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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live
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weiter auf diese wenig aufschlußreiche Äußerung ein und sagte: »Laß uns die Brücke ansehen.«
    Gemeinsam fuhren sie mit dem winzigen offenen Aufzug auf eine Höhe von vierzig Metern hinauf. Natascha lehnte sich gegen das Geländer zurück; sie nahm ihre blaue NASA-Fliegermütze ab und ließ den trockenen, heißen weißen karibischen Wind durch ihr zentimeterkurzes Oberhaar streichen und die beiden langen gelben Zöpfe schaukeln. Während die Gondel aufwärts ratterte, breitete sich Landfill Island um sie herum aus. Als eine der ersten vereinigten souveränen Nationen war es auf dem flachen Meeresboden errichtet worden. Der Geruch, der am Boden Ekel erregte, war hier oben ein süßer Duft. Die (fast) eßbare Insel lockte große Mengen von Fischen an, und wenn im Hafen auch keine Jachten lagen, so gab es doch viele Fischerboote – überschattet von zwei riesigen Fabrikschiffen, Fischverarbeitungsbetrieben aus Japan. Im Norden lag eine Schrotthalde von leichtem Fluggerät und gewerblich abgeschriebenen und geborgenen Maschinen, bleichend in der Sonne, Artefakte aus Korallen und Aluminium. Das Betriebsgelände von Landfill Motors im Süden und das von Midori’s Aerospace Parts im Norden sahen für Bass beunruhigend austauschbar aus.
    »Ich habe gehört, daß du geheiratet hast.«
    »Ich habe gehört, daß du Hunde züchtest.«
    »Jagdhunde. Ich würde mich nicht mit gewöhnlichen Hunden abgeben. Um diese Reise machen zu können, habe ich sie alle verkauft.«
    »Du wirst alt, Bass«, sagte Natascha Kirow, als sie oben angekommen waren und die verrostete orangefarbene Gondel aus Maschengeflecht ächzend zum Stillstand kam. Das war das höchste Kompliment. Nach den Jahren im Weltraum saß ihnen eine ganz spezielle eigene Zeituhr in den Knochen.
     
    Von Deck aus war die Insel ringsum sichtbar: der flache Sandstrand nördlich von Haiti und südlich der Bahamas, bedeckt mit Gestrüpp. Landfill Island war vor der Großen Depression der wichtigste Raumhafen in der Karibik gewesen, doch jetzt, da die Leute nur noch selten ins All reisten, sah die flache, zwei Stockwerke hohe und zwei Blocks lange Stadt Port Orbital wie die Geisterstadt aus, die sie war.
    Zwei weitere Schiffe der Columbia- Klasse,eine Ariane mit einer Ein-Mann-Reparaturkapsel in Gemini-Größe und ein Shuttle der Sojus- Klasse waren in unterschiedlichem Maße heruntergekommen an der Rollbahn abgestellt. Der US-Park-Service-Shuttle war, als er noch nicht so alt war, von Canaveral gestartet, das sich im Besitz von Heinz-Krupp befand. Nur ein paar Unabhängige starteten immer noch von Landfill, größtenteils Dienstleistungs-Kommunikations-Satelliten.
    Im Innern des offenen Hangars führte eine Leiter hinauf zum Flugdeck. Es war dreckig. Kaugummi klebte unter den Sitzen, und die Instrumententafel zierte ein Furry-Freak-Brother-Aufkleber. Die Innenseite des Notausgangs war mit Tagala-Graffitis beschmiert. Ohne zu fragen, nahm Bass im Pilotensitz Platz. Natascha Kirow war die Kommandantin des Unternehmens, doch er würde alle kleineren Maschinen steuern. Lediglich die Mary Poppins würde sie selbst fliegen.
    »Glaubst du, daß dieses Ding fliegt?«
    Das war Bass’ Standardwitz. War es ein Witz? Er hatte einst für eine bedeutende Fluggesellschaft gearbeitet, bis er die Frage während des Anrollens zum Start bei angeschalteten Kabinenlautsprechern gestellt hatte.
    »Ich sehe keinen Grund, warum nicht«, antwortete Natascha Kirow und klopfte auf die vordere Instrumententafel. Bass hatte nur das Shuttle gemeint, doch sie dachte bereits an die gesamte Reise. »An der Hardware ist nichts auszusetzen. Das Zeug ist zwar zwanzig Jahre alt, aber was sind schon zwanzig Jahre? Dieses Schiff hier ist Schrott, aber die Mary P… Ich möchte wetten, daß sogar die Nahrungsmittel noch gut sind! Die Hälfte der Hardware befindet sich bereits auf dem Mars. Die Landefähre ist im Phobos-Orbit, die Treibstoff-Prozessoren sind auf dem Marsboden, und zwar fast seit der Jahrhundertwende. Es müßte funktionieren. Was meinst du?«
    »Ich will dir eine Geschichte erzählen«, sagte Bass. »Ich habe mir mal einen Pontiac gekauft, damals, als ich Frachter-Pilot war.«
    Natascha Kirow drehte sich um und ging zu dem orangefarbenen Stahlaufzugdeck zurück. Sie hatte Bass’ Geschichten als langatmig in Erinnerung, und es war zu heiß, um sich eine im Innern des vollgestopften Flugdecks anzuhören.
    »Es war ein GTO, Baujahr neunundsechzig, den eine Frau ihrem Sohn als Willkommensgruß zu
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