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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
Autoren: Kim Stanley Robinson
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jenen, wo Esther lebte.
    Jackie stellte das Gerät an. »Pauline, spiel uns etwas von dem noch einmal vor, das mein Großvater gesagt hat!«
    »Nun, da sind wir«, sagte eine männliche Stimme.
    »Nein, etwas anderes. Wiederhole etwas, das er über die verborgene Kolonie gesagt hat!«
    Die männliche Stimme sagte: »Die verborgene Kolonie muß noch Kontakte zu Siedlungen an der Oberfläche haben. Es gibt zu viele Dinge, die sie nicht im Versteck herstellen können. Ich denke zum Beispiel an Reaktorbrennstäbe. Die werden sehr gut kontrolliert; und es könnte sein, daß Aufzeichnungen uns verraten, wohin sie verschwunden sind.«
    Die Stimme hielt an. Maya wies Jackie an, das Gerät weg zu tun, und fing mit einer weiteren Geschichtslektion an, worin so kurz und rauh auf russisch über das neunzehnte Jahrhundert gesprochen wurde, daß ihre Stimme zitterte. Und dann weiter Algebra. Maya legte großen Wert darauf, daß sie sehr gut ihre Mathematik lernten. Mit finsterem Kopfschütteln pflegte sie zu sagen: »Ihr bekommt eine fürchterliche Erziehung. Aber wenn ihr eure Mathematik lernt, könnt ihr später aufholen.« Dann sah sie sie scharf an und verlangte die nächste Antwort.
    Nirgal starrte sie an und erinnerte sich daran, als sie seine Böse Hexe gewesen war. Es wäre seltsam, hier zu sein, manchmal so grimmig und manchmal so fröhlich. Wie bei den meisten Leuten in Zygote konnte er sie ansehen und fühlen, wie es wäre, wenn er sie wäre. Er konnte es in ihren Gesichtern sehen, genau so wie er die zweite Farbe innerhalb der ersten sehen konnte. Das war eine Begabung, ähnlich seinem überscharfen Temperaturempfinden. Aber er verstand Maya nicht.
    Im Winter machten sie Beutezüge auf die Oberfläche zu dem nahe gelegenen Krater, wo Nadia eine Unterkunft baute, und zu den mit Eis übersäten Dünen dahinter. Aber wenn sich die Nebeldecke hob, mußten sie unter der Kuppel bleiben oder durften höchstens bis zur Fenstergalerie gehen. Man durfte sie nicht von oben sehen. Niemand war sicher, ob nicht etwa die Polizei aus dem Weltraum aufpaßte, aber am besten ging man auf Nummer Sicher. So etwa sprachen die Issei. Peter war fort, und seine Reisen hatten ihn zu der Ansicht gebracht, daß die Jagd nach verborgenen Kolonien vorbei sein müßte. Und daß diese Jagd auf jeden Fall aussichtslos wäre. »Es gibt Widerstandssiedlungen, die sich überhaupt nicht verstecken«, sagte er. »Sie könnten nie alle Signale überprüfen, die sie auffangen.«
    Aber Sax erwiderte nur: »Algorithmische Suchprogramme sind sehr effektiv.« Und Maya bestand darauf, außer Sicht zu bleiben und ihre Elektronik zu sichern und alle überschüssige Wärme tief ins Herz der Polkappe zu schicken. Hiroko stimmte mit Maya darin überein; und so fügten sich alle. »Mit uns ist es anders«, sagte Maya zu Peter mit gequälter Miene.
    Wie Sax ihnen eines Morgens in der Schule sagte, gab es etwa zweihundert Kilometer im Nordwesten ein Mohole. Die Wolke, die sie manchmal in dieser Richtung sahen, war seine Rauchfahne - an manchen Tagen groß und ruhig und an anderen in dünnen Fetzen nach Osten wehend. Als Cojote das nächste Mal vorbeikam, fragten sie ihn beim Essen, ob er dort gewesen sei; und er bejahte das und sagte, daß der große Schacht des Moholes bis dicht an das Zentrum des Mars reiche und sein Boden nichts als blubbernde flüssige feurige Lava sei.
    »Das stimmt nicht«, widersprach Maya. »Die Schächte reichen nur zehn oder fünfzehn Kilometer in die Tiefe, und ihre Böden sind hartes Gestein.«
    »Aber heißes Gestein«, erklärte Hiroko. »Und jetzt sind es, wie ich höre, zwanzig Kilometer.«
    »Und so arbeiten sie für uns«, beklagte sich Maya bei Hiroko. »Meinst du nicht, daß wir auf den Oberflächensiedlungen Parasiten sind? Deine Viriditas würde es ohne deren Ingenieurkunst nicht weit bringen.«
    »Es wird sich als eine Symbiose erweisen«, erwiderte Hiroko ruhig. Sie starrte Maya an, bis diese aufstand und wegging. Hiroko war in Zygote die einzige, welche Maya mit Blicken fertig machen konnte.
    Hiroko war, wie Nirgal dachte, als er nach diesem Meinungsaustausch seine Mutter ansah, sehr seltsam. Sie redete mit ihm und allen anderen wie auf gleicher Stufe; und tatsächlich waren für sie alle wirklich irgendwie gleich, aber keiner war es in spezieller Weise. Er erinnerte sich sehr genau, wie das anders gewesen war, als sie beide wie zwei Teile eines Ganzen gewesen waren. Aber jetzt zeigte sie an ihm nicht mehr Interesse als an jedem
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