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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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Samstagmorgen ging Liz mit Melanie einkaufen. Sie vermutete, daß sie sich alle im dritten Stock langsam miteinander anfreunden würden, aber auf jeden Fall würde dieses erste Wochenende den letzten Stunden vor der Abfahrt eines Schiffes ähneln, wo jeder darauf wartet, daß das Schiff aus dem Hafen ausläuft. Es war eine Zeit gegenseitigen Abschätzens. Sie, Cara und Melanie wußten nichts voneinander und hatten mit dem vierten Mädchen nur einen Gruß getauscht, aber ein ganzes Jahr würde man zusammen leben und sehr viel mehr teilen als ein Badezimmer. Jede von ihnen war ein unbeschriebenes Blatt für die andern drei, und man überlegte, wer von den dreien am Ende dieses Jahres einem wohl am meisten bedeutete. Einstweilen war Liz frei von allen bisherigen Bindungen und nur diesen drei Möglichkeiten ausgeliefert, und für all das war Peter verantwortlich. Sie war hier in Philadelphia, was sie vor zwei Wochen noch nicht gewußt hatte! Sie hatte sich nicht den ganzen Sommer auf die Kunstakademie freuen und dafür in Ruhe einkaufen können wie die andern. Eine Hälfte von ihr war noch immer in Bridgedale, und der Teil, der sich bereits hier befand, stand sozusagen ein Stück abseits mit einem beobachtenden Lächeln: Nun, zeige mir, daß es Spaß macht, hier zu sein, schien das Lächeln zu fordern, beweise, daß du dich hier vergnügen kannst, obgleich du jetzt eigentlich Frau van Giesen hättest sein sollen.
    Melanie bestritt den Großteil der Unterhaltung, sobald sie ihre schwarz und weiß gestreiften Vorhänge, die scharlachroten Sofakissen und die schwarze Überdecke gefunden hatte. Melanie sprudelte geradezu über vor Eifer, Liz zu imponieren und sie als Freundin zu gewinnen, und Liz war sich klar darüber, daß sie sich früher jederzeit dadurch geschmeichelt gefühlt hätte, aber heute beneidete sie Melanie lediglich wegen ihrer Energie.
    Offensichtlich ging Melanie leidenschaftlich gern einkaufen und hatte außerdem die Gabe, Stoffe richtig zu beurteilen. Als sie an einem Tisch vorbeikamen, wo große Ballen Brokat und Samt aufgetürmt lagen, blieb Melanie begeistert stehen und strich liebevoll mit den Fingern darüber. „Ich weiß nicht, was du vorhast“, sagte sie, „aber ich brenne darauf, Abendkleider zu entwerfen. Oh, herrlich wird es sein! Chiffon, Pikee, Damast, Leinen, Taft — mmmmmmm !“ Sie warf dem Stoffberg einen Kuß zu. „Irgendwann einmal werde ich das in Modell Melanie verwandeln!“
    Liz kam sich Melanie gegenüber plötzlich fad und langweilig vor. „Ist das dein Plan?“ fragte sie. „Es muß schön sein, so genau zu wissen, was man will. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, worauf ich hinauswill.“ Ich weiß überhaupt gar nichts sicher, fügte sie in Gedanken für sich selbst hinzu.
    „O ja“, bestätigte Melanie sachlich, „und ich werde damit Geld verdienen. Haufenweise! Ich werde die Melanie Prill werden!“
    „Wieso?“ fragte Liz neugierig.
    „Oh, weil ich es satt habe, meine Eltern über unbezahlte Rechnungen streiten zu hören“, erklärte Melanie vergnügt. „Irgendwo auf dieser Welt muß es doch Geld genug geben, damit ich ein behagliches Leben führen kann. — Sollen wir nicht hier zu Mittag essen?“ fügte sie hinzu und bog in den Eingang des vornehmen Cafés Schrafft ein. „Ich möchte schlemmen! Komm, wir setzen uns nicht an die Theke, sondern an ein Tischchen!“
    „So willst du mit deinem Taschengeld auskommen? Ist dir klar, daß du soeben fünfundfünfzig Dollar für dein Zimmer ausgegeben hast?“
    Nachdem sie sich gesetzt hatten, hob Melanie fragend die Augenbrauen. „Findest du das zu viel? Mutter hat fast dreitausend für die Ausstattung unseres Wohnzimmers gebraucht.“
    „Liebe Güte!“ entfuhr es Liz, und dann fügte sie überzeugt hinzu: „Wenn ich allein einkaufen gegangen wäre, hätte ich mir ein gutes Warenhaus gesucht wie zum Beispiel Woolworth.“
    Melanie war entsetzt. „Aber Liz!“
    „Warum nicht?“
    Melanie schüttelte weise lächelnd den Kopf. „Es ist sehr wichtig, sich ein gewisses Ansehen zu geben“, belehrte sie Liz. „Schau, jeder im Heim würde sofort erkennen, daß du im Warenhaus eingekauft hast. Gewiß, ich bin sehr für vorteilhafte Preise, aber die Qualität ist doch immer das wichtigste. Das gilt ebenso für Menschen. Schließlich willst du ja auch nicht mit jedermann verkehren, nicht wahr? Ich finde, man sollte Wert auf Standesunterschiede legen. Es ist wirklich überaus wichtig, nicht mit den falschen Leuten zu
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