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Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Titel: Mark Brandis - Raumsonde Epsilon
Autoren: Mark Brandis
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haben, Lieutenant. Vielleicht lassen Sie Ihren Computer schon mal rasseln. Er wird eine exakte Beschreibung des Heimwegs benötigen.«
    »Aye, aye, Sir«, bestätigte Lieutenant Stroganows bärbeißige Stimme. »Wird gemacht. Ich werde ihm schon heimleuchten.«
    Eines nur befremdete mich: das Bild auf dem Monitor. Statt längsseits zu gehen, wie es sich geziemt hätte, beschrieb die Delta VIII eine spiralförmige Flugfigur und setzte sich damit über die gleichmäßig dahinziehende Hermes.
    »Brücke an FK!« sagte ich scharf. »Blinkspruch an den Schweren Kreuzer! Fragen Sie an, was er mit seinem ungehörigen Verhalten bezweckt!«
    »Blinkspruch an den Schweren Kreuzer!« bestätigte Lieutenant Mercier. »Aye, aye, Sir.«
    »Fügen Sie hinzu«, ergänzte ich ergrimmt, »er soll von meinem Nacken verschwinden!«
    »Wird prompt ausgerichtet«, antwortete Lieutenant Mercier vergnügt. »Aye, aye, Sir.«
    Sein französisches Temperament regte sich. Im Formulieren spitzfindiger Bosheiten war er Meister.
    Der Zweite Ingenieur meldete sich. »Ich beginne jetzt mit dem Aufrichten der Antennen. Sir. Was will eigentlich der Schwere Kreuzer von uns? »
    »Scheint sich verfranst zu haben«, erwiderte ich. »Lassen Sie sich nicht stören. Wir werden ihm schon heimleuchten.«
    Die Delta VIII hatte sich inzwischen der Hermes so weit genähert, daß ich die Registriernummer und den Namen erkennen konnte:
    SK 633
    Division Venus
    ZEUS
    Beides – Registriernummer und Namen – notierte ich im Bordbuch, ergänzt durch Datum und Uhrzeit der Begegnung. Es sollte eine meiner letzten Eintragungen in dieses Bordbuch werden.
    Aus dem Lautsprecher drang Lieutenant Simopulos‘ entsetzter Aufschrei: »RC an Brücke! Sir – Sir, der Schwere Kreuzer greift uns an!«
    Einen Atemzug lang – beschäftigt mit der Eintragung in das Bordbuch – hatte ich den Monitor aus den Augen gelassen, und schon hatte sich das Bild erneut geändert. Die Delta VIII hatte sich in die für sie günstige Angriffsposition manövriert, und nun – ohne jede Vorwarnung – eröffnete sie das Feuer.
    Niemand hatte damit gerechnet. Der Angriff traf ein unvorbereitetes, friedfertiges Schiff. Aus heiterem Himmel brach über die Hermes die Hölle herein: eine Hölle aus prasselnden Geräuschen, die das Schiff nach seinen verwundbaren Stellen abtasteten und immer lauter wurden, bis alle Räume ausgefüllt waren von einem ohrenbetäubenden Rauschen, mit dem sich der Untergang ankündigte; eine Hölle aus plötzlich erhitzter Luft, die in den Lungen und Augen brannte und sengte, angefüllt mit den giftigen, betäubenden Dämpfen von verschmorendem Metall und Kunststoff.
    Und mitten in dieser Hölle, eine Sekunde nur vor der allesverzehrenden weißglühenden Lohe, drückte ich, der Commander – dem die Verantwortung für dieses sterbende Schiff oblag –, den Alarmknopf, während ich gleichzeitig schrie: »Commander an Pilot! Freies Manöver!«
    Captain van Kerk hatte ich kennengelernt als einen Menschen mit mancherlei Fehlern und Schwächen; nun jedoch – auf der Schwelle des Todes – lernte ich hinzu. »Sir«, erwiderte Captain van Kerk mit bleichem, verstörtem Gesicht, »Lieutenant Koskinen ist noch draußen!«
    Glaubte er wirklich, ich hätte meinen Zweiten Ingenieur vergessen? Die Sterne wissen es: Bedenkenlos hätte ich mich selbst zum Tausch angeboten, wenn Lieutenant Koskinen damit zu retten gewesen wäre.
    Die Auflösung des Schiffes zeichnete sich ab. Der Schwere Kreuzer hatte seinen vernichtungsträchtigen Energiespeicher aufgerissen, und die Hermes war seinem Feuer preisgegeben – unmöglich, daß Koskinen noch atmete.
    »Captain«, schrie ich, »führen Sie endlich aus, was ich sage!«
    Captain van Kerk kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. »Sobald der Lieutenant an Bord ist«, erwiderte er, »nicht früher!«
    Sein Mut ehrte ihn – auch wenn er es nicht wagte, die bittere Wahrheit anzunehmen.
    Ich ließ den Sessel herumschwingen, stieß Captain van Kerks Hand vom Regler fort und drückte diesen tief hinein in das rote Feld.
    Das Triebwerk sprang an. Eine unsichtbare Wand legte sich auf meine Brust und preßte den letzten klaren Gedanken aus mir heraus. Beschleunigend löste sich die Hermes aus dem Angriff des Schweren Kreuzers.
    Es hätte – wie es sich bald darauf zeigte – nicht den Bruchteil einer Sekunde später geschehen dürfen. Mein Eingreifen rettete das Schiff vor der Vernichtung. Diese Rettung war – vielleicht! – erkauft mit
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