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Matharis Kinder (German Edition)

Matharis Kinder (German Edition)

Titel: Matharis Kinder (German Edition)
Autoren: Bernadette Reichmuth
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konnte nicht fassen, was er sah. Selbst die furchtbaren Spuren der Katastrophe in Peona hatten ihn nicht so erschüttert, wie der Anblick dieses eingekerkerten Landes.     
    Als er seine Augen endlich abwenden konnte, traf sein Blick Janael, der neben ihm stehen geblieben war. Torian konnte nur ahnen, was in seinem Gefährten vorging. Was mochte es wohl für den alten Mann bedeuten, nach mehr als dreißig Jahren seine Heimat wie der zu sehen? Und diese Mauer?
    Das zerfurchte Gesicht des Lopuniers glich einer hölzernen Maske, als er sich Torian zuwandte. Ebenso hölzern klang seine Stimme. „Da sind wir nun. Jetzt müssen wir uns überlegen, wie wir durch diese Mauer in das Land hinein kommen.“ Er wandte sich ab und schaute wieder ins Tal hinunter. „Wir müssen uns etwas einfallen lassen“, fuhr er nach einer Weile fort, „wenn uns die Grenzwachen erwischen, bringen sie uns auf dem kürzesten Weg ins Gefängnis. Sehr wahrscheinlich töten sie uns gleich an Ort und Stelle. Ich glaube, das Leben eines Blumenhüters gilt auch heute nichts in diesem Land.
    Der alte Mann sank auf einen Stein. Still setzte sich Torian neben ihn. Einige Augenblicke blieben der Alte und der Junge nebeneinander sitzen, sahen in das Tal hinunter und ihre Gedanken verschränkten sich auf geheimnisvolle Weise.
    Plötzlich überfiel Torian eine ungeahnte Unruhe. Hastig sprang er auf. Wo steckte Pariko? Von dem Wandler fehlte jede Spur. Hatte er sich etwa in einen Felsbrocken verwandelt? Torian hatte keine Ahnung, wozu ein Wandler fähig war. Sich in einen Felsbrocken zu verwandeln erschien dem Jungen unter diesen Umständen jedoch nicht gerade sinnvoll.
    Ein unterdrücktes Keuchen ließ ihn herumfahren.
    Sein Atem stockte.
    Janael saß nicht mehr auf dem Stein. Er stand, rückwärts gebogen, als würde er im nächsten Augen blick nach hinten fallen. Doch er fiel nicht, denn hinter ihm stand ein lopunischer Grenzwächter. Der Mann hatte den linken Arm um den Hals des Alten geschlungen, mit der Rechten hielt er ihm ein Messer an die Kehle. Da er ein gutes Stück kleiner war, als sein Gefangener, brach er ihm dabei beinahe das Rückgrat. 
    „Nun, wen haben wir denn da?“ Die Freundlichkeit in der Stimme des Soldaten sammelte sich zu einem öligen Klumpen in Torians Magengrube. „Sieht ganz so aus, als wolltet ihr abhauen. Respekt, dass ihr es bis hierher geschafft habt. Aber hier ist eure Reise zu Ende! Nun kommt ihr schön gemütlich mit mir zurück in unser wunderschönes Lopunien. Und du lass dir bloß keine Dummheit einfallen, mein Junge, sonst hat dein alter Kumpel hier bald seinen letzten Schnaufer getan.“
    Dann riss er Janaels Arme nach hinten und fesselte ihm mit raschen, geübten Griffen die Hände auf den Rücken. Brutal stieß er ihn auf die Knie.
    In Torians Gehirn explodierte weißglühende Wut. Mit einem Schrei sprang er auf den Söldner zu. Er hatte nicht den Hauch einer Chance. Sein Angriff zerschellte an der Faust, die ihm entgegen fuhr und ihn bewusstlos schlug.
    Als er wieder zu sich kam, lag er auf seinem Gesicht, schmeck te Erde und Blut. Und er spürte, dass seine Hände ebenfalls auf den Rücken gefesselt waren. Noch halb benommen und mit schmerzendem Kiefer rappelte er sich auf.
    Zwei Schritte von ihm entfernt hockte der Grenzwächter auf dem Stein, wo Janael zuvor gesessen hatte und betrachtete seine beiden Ge fangenen mit mildem Interesse.
    „Nun denn, auf geht’s“, rief er munter. Er griff nach dem Ende des Stricks, mit dem Torian und Janael aneinander gebunden waren. Mit einem Ruck riss er die beiden auf die Füße.     
    Mehr stolpernd als la ufend erreichten sie die Mauer. Eine winzige Pforte, gerade groß genug, um einen Menschen hindurch zulassen, stand halb offen. Dahinter warteten zwei weitere Grenzwächter. Sie grinsten ihrem Kumpel entgegen, als dieser die beiden Blumenhüter durch die Öffnung zerrte.
    „Toller Fang! Aber wozu machst du dir die Mühe, die Kerle weiterzuschleppen? Du weißt doch, wie der Befehl lautet. Warum erledigst du die Beiden nicht gleich hier und jetzt?“ 
    Der Angesprochene schüttelte nachsichtig den Kopf. „Ihr seid Hohlköpfe. Und das bleibt ihr auch. Dass diese Drei es bis hinter die Mauer geschafft haben, ist doch mehr als seltsam. Habe bis jetzt nicht herausbekommen, wie sie das fertig gebracht haben. Die Burschen sind schon zäh, das muss man ihnen lassen. Aber auf dem nächsten Posten wird man sie bestimmt zum Reden bringen. So, jetzt muss ich weiter.
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