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Masken der Begierde

Masken der Begierde

Titel: Masken der Begierde
Autoren: Ivy Paul
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kaum bekleideten Jünglingen. Die Fenster der unteren Stockwerke waren die so beliebten gregorianischen Schiebefenster, deren weiße Rahmen sich wohltuend von der grauen Fassade abhoben. Die Treppenaufgänge links und rechts trafen in eleganten Kurven zu einem Absatz zusammen, von dem die doppelflügelige Eichentür in das Innere des Herrenhauses führte. Der linke Flügel war mit dem Haupthaus verbunden, und als die Equipage vor die Treppe fuhr, erkannte Violet die Gestalt eines dunkelhaarigen Mädchens an einem der hohen Fenster. Ihre Glieder waren gerade und gesund gewachsen, soweit Violet das aus der Entfernung beurteilen konnte. Sie trug eines dieser Jungmädchenkleider, die die Beine sehen ließen und riesige Schleifen am Rücken besaßen. Das Mädchen strahlte, als es die Kutsche entdeckte. Violet fragte sich, wer das sein mochte. Vielleicht eine Freundin oder Verwandte Allegras?
    Violet wartete geduldig, bis der Kutscher den Schemel vor die Tür stellte und der Earl herausgeklettert war, um ihr aus dem Gefährt zu helfen. Zu ihrer Verblüffung lief er davon und überließ es dem Fuhrknecht, ihr aus der Equipage zu helfen. Der Kies unter ihren Füßen knirschte. Violet sog die frische Luft tief ein. Erst jetzt merkte sie, wie heiß und stickig es im Kabineninneren gewesen war. Die kühle Brise, die ihre Haut streichelte, war wohltuend. Ihre Lunge schien wie befreit, und die tiefen Atemzüge, die sich Violet gönnte, sanken bis hinab zu ihrem Bauchnabel. Neue Energie strömte durch ihre Adern, und sie konnte gar nicht anders, als ihren Körper aufzurichten. Die Sonne wärmte ihren Kopf, und sie reckte einen himmlischen Moment lang ihr Gesicht gen Himmel. Sie wusste, dass sie derartige Vergnügungen meiden musste, wollte sie nicht schwarz wie ein Mohr werden. Ein unangenehmes Erbe ihres Vaters, der im Sommer braun werden konnte wie ein Spanferkel auf dem Grill. Dazu das schwarze Haar ihrer Mutter und Violet hätte jederzeit als Zigeunermädchen durchgehen können. Sie riss sich zusammen. Es war ihr erster Tag als Gesellschafterin, und sie sollte Anstand und Würde beweisen. Sie suchte Lucas St. Clares Blick und ertappte ihn, wie er sie anstarrte, als wären ihr plötzlich Hörner gewachsen. Schuldbewusst wandte er seinen Kopf ab, und im nächsten Moment lenkte beide ein Schrei ab.
    Das brünette Mädchen rannte die Treppe hinunter und sprang ihn an. Er fing den Wildfang lachend auf. Verwirrt beobachtete Violet die Szene. Der mürrische Earl wirkte wie ausgewechselt. Er wirbelte das Mädchen herum, dass ihre Beine und Röcke flogen. Das ausgelassene, herzliche Treiben der zwei versetzte Violet einen Stich. Lucas ließ das Mädchen wieder zu Boden sinken, hakte ihren Arm bei sich unter und kam auf Violet zu.
    „Allegra, darf ich dir Miss Delacroix, deine Gesellschafterin, vorstellen?“
    Allegra St. Clares große Augen waren das exakte Gegenstück zu Lucas’. Doch während sich in seinen Sorge spiegelte, blitzten Allegras vor Lebenslust. Sie befreite sich aus der Umarmung ihres Bruders und knickste vor Violet.
    „Miss Delacroix, erfreut, Euch kennenzulernen.“
    Das also war die kränkliche Schwester? Sie hatte einen schwächlichen, blassen Backfisch von zurückhaltendem Temperament erwartet. Hatte sie Lucas missverstanden? Er hatte doch gesagt, dass Allegra Pflege benötige? Violet erwiderte den Knicks und reichte Allegra die Hand.
    „Ich freue mich auch, dich kennenzulernen, Allegra“, entgegnete Violet herzlich.
    Das brünette Mädchen mit den fröhlich blitzenden Augen wirkte auf Anhieb sympathisch auf Violet. Allegra schüttelte ihre Hand mit festem Griff. Dieses Mädchen strotzte vor Gesundheit. Was um Himmels willen bewog Lucas, sie für krank zu halten? Sie warf ihrem Dienstherrn einen kurzen Blick zu. Er beobachtete sie beide.
    Allegra wandte sich ihm zu. „Lucas, willst du nicht Miss Delacroix’ Sachen auf ihr Zimmer bringen lassen?“
    Lucas winkte einen Diener heran und wechselte ein paar Worte mit ihm, ehe dieser Violets große Reisetasche in die Hand nahm. Violet bewegte sich einen Schritt auf ihn zu.
    „Ich kann mein Gepäck selbst tragen“, wehrte sie ab, verstummte aber, als sie den mahnenden Gesichtsausdruck des Dienstboten bemerkte.
    Allegra hakte sich an ihrem Unterarm unter.
    „Kommt, Miss Delacroix. Wir folgen Malcolm hinauf. Ich habe Euch einen Strauß Blumen auf das Zimmer bringen lassen. Blumen haben etwas so Freundliches an sich. Findet Ihr nicht auch?“
    Violet ließ sich von
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