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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Mannschaften an, wenn es Teams gab. Nirgal und die Jüngeren folgten ihnen und machten die Runde durch ihre verschiedenen Freundschaften und Hierarchien, die in dem täglichen Spiel endlos abgeschliffen wurden. So wie der kleine Frantz es einmal Nadia grob erklärte: »Harmakhis haut Nirgal; Nirgal haut mich; ich haue die Mädchen.« Oft wurde Nirgal dieses Spiels überdrüssig, das Harmakhis immer gewann, und pflegte zwecks besseren Vergnügens rund um den Teich zu laufen, langsam und gleichmäßig. Dabei fiel er in einen Rhythmus, der alles auf der Welt in sich einschloß. Es war eine Freude, eine Erheiterung, einfach so zu laufen und zu laufen ...
    Unter der Kuppel war es immer kalt, aber das Licht änderte sich ständig. Im Sommer leuchtete die Kuppel die ganze Zeit bläulich weiß, und unter den Oberlichtöffnungen standen helle Strahlenbüschel. Im Winter war es dunkel, und die Kuppel glänzte in reflektiertem Lampenschein wie das Innere einer Muschelschale. Im Frühling und Herbst wurde das Licht am Nachmittag zu Grau gedämpft, und es wurde gespenstisch finster. Die Farben waren nur noch durch die vielen Schattierungen von Grau angedeutet, und die Bambusblätter und Kiefernnadeln waren tiefschwarze Striche vor dem blassen Weiß der Kuppel. In solchen Stunden wirkten die Gewächshäuser wie große Lampions auf den Hügeln, und die Kinder gingen im Zickzackkurs heim wie Möwen und strebten zum Badehaus. Dort in dem langen Gebäude neben der Küche zogen sie sich aus und rannten in den dampfigen Ansturm des Hauptbades, rutschten auf den Bodenkacheln umher und fühlten, wie die Hitze in ihre Hände, Füße und Gesichter drang, während sie munter um die sich einweichenden älteren Leute planschten mit ihren schildkrötenartigen Gesichtern und verschrumpelten haarigen Körpern.
    Nach dieser warmen feuchten Stunde zogen sie sich wieder an und reihten sich feucht und rosa in die Schlange ein, füllten ihre Teller und setzten sich an die langen Tische zwischen die Erwachsenen. Es waren 124 ständige Einwohner; aber gewöhnlich gab es dort zu jeder Zeit ungefähr 200 Personen. Wenn alle Platz genommen hatten, nahmen sie die Wasserkrüge und schenkten dem Nachbarn ein. Dann stürzten sie sich mit Genuß auf die warme Speise, verschlangen Kartoffeln, Maiskuchen, Pasta, Tabouli, Brot, hunderterlei Gemüse und gelegentlich Fisch oder Geflügel. Nach der Mahlzeit pflegten die Erwachsenen über Ernten oder ihren Rickover-Generator zu plaudern, einen alten integralen Schnellen Brüter, den sie sehr liebten, oder über die Erde, während die Kleinen aufräumten und dann eine Stunde lang Musik spielten und sonstige Spiele betrieben, bis alle allmählich einschlummerten.
    Eines Tages kam von der Polkappe her eine Gruppe von zweiundzwanzig Personen an. Ihre kleine Kuppel hatte ihr Ökosystem eingebüßt durch etwas, das Hiroko spiraliges komplexes Ungleichgewicht nannte; und ihre Reserven waren zu Ende gegangen. Sie brauchten eine Zuflucht.
    Hiroko legte sie in drei der kürzlich reif gewordenen Baumhäuser. Sie stiegen die um die dicken runden Schößlinge laufenden Wendeltreppen hoch und jammerten über die zylindrischen Segmente mit den hineingeschnittenen Türen und Fenstern. Hiroko ließ sie die Arbeiten an den neuen Räumen beenden und am Rande des Dorfes ein neues Gewächshaus errichten. Es war allen klar, daß Zygote nicht so viel Nahrung wachsen ließ, wie sie jetzt benötigten. Die Kinder aßen so mäßig, wie sie konnten, indem sie die Erwachsenen nachahmten. »Man hätte den Ort Gamete nennen sollen«, sagte Cojote zu Hiroko, als er wieder vorbeikam, und lachte rauh.
    Sie winkte bloß ab. Aber vielleicht war Sorge an Hirokos distanzierterem Verhalten schuld. Sie verbrachte alle Tage mit Arbeit in den Gewächshäusern und unterrichtete die Kinder nur noch selten, wenn überhaupt. Wenn sie es tat, folgten ihr die Kleinen überall hin und arbeiteten für sie, indem sie Ernte einbrachten oder Kompost umwendeten oder jäteten. »Sie kümmert sich gar nicht um uns«, sagte Harmakhis ärgerlich eines Nachmittags, als sie am Strand entlanggingen. »Sie ist überhaupt gar nicht mehr unsere Mutter.« Er führte sie alle zu den Labors am Gewächshaus neben dem Tunnelhügel und scheuchte sie, wie er es so gut konnte.
    Drinnen zeigte er auf eine Reihe flacher Aluminiumtanks, eine Art Kühlgeräte. »Das sind unsere Mütter. Darin sind wir gewachsen. Kasei hat es mir gesagt, und ich habe Hiroko gefragt, und es ist wahr. Wir sind
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