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Masken der Begierde

Masken der Begierde

Titel: Masken der Begierde
Autoren: Ivy Paul
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herrlich ist, sie zu erklären. Emily Dickinson
     
    Mylord, ich muss mit Euch sprechen.“ Violet Delacroix stürmte in sein Arbeitszimmer, sodass Lucas vor Schreck einen langen Strich quer über das Dokument schmierte, das er zu unterzeichnen gedachte. Er warf die Schreibfeder hin, ungeachtet der Tatsache, dass nun schwarze Tintentropfen über die edle Tischplatte spritzten. Unwirsch sah er auf. Die Gesellschafterin Allegras hatte ihr scheußliches Reisegewand gegen ein zartgelbes Tageskleid getauscht, dessen Abschlüsse mit cremefarbener Spitze verziert waren. Automatisch starrte Lucas auf ihren Busen, der rund und straff unter dem Stoff verborgen lag. Vor sein inneres Auge schob sich das Bild von Violets nackten Brüsten, kecken Nippeln, die ihn aufforderten, danach zu greifen und daran zu saugen, zu knabbern und zu lecken. Lucas’ Schaft versteifte sich augenblicklich, und seine Laune nahm arktische Grade an.
    „Seid Ihr wirklich so dreist, hier hereinzustürzen wie ein Rudel Wildschweine?“
    Violet starrte ihn indigniert an. „Rotte“, verbesserte sie ihn.
    Lucas blinzelte verwirrt. „Wie bitte?“
    „Es heißt eine Rotte Wildschweine und nicht ein Rudel Wildschweine“, erklärte Violet Delacroix.
    Lucas hob seine Hand und rieb sich über Wange und Kinn. Violet Delacroix runzelte die Stirn, öffnete den Mund, beschied dann, besser zu schweigen, und wartete, bis er anfing zu sprechen. Er atmete ein und aus, eine Methode, die ihm half, sein Temperament zu zügeln, sollte es nötig sein. In Violet Delacroix’ Gegenwart bedurfte es dieser Technik bedeutend öfter, als er erwartet hätte, und sie war noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden im Haus. Er rieb sich die Stirn.
    „Was kann ich für Euch tun?“, erkundigte er sich gequält.
    Violet Delacroix faltete ihre Hände sittsam vor ihrem Schoß und blickte zu Boden. Immerhin schien sie ein Mindestmaß an Anstand zu besitzen. Der Gedanke, dass Allegras gutes Benehmen unter Miss Delacroix’ Einfluss keinen allzu großen Schaden nehmen würde, erleichterte Lucas. Miss Delacroix stieß ein seltsames Geräusch aus. Sie hob ihre Hand und hüstelte.
    „Verzeihung“, nuschelte sie.
    Lucas wartete ungeduldig.
    „Es geht um Allegra, Sir.“ Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu.
    Beunruhigt richtete Lucas sich auf.
    „Was ist mit Allegra?“ Ein neuer Anfall? Himmel, hatte dieses dumme Weib Allegra sich selbst überlassen?
    „Mit ihr ist alles in Ordnung. Sie sitzt im Salon und trinkt Tee, bis ich zu ihr zurückkehre.“
    Erleichtert ließ Lucas sich auf seinen Stuhl zurücksinken. „Was liegt Euch auf dem Herzen, Miss Delacroix?“
    „Allegras Gebrechen“, begann sie. Miss Delacroix sah Lucas forschend ins Gesicht. „Eure Schwester kommt mir nicht vor, als wäre sie in irgendeiner Art und Weise krank. Doch Ihr bestandet darauf, dass ihre Konstitution nicht dieselbe ist wie die anderer Mädchen ihres Alters. Würdet Ihr mir freundlicherweise erklären, was das genau bedeutet?“
    Natürlich musste eine derartige Nachfrage kommen. Schließlich erkannte man Allegras Leiden kaum auf Anhieb. Sie verhielt sich nicht wie eine dieser komplett Irrsinnigen in Bedlam, die man gegen Eintritt begaffen konnte. Die meiste Zeit benahm sich Allegra normal, doch urplötzlich verschleierte sich ihr Blick. Als Nächstes zitterten ihre Hände, als litte sie an Schüttellähmung, und in der Folge erzählte sie wirre Dinge. Dabei lief sie im Zimmer umher oder tanzte. Zu anderen Zeiten kippte sie auch einfach um wie ein gefällter Baum. Lucas versuchte abzuschätzen, wie Violet Delacroix reagieren würde, erführe sie von Allegras Wahnsinn. Er liebte seine Schwester mehr als sein Leben. Ihre Anfälle gehörten für ihn zu Allegra, und er tat alles, was in seiner Macht stand, um sie zu beschützen.
    Er hatte das einsiedlerische Landleben im Lake District nicht nur deshalb gewählt, weil er diese Lebensweise bevorzugte. Es war einfacher, sich von den anderen Adligen abzuschotten, wenn man weit abseits lebte. Und die Gelegenheiten für das Personal, Klatsch über ihre Herrschaften auszutauschen, reduzierten sich auf dem Land und mit den passenden Dienstboten ebenfalls um ein Vielfaches.
    „Mylord?“
    Miss Delacroix riss ihn aus seinen Gedankengängen. Lucas wollte nicht riskieren, dass Allegras und Miss Delacroix’ Beziehung von Anfang an überschattet war. Es kostete zu viel Mühe, geeignete Damen zu finden, und gleichgültig, was er von Miss Delacroix hielt: Allegra
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