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Maskenspiel

Maskenspiel

Titel: Maskenspiel
Autoren: Kelly Stevens
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zugeben, dass eine zierliche Blondine nicht unbedingt das Bild ist, das man sich von einer IT-Expertin macht.«
    »Das ist ein Klischee. Für meine Haarfarbe kann ich nichts.« Dabei trage ich meine Haare schon relativ kurz, gerade, damit sie nicht so auffallen.
    »Aber Programmieren können Sie?«
    »Sogar gefährlich gut.«
    »›Gefährlich gut‹?«
    Verdammt, so etwas sage ich sonst nie. Ich nicke und hoffe, dass das Thema damit vom Tisch ist. »Ich bitte vielmals um Entschuldigung für das Missverständnis und dass Sie Ihre Zeit für mich opfern mussten.« Ich mache Anstalten, aufzustehen.
    »Das war kein Opfer, Emily.« Er steht ebenfalls auf. »Lassen Sie den Ordner hier liegen. Ich brauche jetzt erst mal einen Drink.«
    »Natürlich, das verstehe ich, ich bin schon weg«, murmele ich. Deutlicher hätte er es nicht ausdrücken können, dass meine Inkompetenz ihn geschockt hat.
    »Emily? Ich meinte damit, dass Sie mich begleiten sollen.«
    »Oh!« Will er mich etwa betrunken machen, um mir irgendwelche Betriebsgeheimnisse zu entlocken?
    »Um die Ecke gibt’s eine nette Bar. Kommen Sie, geben Sie mir eine Chance, Sie kennenzulernen. Immerhin werden Sie die nächsten Wochen für mich arbeiten.«
    Ich schaue ihn unschlüssig an. Bisher hat es sich noch nicht ergeben, dass ich alleine mit Kunden ausgegangen bin – in den wenigen Fällen, wo ich überhaupt mitdurfte, waren immer Kollegen dabei. Andererseits, nachdem Charlie mich so ins offene Messer hat rennen lassen, könnte mir ein kleiner Informationsvorsprung durchaus nützlich sein. Außerdem gibt es etwas an Christopher Brooks, was mich fasziniert, selbst wenn ich mir noch nicht sicher bin, was genau es ist. »Also gut.«
    Er nickt, öffnet die Tür und sagt Sarah im Vorbeigehen, dass er im Notfall auf seinem Handy zu erreichen ist.

    Die Bar ist tatsächlich nur ein paar Schritte vom Firmengebäude entfernt. Sie hat eine große Glasfront, durch die man ins Innere sehen kann. Die Besitzer scheinen ein Faible für Chrom, schwarz und rot zu haben. Zumindest ist es hier nicht schummerig; man sitzt quasi auf dem Präsentierteller.
    Christopher Brooks hält mir die Karte hin. »Die Cocktails sind gut. Oder möchten Sie lieber etwas Stärkeres?«
    Alkohol auf fast nüchternen Magen? Erst jetzt fällt mir ein, dass ich seit dem Frühstück noch nichts gegessen habe. »Ein Fruchtsaft wäre nett.«
    Er winkt dem Kellner, bestellt und lehnt sich dann zurück. »Also, Emily. Erzählen Sie mir alles über sich.«
    Alles? Bestimmt nicht. »Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Vielleicht sollten Sie mir stattdessen etwas über die Firma erzählen. Etwas, das ich für meine Arbeit wissen muss«, setze ich schnell hinzu, damit er nicht denkt, dass ich mich nicht informiert habe.
    »Was möchten Sie wissen? BSC besteht seit etwa zehn Jahren. Wir entwickeln und vertreiben Finanzsoftware, die vor allem bei Banken und Hedge Fonds eingesetzt wird. Ein ziemlicher Nischenmarkt, aber eine Lösung, die man gut als Zusatzmodul auf bestehende Programme aufsetzen kann.« Er nennt die Programmiersprachen und Datenbanksysteme, auf denen das System läuft, die mir glücklicherweise geläufig sind.
    Ein Kellner kommt mit unseren Drinks, und ich nippe vorsichtig an meinem Saft. Dabei habe ich das Gefühl, als ob ich beobachtet werde. Schnell setze ich das Glas ab und drehe mich um, aber die wenigen Gäste im Raum unterhalten sich alle und beachten uns nicht.
    »Was ist denn Ihr erster Eindruck von unserer Firma?«
    Ich muss einen Moment nachdenken. »Nun, ich hatte noch keine Möglichkeit, mich mit der Software zu befassen, deshalb kann ich noch nicht viel sagen.« Das klingt doch schön neutral.
    Leider lässt er mich nicht so schnell vom Haken. »Und als Besucher? Mal abgesehen von unserem kleinen Zusammenstoß, ist Ihnen irgendwas Besonderes aufgefallen?«
    Bei der Erwähnung unseres Zusammenstoßes prickelt es in meinem Nacken. Besonders, wenn ich daran denke, wie er mir die Hand hingestreckt hat, und wie beruhigend und fest sie sich angefühlt hat. Um mich auf andere Gedanken zu bringen, erwähne ich das Erstbeste, was mir einfällt: »Für eine so auf Sicherheit bedachte Firma sollten Sie Ihr Sicherheitskonzept überprüfen.«
    Er zieht die Augenbrauen hoch. Oje, das ist wohl nicht so gut angekommen. Das Prickeln in meinem Nacken wird stärker. Ich drehe mich zum Fenster um und sehe auf der anderen Straßenseite eine junge, blonde Frau in Jeans und einer dunkelblauen Jacke, die in
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