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Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Titel: Mark Brandis - Raumsonde Epsilon
Autoren: Mark Brandis
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Sie hätten uns kurzerhand von der Sonde weggeputzt ... das soll heißen, Euer Ehren, sie hätten auf uns das Feuer eröffnet.
    Vorsitzender:
    Sie beschlossen also, sich zu fügen?
    Brandis:
    Ja, Euer Ehren.
    Vorsitzender:
    Und nahmen Kurs auf die Sahara?
    Brandis:
    Um präzise zu sein, Euer Ehren, ich nahm Kurs auf das Arsenal der Division Sahara vor den Toren von Fort Lamy.
    Vorsitzender:
    Allein?
    Brandis:
    Nein, Euer Ehren. Der Verband eskortierte uns.
    Zorn und Empörung erfüllten mich – zugleich jedoch war ich mir darüber im klaren, daß es sich dabei um völlig ohnmächtige Gefühle handelte. Ich war Gewalten ausgeliefert, auf die ich keinen Einfluß hatte. Widerstand war zwecklos – eine leere, deklamatorische Geste, die nicht nur mein Leben gekostet hätte, sondern auch das der mir anvertrauten und mir vertrauenden Besatzung.
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich geglaubt, in der besten und vollkommensten Demokratie zu leben, die die Geschichte kennt. Nun, plötzlich, traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel die Erkenntnis, daß diese scheinbar vollkommene Ordnung bedroht war. Sand war in das Getriebe geraten. Unter dem Vorwand der Verteidigung griffen die Militärs nach der Macht.
    Die Militärs brachen aus der Ordnung aus. Für den Besitz der Epsilon-Bootes-Sonde waren sie bereit, jeden Preis zu zahlen, selbst den des Ungehorsams.
    Was konnte ich noch tun?
    Ich war – wie ich Captain van Kerk sehr zutreffend gesagt hatte – mit meinem Latein am Ende. Ich war so weit gegangen, die volle Verantwortung für ihre Vernichtung auf mich zu nehmen. War es meine Schuld, daß der Versuch mißlungen war?
    Verstohlen blickte ich auf meine Hände. Ich fing an, sie mir schmutzig zu machen.

Kapitel 22
    Die Zeus und der sie eskortierende Verband waren in eine Umlaufbahn in die Erde eingetreten. Nach einem kurzen Aufenthalt wurde der Landeanflug fortgesetzt. Lieutenant Stroganow rechnete noch einmal nach. Der letzte Zweifel schwand: am Ende der programmierten Spirale lag Fort Lamy, der Stützpunkt der Division Sahara – mit seinen Pisten, Werften und Arsenalen. Und mit seinen mächtigen unterirdischen Laboratorien, die so gut wie nie von einem Zivilisten betreten werden durften. In der Tat: die Epsilon-Bootes-Sonde würde in guter Obhut sein!
    Wie angekündigt, erschien Captain van Kerk, von Grischa Romen gestützt und geleitet, im Cockpit. Fast volle fünf Minuten verbrachte er am Teleskop, den Blick unverwandt auf unsere schillernde Medusa gerichtet, unbewegten Gesichts.
    Als er sich schließlich abwandte, klang seine Stimme gleichmütig: »Und das ist alles, Sir?«
    »Das ist alles, Captain.«
    »Eine Blechbüchse auf einem Suppenteller! Und wir sollten nicht in der Lage sein, sie zu zerstören?«
    »Genauso verhält es sich, Captain. Wir sind nicht in der Lage.«
    Captain van Kerk schwieg. Die Schmerzen setzten ihm zu. Diese wenigen Schritte zu tun – wieviel Energie, wieviel Überwindung mußte ihn das gekostet haben! Was hielt ihn nur aufrecht? Der Wille zum Leben konnte es nicht sein. Captain van Kerk wußte nur zu gut, daß seine Stunden gezählt waren – und daß an dieser Tatsache auch alles Lebenwollen nichts zu ändern vermochte.
    »Eine Frage noch, Sir. Wie haben wir gekoppelt?«
    »Einfache Magnetkoppelung. Warum fragen Sie?«
    Seine Augen blickten stumpf. »Nur so, Sir. Es hat nichts zu bedeuten.«
    Grischa Romen brachte ihn in den Ruheraum zurück; er vermochte sich kaum noch auf den Beinen zu halten. Ich ahnte nicht, daß der letzte Akt dieser ungewöhnlichen Reise begonnen hatte.
    Auch hierüber gibt das Protokoll der Gemischten Kommission Auskunft. Dennoch ziehe ich es vor, diesen letzten Akt mit meinen eigenen Worten zu schildern. Captain van Kerk hat diesen bescheidenen zusätzlichen Aufwand an Mühe verdient.
    Ich muß vorausschicken, daß ich dem kurzen Dialog mit Captain van Kerk bis zuletzt keine Bedeutung zumaß – und ich räume ein, daß ich dies hätte tun müssen. Zu meiner Entschuldigung sei angeführt, daß ich mich im unmittelbaren Anschluß an dieses Gespräch in einem schwierigen Manöver befand.
    Bei allen Errungenschaften auf dem Gebiet der Astronautik war und ist das Eintauchen eines Schiffes in die Erdatmosphäre jedesmal wieder ein Duell mit den Kräften der Natur – ein Duell, das den Piloten zu höchster Konzentration zwingt und ihm seine volle Aufmerksamkeit abverlangt.
    Eintauchen in die Atmosphäre, das bedeutete und bedeutet jedesmal wieder die bange Frage: Hat der
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