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Matharis Kinder (German Edition)

Matharis Kinder (German Edition)

Titel: Matharis Kinder (German Edition)
Autoren: Bernadette Reichmuth
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dem Ruf des Meisters Folge zu leisten.
    Diesmal wusste Torian beim besten Willen nicht, was er von der Wahl des Meisters halten sollte. Die heranschlendernde Gestalt hatte nichts Vertrauenerweckendes. Weder in den trägen Bewegungen, noch in den ausdruckslosen Augen.
    Verstohlen schielte Torian zu seinem dritten Reise kameraden hin. Als dieser seinen Blick auffing und unter halb gesenkten Augenlidern erwiderte, wandte er sich verlegen ab.
    Noch einmal richtete der Meister seine Stimme an die Versammelten.
    „Meine Wahl mag euch erstaunen. Doch seid versichert, dass ich gute Gründe dafür habe. Ich frage euch nun, seid ihr mit diesen Dreien einverstanden? Jeder, der dafür ist, dass Torian, Janael und Pariko nach Lopunien reisen, möge dies bezeugen, indem er seine Hand erhebt.“
    Wie schnell alle Hände in die Höhe fuhren! Und wie eilig alle danach den Platz verließen!
    Nur die vier Männer am Feuer blieben noch eine Weile beieinander stehen.
     
    Als Torian zum Zelt seiner Eltern zurückkehrte, sah er schon von Weitem die feuerbeschienene Wand zwischen den spitzen, meist dunklen Umrissen herausleuchten. Im Widerschein des Feuers sah er die geisterhaft hüpfenden Schatten seiner Eltern. Sie saßen nahe beieinander.
    Seine Kehle wurde eng. Er blieb einen Augenblick stehen, um sich zu sammeln. Nicht dass er sich vor seinen Eltern für seine Gefühle geschämt hätte! Doch er wollte sich dieses Bild einprägen. Wie sie auf ihn warteten. Und warten würden, bis er mit seinen Gefährten von dieser Mission zurückkam. Falls er zurückkam. Aber nein, so etwas durfte, wollte er nicht denken!
    Lange noch saßen Torian und seine Eltern in dem Zelt, hielten sich umschlungen und starrten in die verglimmenden Reste des Feuers.
    „Ihr m üsst verstehen“, brach er nach einer Weile das Schweigen, „ich muss da mit. Es geht nicht anders.“
    Sanft fuhren die Finger der Mutter durch sein langes, schwarzes Haar. Berührten leicht wie Schmetterlingsflügel seine nass geweinte Wange.
    „Natürlich musst du. Achte nicht auf meine Tränen. Es kommt nur so plötzlich. Wir haben dich erst so kurze Zeit bei uns, und nun musst du schon wieder fort.“
    Der Vater hatte seinen Arm fest um die Schultern seines Sohnes gelegt. „Ich bin stolz auf dich“, murmelte er mit gepresster Stimme, „ich war es immer, jeden einzelnen Tag, seit die Große Mutter dich uns geschenkt hat. Doch heute bin ich es mehr denn je. Der Meister konnte gar keinen anderen aus wählen, als dich.“
    Die Anhöhe, wo die Zelte der überlebenden Blumenhüter sich zusammendrängten, lag still. Es war eine Stille, die den Atem anhielt und auf die Herzschläge der Menschen lauschte, die zusammen gekrümmt unter den dünnen Stoffdächern lagen und mit offenen Augen in die Dunkelheit starrten.
    In einem der Zelte brannte noch lange Licht. Darin saß ein alter Mann und beugte sich über eine zerschlissene Lederhaut. Langsam, zitternd zeichneten seine Finger kaum noch sichtbare Linien und unleserlich gewordene Zeichen nach.

     ZWEI
     
     
    Bei Anbruch der Morgendämmerung brachen die drei Blumenhüter auf.
    Das ganze Volk hatte sich zu ihrem Abschied versammelt. Greinend lagen die kleinen Kinder an den Schultern ihrer Mütter. Einige Alte stützten sich fröstelnd und mit zitternden Knien auf die Arme der Jungen.
    Still gingen Torian und Janael durch die Reihen der Zurückbleibenden, empfingen hier einen Händedruck, dort ein Schulterklopfen und ganz zum Schluss die segnenden Hände der Alten. Nur der Wandler beteiligte sich nicht an diesen Abschiedsszenen. Mit versteinertem Gesicht blieb er am Rande der Versammlung stehen.
    Wortlos umarmte Torian seine Eltern ein letztes Mal.
    Es war Zeit, zu gehen.
     
    Stunde um Stunde wanderten die drei Blumenhüter durch das verwüstete Land. Überall begegneten sie dem gleichen Bild: Menschen, die in Trümmern wühlten oder Schlamm wegschaufelten. Einige kauerten regungslos abseits und starrten mit leeren Augen vor sich hin. Kaum jemand hatte Zeit, sich um sie zu kümmern.
    Die vormals saftig grünen Täler waren zu stinkenden, von zerschmettertem Holz und Trümmern durchsetzten, morastigen Massen gräbern geworden.  
    Keiner achtete auf die drei eilig vorüberziehenden Kleinen Leute .
    Drei Tage wanderten sie, bis sie den Fuß des Kari-Gebirges erreichten.
     
    Vor Jahrmillionen, als die Große Mutter mit neuen Formen des Lebens spielte und noch nicht einmal träumte von den Menschen, hatte sich in den Weiten des Ozeans
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