiche wie ihres! Sie will es wohl noch nicht recht glauben. Sie blättert darin. Als sie zu der letzten Seite kommt, die mit dem süßen Teddybären, da kann ich mich nicht mehr beherrschen. Ich zeige mit dem Finger drauf, und ich sage: »Siehst du, genau das gleiche!!«

    Bine kann sich anscheinend auch nicht beherrschen. Sienimmt den Stift und streicht – zackbumm – über den Bären. Über die ganze Seite. Zackbumm. Einfach so.
    Und dann sagt sie noch: »Stimmt. Wirklich genau das gleiche Malbuch! Verrückt.« Ich jaule auf. Tränen schießen mir in die Augen. Das ist so eine Gemeinheit!
    Diese Sabine ist so doof wie Grützwurst, und ich will sie niemals wiedersehen. Nie, nie wieder. Ich reiße ihr mein Malbuch aus der Hand und mache mich aus dem Staub.
    Von wegen, heute ist ein besonders schöner Tag, heute ist ein Grütztag. Ein Ekelpakettag. Ein Was-brauch-ich-eine-Freundin-Tag. So ein Tag ist heute.
    Aber da fallen mir diese Sachen ein. Ich meine: die Treibhäuser und das Gebiss von Bines Oma und das Spinnenpipi und Bines hundsgemeines Lachen, als sie sagt: »Stimmt. Wirklich genau das gleiche Malbuch! Verrückt.« Und wie lustig sie dabei guckt. Mir fällt ein, das ihr großer Bruder genauso heißt wie mein großer Bruder und das kann doch kein Zufall sein! Kann es doch nicht. Das ist doch – Schicksal. Auch wenn ich die Bine erst einen halben Tag kenne – irgendwie ist sie schon ein bisschen meine Freundin geworden.
    Und jetzt mache ich etwas, das glaubst du nicht. Ich gehe einfach wieder hin! Zurück zu dieser Sabine mit dem albernen Kopftuch und dem Bruder, der so heißt wie meiner. Ich gehe einfach hin, so als wenn nichts wäre. Ist ja auch nichts. Außer Schicksal. Und quitt sind
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