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Maskenball Um Mitternacht

Maskenball Um Mitternacht

Titel: Maskenball Um Mitternacht
Autoren: Candace Camp
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Abends zu begrüßen“, schlug Irene vor und hakte sich bei Callie unter.
    „Verräterin“, knurrte ihr Gemahl halb laut, wobei der liebevolle Blick, mit dem er seine Frau bedachte, seinem Vorwurf jegliche Schärfe nahm. „Du ergreifst lediglich die Gelegenheit, um aus dieser lästigen Warteschlange auszubrechen.“
    Irene lachte vergnügt. „Du bist herzlich eingeladen, uns zu begleiten, wenn du das wünschst. Francesca kommt ganz gut alleine zurecht.“
    „Hmm.“ Lord Radbourne setzte eine nachdenkliche Miene auf. „Gäste begrüßen oder mit Tante Odelia Konversation machen – eine schwierige Entscheidung. Gibt es keine dritte, reizvollere Alternative – zum Beispiel, sich aus dem Fenster eines brennenden Hauses zu stürzen?“
    Er schenkte seiner Gemahlin ein Lächeln, das einer Liebeserklärung glich. „Ich denke, ich bleibe lieber hier. Sonst stellt Tante Odelia mich nur wieder zur Rede, weil ich nicht als Sir Francis Drake verkleidet komme, wie sie es vorschlug … mit einem Globus unterm Arm.“
    „Mit einem Globus unterm Arm?“, wiederholte Callie lachend, während sie sich mit Irene entfernte.
    „Ja. Weil er um die ganze Welt gesegelt ist – wobei ich mir nicht sicher bin, dass Sir Francis Drake tatsächlich die Welt umsegelte. Aber von solchen Bagatellen lässt Tante Odelia sich nicht stören.“
    „Kein Wunder, dass Gideon sich weigerte, in diesem Kostüm zu erscheinen.“
    „Nein, aber eigentlich schreckte ihn weniger der Globus ab als die weiten Pluderhosen.“
    Callie lachte. „Erstaunlich, dass du es überhaupt geschafft hast, ihn zu überreden, ein Kostüm zu tragen. Sinclair weigerte sich strikt, bis auf die schwarze Halbmaske.“
    „Nun ja, der Duke hat zweifellos mehr Würde zu verlieren“, entgegnete Irene leichthin. „Im Übrigen war ich selbst erstaunt darüber, welche Überredungskünste einer Ehefrau zur Verfügung stehen.“ Ihre Augen funkelten hinter der goldenen Maske, und ihre Lippen umspielte ein belustigtes Lächeln.
    Callie erfasste prickelnde Neugier, und sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Im Beisein eines unverheirateten Mädchens verstummten die Gespräche der Damen zum Thema Ehebett, und Callie wusste nur sehr wenig darüber, was in der Verschwiegenheit des ehelichen Schlafgemachs geschah. Da sie auf dem Land groß geworden war, konnte sie wenigstens eine Art Grundwissen über den Paarungsakt aufweisen, zumindest was Pferde und Hunde betraf.
    Dennoch blieb ihr die Vielfalt dieser Sinneswelt verschlossen, all die seelischen Wirren und erotischen Wallungen, die mit dieser geheimnisvollen menschlichen Vereinigung verbunden waren. Es war natürlich undenkbar, direkte Fragen danach zu stellen, also war sie gezwungen, sich aus zufällig belauschten Gesprächen oder gelegentlich unbedachten Bemerkungen einen Reim auf das mysteriöse Geschehen zu machen. Irenes Bemerkung unterschied sich allerdings von ähnlichen Äußerungen anderer verheirateter Frauen. In Irenes Stimme hatte ein zufriedener Unterton geschwungen, nein, mehr noch, beinahe ein genüssliches Schnurren, als hätten ihr diese weiblichen „Überredungskünste“ große Glücksgefühle beschert.
    Callie warf Irene einen flüchtigen Seitenblick zu. Wenn es eine Frau gab, mit der sie über dieses Thema sprechen könnte, dann wäre es Irene. Sie überlegte fieberhaft, wie sie das Gespräch unauffällig in diese Richtung lenken könnte, doch ehe ihr eine Idee in den Sinn kam, ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen, und plötzlich war sie zu keinem Gedanken mehr fähig.
    Neben einer der hohen Säulen an den Längsseiten des Ballsaales stand ein Mann, lässig mit der Schulter daran gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, im Kostüm eines Cavaliers , wie die Anhänger von König Charles I. im englischen Bürgerkrieg Mitte des 17. Jahrhunderts genannt wurden. Die breite Krempe seines Hutes war an einer Seite hochgeklappt und mit einer langen Feder geschmückt. Weiche Lederhandschuhe mit langen weiten Stulpen bedeckten Hände und Unterarme. Rehbraune Reithosen steckten in kniehohen Stulpenstiefeln, die an den Absätzen mit goldenen Sporen versehen waren. Über den Hosen trug er ein schlichtes geschlitztes Wams in der gleichen Farbe und darüber ein kurzes, glockig geschnittenes Cape, salopp um den Hals gebunden. Links an seine Hüfte hatte er einen eleganten schmalen Degen gegürtet.
    Als wäre er einem Gemälde entstiegen aus der Zeit der tapferen Ritter, die für ihren
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