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Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Titel: Mark Brandis - Raumsonde Epsilon
Autoren: Mark Brandis
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eine Lagebesprechung statt.«
    Captain van Kerk löste sich aus den Gurten. »Eine Frage, Sir!« bemerkte er kühl. »Was unternehmen wir in der Angelegenheit Lieutenant Koskinen?«
    »Was würden Sie denn unternehmen?« fragte ich.
    »Man könnte zurückfliegen«, sagte er.
    »Ausgezeichnet!« sagte ich. »Nur fehlen uns hierzu leider die Navigationshilfen.«
    Captain van Kerks Miene wurde auf einmal bekümmert. »Sie haben recht. Sir. Meine Bemerkung war unbedacht. Ich bitte um Entschuldigung, Sir.«
    »Entschuldigung angenommen, Captain«, sagte ich. »Mir ist genauso schwer ums Herz wie Ihnen, vielleicht noch mehr. Aber das Zurückblicken hilft uns nicht weiter. Wir sitzen in der Tinte und müssen zusehen, wie wir wieder herauskommen.«
    »Ohne Navigationshilfen?«
    »Ohne Navigationshilfen!« bestätigte ich. »Ich setze mein Vertrauen auf Lieutenant Stroganow.«
    Nach außen hin gab ich mich zuversichtlich und gelassen, von Kopf bis Fuß Commander und Herr der Lage. Auf diesen Augenblick hin hatte man mich geschult und erzogen. Regel Nummer Eins: Die Lage kann noch so hoffnungslos sein – der Commander darf dies nicht zugeben! In Wirklichkeit war ich ein einziges Nervenbündel aus Sorgen und Ängsten. Die Situation war ernst, fast verzweifelt. Die Hermes – ein waidwundes Schiff, die Erde – dreihundertunddreizehn Tagereisen von uns entfernt!
    Mein Rang verpflichtete mich, meine Befürchtungen für mich zu behalten. Was die Besatzung jetzt am wenigsten brauchen konnte, war ein kopfloser Commander. Wenn es überhaupt etwas gab, was uns helfen konnte, diese Lage zu meistern, dann war dies Besonnenheit.
    Eine Besatzung ist immer nur so gut wie ihr Commander: die alte Weisheit, gültig, seitdem das erste windgetriebene Schiff die Bläue des Ozeans furchte – diesmal galt sie mehr denn je.
    Im Verlauf der Lagebesprechung behielt ich, so hart es mich auch ankam, meine optimistische Haltung bei. Ich eröffnete sie mit eine Schweigeminute.
    Stehend, gesenkten Hauptes gedachten wir unseres Zweiten Ingenieurs. Danach schilderte ich den Männern ohne jede Beschönigung den Zustand des Schiffes.
    »Die Situation, in der wir uns befinden«, gab ich unumwunden zu, »ist ernst. An eine Rückkehr zur Erde ist unter diesen Umständen nicht zu denken. Mit einem Schiff, das nur noch zu sechzig Prozent manövrierfähig ist, in eine Erdumlaufbahn einzutreten, wäre glatter Selbstmord. Mein Vorschlag geht dahin, die nächste bemannte Raumstation anzusteuern, um dort die erforderlichen Reparaturen auszuführen. Danach mag VEGA entscheiden, wie es weitergehen soll.«
    Kein Widerspruch wurde laut. Mein Vorschlag fand die Zustimmung der Besatzung.
    Ich wandte mich an Lieutenant Stroganow. »In den nächsten Tagen und Wochen sind Sie der wichtigste Mann an Bord, Lieutenant. Auf Sie – auf Ihre Kenntnisse und Erfahrungen – kommt es jetzt an. Wenn wir den Versuch unternehmen, ohne alle technischen Navigationshilfen auf unserem Heimweg eine solche rettende Insel zu finden.«
    Der stämmige Sibiriak wiegte den Kopf. »Das wird nicht leicht sein, Sir.«
    »Nicht leicht – oder ausgeschlossen?«
    »Nicht leicht, Sir. Aber ich werde hinfinden.«
    »Sehr gut! Problem Nummer Zwei: Welche Raumstation käme in Betracht? Ich nehme an, Sie haben darüber bereits nachgedacht.«
    »So ist es, Sir.« Iwan Stroganow nickte. »Wenn mich nicht alles täuscht – und das könnte man ja nachprüfen – liegt uns Isidor am nächsten. Ich möchte mich jetzt nicht festlegen – aber ich schätze, daß wir in etwa neun Tagen dort sein könnten.«
    Isidor: die Daten waren mir geläufig; ich brauchte nicht erst im Handbuch nachzuschlagen. Die modernste Raumstation der EAAU unter den Sternen, Typ STELLANORM. Zwei Millionen sechshunderttausend Kubikmeter, internes Schwerefeld, vollklimatisiert, eine komplette Großwerft, diverse Observatorien, reichhaltiges Depot, 627 Mann Besatzung – ursprünglich projektiert als Sprungbrett für Expeditionen an den Rand der Galaxis, als solches jedoch seit der Entwicklung der Epsilon-Klasse überflüssig und zum Stützpunkt der Strategischen Raumflotte umgerüstet.
    Es bedurfte keines langen Nachdenkens. Wenn irgendwo, dann fanden wir auf Isidor, was wir für die Instandsetzung der Hermes benötigten: eine Werft, geschulte Techniker und Material.
    »Einverstanden, Lieutenant«, sagte ich – und verlängerte damit ahnungslos die Kette der verhängnisvollen Ereignisse um ein weiteres Glied. »Sobald Sie unsere Position
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