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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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hatte er sich dann vor etwa drei Jahren angeblich nach Kanada abgesetzt; sehr gut erinnerte ich mich noch an die einschlägigen Artikel in der Lokalpresse, die mir ein Freund regelmäßig faxte. »Gesuchter Waffenhändler aus Fahrenhorst flieht nach Kanada!« , hieß es darin – darunter eine martialische Schwarzweiß-Fotografie meines Onkels in Bundeswehruniform.
    Für Monate war dies das beherrschende Dorfthema gewesen und wurde von allen bekannten und berüchtigten Klatschmäulern des Ortes ausgiebig diskutiert. Als er in Kanada kurze Zeit später nach einem Fährunglück als vermisst gemeldet und anschließend für tot erklärt wurde, verliefen sich die Spekulationen nach und nach. Mein Onkel hatte kein Testament hinterlassen, doch da ich sein letzter noch lebender Verwandter war, fielen mir das urige kleine Waldhäuschen samt Grundstück sowie eine bescheidene Lebensversicherung zu. Nur kurz hatte ich überlegt, bevor ich die Erbschaft annahm, in Oldenburg meine Sachen packte und mit Bruno vor einem Jahr hierher zog.
    Einige Renovierungsmaßnahmen im Inneren waren unerlässlich gewesen, denn mein Onkel hatte offenbar nicht viel Interesse an der pfleglichen Behandlung seines neuen Eigentums gehabt. Insbesondere das Wohnzimmer hatte mir Kopfzerbrechen bereitet: Rund um den Kamin hatten Rauch- und Feuerspuren unverkennbare Schäden hinterlassen. Ich konnte mir diese nicht erklären, war aber froh, dass nicht das ganze Haus abgefackelt war!
    Der Tratsch im Dorf kam für kurze Zeit noch einmal richtig in Fahrt und es wurde über meine potenziellen Verwicklungen in die krummen Geschäfte meines Onkels spekuliert. Doch auch das beruhigte sich wieder.
    Zuerst war ich mir nicht sicher gewesen, ob ich mich dem Dorfgerede und den neugierigen Blicken wirklich aussetzen wollte. Im Nachhinein war ich aber sehr froh, das Haus und das dazugehörige große Waldgrundstück behalten und nicht verkauft zu haben. Bruno konnte ich jetzt auch mal länger draußen lassen und einigermaßen unabhängig leben.
    Vorsichtig setzte ich mich, um ja nichts von dem Kaffee auf dem Sessel zu verschütten. Erwartungsvoll schaute ich auf die Glotze, die mich gleich auf den neuesten Stand der Ereignisse bringen würde. In der Regel waren die Nachrichten im »Frühstücksfernsehen« nicht sehr erfreulich, trotzdem zogen sie mich allmorgendlich aufs Neue an. Mein beständig und jahrelang von den Medien aufgebautes Informationsbedürfnis wurde durch ebensolche Sendungen scheinbar befriedigt und ich ließ es mir wehrlos gefallen.
    Gerade lief ein Bericht über einen schweren Selbstmordanschlag von Taliban-Kriegern auf einen Konvoi der US-Botschaft in Afghanistan. Der Attentäter hatte sein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug in die Kolonne gesteuert und dann zur Explosion gebracht. Glücklicherweise hatte es nur Verletzte gegeben. Es folgten Meldungen über einen in Afghanistan freigekommenen italienischen Journalisten sowie zwei im Irak entführte Deutsche. Was für eine Nachrichtenlage!
    Hastig kippte ich, nach einem Seitenblick auf die Uhr, den Rest meines Kaffees hinunter und schaltete den Fernseher wieder aus. Ich wollte nach Oldenburg in die Uni-Bibliothek fahren, um ein wenig für eine Hausarbeit zu recherchieren. Mein Studium als Konstruktionstechniker war leider zeitraubender, als ich es mir vorgestellt hatte, und es ließ mir kaum Gelegenheit, auch noch das dringend nötige Geld zu verdienen. Aber immerhin wohnte ich umsonst!
    Seufzend erhob ich mich, ergriff meine Tasche unterm Sekretär sowie Jacke und Schlüssel, scheuchte Bruno hinaus und schloss die Tür. Ich erklärte meinem Hund, dass ich erst am frühen Nachmittag wieder zurück sein würde. Verständnis dafür konnte ich von ihm jedoch nicht erwarten. Traurig setzte er sich auf seinen Hintern und glotzte mich mit hängenden Ohren und schief liegendem Kopf an. Wie immer würde für ihn eine gefühlte Ewigkeit bis zu meiner Rückkehr vergehen, die er dösend im Hauseingang oder auf Streifzügen im Garten verbrachte.
    Mein Weg zur Fachbuchabteilung für den Metallbau führte mich an einem Dutzend PCs vorbei, die zur Internetrecherche für die Studenten bereitstanden. Bis auf einen in der hintersten Ecke waren sie alle unbesetzt. Gedämpftes Lachen und Gemurmel drangen von dort an mein Ohr. Gedankenverloren blickte ich hinüber und erkannte Basti und Max, zwei meiner Kommilitonen. Basti strich sich gerade die langen, im Nacken zu einem Zopf gebundenen Haare hinters Ohr und schaute gebannt
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