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Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Titel: Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)
Autoren: Mark Brandis
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ich einen guten Griff getan. Unter seiner braunen Zigeunerhaut schlug das Herz eines geborenen Piloten. Oft, wenn ich ihn am Kommandopult beobachtete, bewunderte ich die traumwandlerische Sicherheit, mit der er sich, von keiner Navigationshilfe geführt, unter den Sternen zurechtfand. Er ging mit dem Schiff um wie ein Pußta-Reiter mit seinem Pferd: teils liebevoll, teils rauh – je nachdem, wie es das Schiff verdiente.
    Im übrigen war Grischa Romen meines Wissens der einzige Pilot im Dienst der VEGA, der mehrere Instrumente beherrschte. Bei den Paganini-Festkonzerten in Budapest hatte er sich als virtuoser Violinist zu erkennen gegeben und war mit dem zweiten Preis ausgezeichnet worden. An Bord bevorzugte er die Mundharmonika; er spielte sie mit unglaublicher Meisterschaft, und sein Repertoire an alten, teils melancholischen, teils überschwenglichen Zigeunerweisen war schier unerschöpflich. Die Mundharmonika begleitete ihn auf Schritt und Tritt.
    Im Gegensatz zu mir, so kam es mir mitunter vor, empfand Captain Romen eine gewisse Zuneigung zur Ares I.
    Das Störrische, Unberechenbare an diesem Schiff schien ihn zu reizen.
    Kurz bevor die Ares I in die Erdumlaufbahn eintrat, sprach mich Captain Romen noch einmal an. »Ich habe da ein Problem, Sir, mit dem ich allein nicht fertig werde.«
    »Und?«
    »Es hat nichts mit diesem Flug zu tun. Eher eine private Angelegenheit. Erinnern Sie sich noch an SALOMON 76?«
    »Ja.«
    »Und an all das Gerede von Recht und Gerechtigkeit?«
    »Ja.«
    Captain Romen wandte sich mir zu, und ich las etwas in seinen Augen, was mich beunruhigte. »Ein guter Freund von mir ist verurteilt worden. Ich erfuhr es auf der Venus. Ein Verkehrsunfall, fahrlässige Tötung. SALOMON 76 gab ihm fünf Jahre.«
    »Ihr Freund wird das verdient haben, Captain«, antwortete ich ausweichend.
    »Ich weiß nicht.« Captain Romen hob die Schultern. »Ich habe vor dem Start noch einmal mit ihm telefoniert. Er schwört, er wäre unschuldig.«
    »Und Sie glauben ihm?«
    »Natürlich, Sir.«
    »Warum erzählen Sie mir das?«
    »Warum? Nun, Sir, ich will aufrichtig sein. Sie stehen sich gut mit Direktor Harris. Dieser wiederum ist mehr oder minder befreundet mit dem ehemaligen Justizminister. Vielleicht ließe sich auf diesem Wege für meinen Freund etwas unternehmen. Das Urteil muß noch einmal überprüft werden.«
    Ein Gefühl der Verärgerung überkam mich. Captain Romen ging mit diesem Ansinnen entschieden zu weit. Seine Treue zu diesem mir unbekannten Menschen in Ehren – aber dieser hatte zweifellos lediglich bekommen, was ihm zustand, nach sorgfältiger Prüfung aller Umstände und Fakten. Und nun sollte ich ihn mit meinen Beziehungen gewissermaßen durch die Hintertür wieder herausholen? Selbst wenn ich gewollt hätte: dies zu tun stand nicht in meiner Macht.
    »Captain«, sagte ich, wobei ich nach Möglichkeit alle Schärfe unterließ, »Sie wären ein miserabler Richter. Nur weil Sie gewisse Sympathien für diesen Menschen hegen, spricht Ihr Herz ihn frei. Finden Sie sich damit ab, daß er ein gerechtes Urteil bekommen hat!«
    Captain Romens braune Augen verschleierten sich. »Sir, muß ich das so verstehen, daß Sie es ablehnen, mir in dieser Angelegenheit zu helfen?«
    »Ja«, sagte ich kühl. »Und ich will Ihnen auch mitteilen, weshalb ich ablehne. Ich empfinde Ihr Ansinnen als ungehörig und unmoralisch. Wir leben in einer Epoche, in der das Recht unbestechlich ist. Daran werde ich nicht rühren.«
    Captain Romen wandte sich ab. Noch um einige Grad frostiger als ich erwiderte er: »Dann vergessen Sie, Sir, daß ich dies zur Sprache gebracht habe. Ich hatte auf Ihr Verständnis gebaut.«
    »Sie sollten besser auf die Schiffsführung achten!« sagte ich eisig. »Der Instrumentencheck ist seit einer halben Minute fällig.«
    Zum ersten Mal war ich mit Captain Romen unzufrieden – und vielleicht trug diese Verstimmung zur bevorstehenden Katastrophe bei. In jedem andern Fall wäre es mir schwerlich in den Sinn gekommen, ihm im entscheidenden Moment die Schiffsführung aus der Hand zu nehmen. Niemand vermag zu sagen, ob ihm mehr Glück als mir beschieden gewesen wäre: Tatsache jedoch ist, daß ich, als es darauf ankam, vom Glück verlassen war.
    Einstweilen jedoch war die Katastrophe noch ein unbekanntes Stück Zukunft. Um 09.37 Uhr Metropoliszeit trat die Ares I in die Umlaufbahn um die Erde ein, und ich rief, bevor ich das Schiff zum Landeanflug freigab, Alle Stationen .
    »Hier spricht der
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