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Marsha Mellow

Marsha Mellow

Titel: Marsha Mellow
Autoren: Maria Beaumont
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ihr tun?«
    »Sie gehen den Verhaltensmustern auf den Grund, die sie Ihnen in der Kindheit anerzogen hat. Dann nehmen Sie Ihre Beziehung auseinander, um ... Ach, vergessen Sie den Scheiß. Ich sage Ihnen, was Sie tun sollen. Canceln Sie die Alte.«
    »Wie bitte?«
    »Haken Sie sie ab ... Lösen Sie sich endgültig von ihr... Ich spreche aus Erfahrung. Mütter betreiben mentale Vergewaltigung. Aber jetzt ist Zahltag. Glauben Sie mir, Ihre Frau Mutter wäre nicht die Erste, die mit einer Kugel im Kopf in einem Müllcontainer endet.«
    »Das wäre nur recht und billig«, spiele ich im ersten Moment mit. »Können Sie mir auch sagen, wo ich so ein ... Sie wissen schon, so ein herbekomme?«
    »Tut mir Leid«, meint er plötzlich wieder ganz sachlich. »Aber unsere Zeit ist um.«
    Ich schlage die Augen auf und stelle fest, dass ich auf meinem Sofa liege, eine Zigarette zwischen die Finger geklemmt. Deshalb bin ich auch wach geworden - weil ich mir fast die Knöchel versengt hätte. Ich lasse den Blick durch mein Wohnzimmer schweifen. Kein Tony Soprano weit und breit. Ich werfe einen Blick auf die Uhr des Videorecorders. Mary müsste jeden Augenblick kommen. Ich strecke mich ausgiebig. Nach dem Nickerchen - nach meinem Traum - fühle ich mich etwas entspannter.
    Aber warum musste er das Gespräch auf meine Mum lenken? Blöder, fetter Scheißgangster - dem sollte man das Therapieren verbieten.
    In diesem Moment klingelt das Telefon. Es ist meine Schwester.
    »Der Zeitpunkt ist denkbar schlecht«, begrüße ich sie. »Mary wird nämlich jeden Augenblick ...«
    »Aber du hast es mir versprochen«, protestiert Lisa. »›Ruf mich heute Abend an‹, hast du wörtlich gesagt.«
    Das kann ich jetzt überhaupt nicht gebrauchen. Ich schmore hier in meiner eigenen Hölle auf Erden, und meine Schwester versucht wie üblich, mich mit ihrer Version zu übertrumpfen.
    Aber ich habe ihr tatsächlich gesagt, dass sie anrufen soll.
    »Was gibt‘s?«, frage ich also, wobei ich mich (wenn auch nicht allzu sehr) bemühe, besorgt zu klingen.
    »Es ist... ich ... Gott, es ist furchtbar. Es geht um mich und Dan.«
    »Ich dachte, zwischen euch beiden läuft es gut. Er hat dich doch nicht etwa verlassen, oder doch?«
    »Nein, viel schlimmer. Ich kann dir das nicht am Telefon erklären. Kann ich bei dir vorbeikommen?«
    »Nein, Mary ist...«
    »Ich hör wohl schlecht? Ich bin dabei, den Verstand zu verlieren.«
    »Ich weiß nicht, ob ich dir im Moment eine große Hilfe wäre.«
    »Ich stecke in meiner größten Lebenskrise«, gibt sie hörbar gereizt zurück. »Ich hatte gehofft, du könntest ein paar Minuten für mich erübrigen. Schließlich helfe ich dir auch immer wieder aus der Patsche.«
    Jetzt bin ich an der Reihe, sauer zu werden. »Falsch, Lisa, du reitest mich doch immer hinein.«
    »Oh, leg doch um Gottes willen mal eine andere Platte auf«, keift sie los. »Und kümmere dich einmal um deine eigenen Probleme.«
    »Genau das versuche ich ja. Was denkst du denn, warum Mary vorbeikommt? Egal, was ist denn überhaupt auf einmal in dich gefahren, dass du mit mir über Dan sprechen willst? Seit zwei Jahren ist er der große Unsichtbare. Jedes Mal wenn ich nach ihm frage, wechselst du automatisch das Thema. Und jetzt kann es dir plötzlich nicht schnell genug gehen?«
    »Ha, das sagt genau die Richtige! Du bist doch sonst immer die Erste, die den Kopf in den ...«
    Bsss, bsss, bsssssss!
    Die Türklingel rettet mich - eigentlich hatte ich Angst vor dem Treffen mit Mary, aber jetzt danke ich Gott, dass er sie mir geschickt hat.
    »Ich muss jetzt, Lisa. Mary ist da.«
    »Oh, verstehe. Mach dir um mich keine Sorgen, hörst du?«, brüllt meine Schwester eingeschnappt, bevor sie den Hörer aufknallt.
    Immer noch stinksauer, drücke ich für Mary den Türöffner. Zumindest glaube ich, dass sie es ist - sie stürmt durch meine Wohnungstür mit Kopftuch und Sonnenbrille, eine Kombination, die ich noch nie an ihr gesehen habe. Sie sieht aus wie Audrey Hepburn in ihren romantischen Komödien aus den Sechzigern - obwohl man sich dabei eine Audrey mit Übergewicht vorstellen muss, genau wie Renée Zellweger in Bridget Jones . Bloß dass hier noch rund hundert Kilo dazukommen. Mary ist richtig dick.
    »Hi, Mary, komm ...«
    »Pschscht!«
    Sie schubst mich zur Seite, schleicht sich ans Fenster und späht nach draußen. Danach zieht sie die Vorhänge zu und nimmt schließlich Kopftuch und Sonnenbrille ab.
    »Ich glaube, ich habe sie abgehängt«, verkündet
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