Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MASH

Titel: MASH
Autoren: Richard Hooker
Vom Netzwerk:
Augenblick war Major Hobson nicht im Zelt. Hawkeye und Duke suchten sich einen Schlafsack und legten sich hin. Sie waren eben am Einschlafen, als sich die Zelttür öffnete.
    »Willkommen, Kameraden«, erscholl eine dröhnende Stimme. Ihr folgte ein mittelgroßer Major, der mit herzlichem Lächeln eintrat und den beiden kräftig die Hand schüttelte.
    Major Hobson war fünfunddreißig Jahre alt. Er hatte längere Zeit allgemeine Medizin praktiziert, besaß auch etwas Erfahrung als Chirurg und hatte jeden Sonntag in einer Kleinstadt des Mittleren Westens in der Herz-Jesu-Kirche gepredigt. Der Krieg hatte ihn mit einer Aufgabe betraut, für die ihm die Voraussetzungen fehlten, und ihn mit Menschen zusammengeführt, die er nicht verstehen konnte.
    »Wir sind alle froh, daß Sie hier sind«, setzte er an. »Möchten Sie sich unsere Einheit ansehen?«
    »Nein. Wir waren den ganzen Tag blau. Jetzt wollen wir unseren Rausch ausschlafen«, sagte Duke.
    »Weil wir um neun den Leistenbruch des Präsidenten operieren müssen«, ergänzte Hawkeye. »Wir sind nämlich Harrys Hauschirurgen. Wir würden Sie ja bitten, uns zu assistieren, aber die Abwehr hat Schiß vor chinesischen Agenten.«
    Jonathan Hobson war entsetzt und verwirrt und verstand die Neuankömmlinge kaum. Kurz nach neun Uhr verstand er noch bedeutend weniger. Die Koreaner hatten tatsachlich Kelly Hill angegriffen. Die Verwundeten trafen ein und die fünf Mann, die von neun Uhr abends bis neun Uhr früh Dienst versahen, hatten alle Hände voll zu tun.
    Um neun Uhr früh stand eindeutig fest, daß Hawkeye Pierce und Duke Forrest die meiste und auch die beste Arbeit geleistet hatten. Unter anderem hatten die beiden, die aufeinander abgestimmt waren, als hätten sie seit Jahren am selben Operationstisch gestanden, zwei Darmresektionen durchgeführt, das heißt, sie hatten Teile des Darms entfernt, die von Granatsplittern und Minen zerfetzt waren. Dann hatten sie eine Thorakotomie vorgenommen, um einen Blutsturz zum Stillstand zu bringen, das heißt, sie öffneten die Brust, um eine durch Splitter entstandene Blutung zu stillen, und obendrein entfernten sie beim selben Patienten eine gerissene Milz und eine verletzte Niere.
    Natürlich gab die Überlegenheit, mit der sie diese und etliche andere leichtere Fälle bewältigten, Anlaß zu lebhaften Kommentaren und erweckte die Neugier ihrer Kollegen. Nach Dienstschluß waren Hawkeye und Duke jedoch viel zu müde, um sich um das Getuschel zu kümmern. Sie frühstückten und gingen sofort in ihr Zelt, das die Nummer sechs trug.
    Da das Lager des 4077. MASH Hufeisenform hatte, lag das Operationszelt mit dem Wellblechdach im Scheitel der beiden Schenkel. Links davon befanden sich die Aufnahmestation und das Labor, rechts lag das Nachbehandlungszelt. An das Labor; schloß sich die ›Schmerzlose Poker- und Zahnschinderklinik‹ an, dann folgten die Kantine, das PX, das Zelt mit den Brausen, der Friseur und die Mannschaftszelte. Auf der anderen Seite grenzten an das Nachbehandlungszelt die Zelte der Offiziere, dann kam das Reich der Schwestern und schließlich die Quartiere der koreanischen Hilfskräfte. Fünfzig Meter dahinter stand am Rande eines Minenfeldes ein einsames Zelt. Das war der Offiziersklub. Ging man nach Nordwesten, ohne dabei in alte Stellungen zu fallen, so gelangte man auf eine hohe Böschung, von der aus man einen breiten und meist seichten Seitenarm des Imjin-Flusses sah.
    »Südstaatler«, sagte Hawkeye auf dem Weg zum Schlafzelt, »erst zünde ich mir eine an, dann trinke ich eine handfeste Dosis steuerfreien Armeefusel und dann leg ich mich aufs Ohr.«
    »Dito«, sagte Duke, und Hawkeye öffnete die im Zelt angebrachte Tür.
    »Nun sieh dir das an!« sagte Hawkeye.
    Duke sah Hawkeyes ausgestreckten Finger entlang. In der Ecke kniete Major Jonathan Hobson auf dem Lehmboden. Die Ellbogen stützte er auf seine Pritsche. Vor ihm lag die Bibel. In tiefe Andacht versunken, bewegte er lautlos die Lippen.
    »Herrgott«, sagte Hawkeye.
    »Der ist nicht mein Fall«, antwortete Duke.
    »Ob der überschnappt?«
    »Nein«, sagte Duke. »Ist eher ein Betbruder. Von der Sorte gibt's bei uns daheim 'ne ganze Menge.«
    »Bei uns auch«, sagte Hawkeye. »Auf die muß man aufpassen.«
    »Das überlasse ich dir. Mir ist es zu langweilig.«
    Major Hobson betete kniend weiter, während sie ein Glas tranken und dann ein zweites. Dann grölten sie laut und unmelodisch die Hymne der Heilsarmee, soweit sie sich noch daran erinnern
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher