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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Verteidigung war, daß er mit leicht gerunzelter Stirn sagte: »Warum was?« Das hemmte das Spiel für eine Weile; aber dann wurden Nirgal und Jackie immer geübter in der Entscheidung, was bei irgendeiner Äußerung am meisten ein Warum verdiente. Und solange sie das tun konnten, fühlte Sax sich verpflichtet weiter zu antworten, bis hin zum Urknall oder ab und zu einem gemurmelten »Wir wissen es nicht«.
    »Wir wissen es nicht!« pflegte die Klasse in geheucheltem Mißmut zu rufen. »Warum denn nicht?«
    Dann erklärte er mürrisch: »Es konnte noch nicht erklärt werden. Noch nicht.«
    Und so vergingen die guten Vormittage mit Sax. Sowohl er wie die Kinder schienen sich einig zu sein, daß sie besser wären als die schlechten Vormittage, wenn er ohne Unterbrechungen dahinleierte und vorwurfsvoll rief: »Dies ist wirklich wichtig«, wenn er sich von der Tafel abwandte und sah, wie viele Köpfe schnarchend auf den Pulten lagen.
    Eines Morgens blieb Nirgal, der sich Gedanken machte über Saxens mürrisches Gesicht, in der Schule zurück, bis nur noch er und Sax übrig waren. Dann fragte er: »Warum mögen Sie es nicht, wenn Sie nicht sagen können, warum?«
    Sax runzelte die Stirn. Nach langem Schweigen sagte er langsam: »Ich versuche zu verstehen. Schau, ich achte sehr genau auf die Dinge. So genau ich nur kann. Ich konzentriere mich auf die Besonderheit jedes Augenblicks. Und ich möchte verstehen, warum es so geschieht, wie es ist. Ich bin neugierig. Und ich denke, daß alles, was geschieht, einen Grund hat. Alles. Also sollten wir fähig sein, diese Ursachen herauszufinden. Wenn wir das nicht können - na schön. Das gefällt mir nicht. Es ärgert mich. Manchmal nenne ich es ... « - er warf Nirgal einen scheuen Blick zu, und Nirgal erkannte, daß er das noch nie jemandem gesagt hatte -, »ich nenne es das große Unerklärbare.«
    Es war die weiße Welt, merkte Nirgal plötzlich. Die weiße Welt innerhalb der grünen, das Gegenteil von Hirokos grüner Welt innerhalb der weißen. Und ihre diesbezüglichen Gefühle waren gegensätzlich. Wenn Hiroko mit etwas Geheimnisvollem konfrontiert war, sah sie es von der grünen Seite, liebte es, und es machte sie glücklich. Es war Viriditas, eine heilige Kraft. Von der weißen Seite gesehen, wenn Sax auf etwas Mysteriöses traf, war es das Große Unerklärliche, gefährlich und furchtbar. Er war am Wahren interessiert, Hiroko dagegen am Realen. Oder vielleicht war es gerade umgekehrt. Diese Wörter sind so tückisch. Besser war es zu sagen, daß sie die grüne Welt liebte und er die weiße.
    »Aber ja!« sagte Michel, als Nirgal ihm diese Beobachtung mitteilte. »Sehr gut, Nirgal. Deine Sehweise ist so klug. In archetypischen Terminologien könnten wir mit Grün und Weiß den Mystiker und den Wissenschaftler bezeichnen. Beide sind höchst mächtige Figuren, wie du siehst. Aber was wir brauchen, ist, wenn du mich fragst, eine Kombination dieser zwei, die wir den Alchemisten nennen.«
    Das Grüne und das Weiße.
     
    Am Nachmittag waren die Kinder frei zu tun, was sie wollten; und manchmal blieben sie mit dem Lehrer des Tages zusammen, aber noch öfter liefen sie zum Strand oder spielten im Dorf, das in eine Gruppe niedriger Hügel eingebettet war, halbwegs zwischen dem Teich und dem Tunneleingang. Sie stiegen die Wendeltreppen der großen Bambusbaumhäuser hinauf und spielten Verstecken zwischen den übereinanderliegenden Räumen und den Seitenästen und Hängebrücken dazwischen. Die Bambusschlafstätten bildeten eine Sichel, innerhalb derer sich der größte Teil des Dorfs befand. Jeder große Sproß war fünf oder sieben Segmente hoch, von denen ein jedes ein Zimmer bildete, das mit der Höhe immer kleiner war. Die Kinder hatten jeder einen eigenen Raum in den obersten Abschnitten der Stämme - vertikale Zylinder mit Fenstern, die vier oder fünf Fuß breit waren, wie die Türme der Schlösser in ihren Geschichten. Unter ihnen hatten in den mittleren Segmenten die Erwachsenen ihre Zimmer, meistens allein, aber manchmal auch paarweise. Und die Segmente am Boden waren Wohnund Aufenthaltsräume. Aus den Fenstern der obersten Zimmer blickte man auf die Dächer des Dorfes, die im Kreis von Hügeln, Bambus und Gewächshäusern wie Miesmuscheln in den Untiefen des Teichs zusammengedrängt waren.
    Am Strand suchten sie nach Muscheln oder spielten Ball oder schössen zwischen den Dünen auf Schaumflocken. Gewöhnlich suchten Jackie und Harmakhis die Spiele aus und führten die
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